Gebäudeautomation: Energieverbrauch vernachlässigbar?
Der Eigenenergieverbrauch (EEV) von Systemen der Gebäudeautomation (GA) ist keinesfalls vernachlässigbar klein, wie bisher oft angenommen. Jedoch fehlten bislang konkrete Zahlen.
Nach einer Studie im Auftrag des Bundesamtes für Energie (BFE) der Schweiz liegt der spezifische Eigenenergieverbrauch von Systemen zur Raumautomation, ohne primärseitige Gebäudeautomation, bei etwa 2 bis 5 kWh/(m2 ∙ a). Typische Komponenten mit teils auffällig hohem Stromverbrauch sind Netz- und Vorschaltgeräte, Ventil- und Klappenantriebe, Bussysteme für Beleuchtungen, aber auch Automationsstationen, I/O-Module, Relais und Sensoren.
Energieverbrauch für Home-Automation zwischen 6 und 12%
Die schweizerische Untersuchung „Eigenenergieverbrauch der Gebäudeautomation“ (EEV-GA) ist zu folgendem Ergebnis gekommen: Die Einschätzung, man könne den Eigenenergieverbrauch von Raum- und Gebäudeautomationssystemen vernachlässigen, ist falsch. Im Normalfall liegt dieser Eigenenergiebedarf im Vergleich zum nach Merkblatt SIA 2024 „Standard-Nutzungsbedingungen für die Energie- und Gebäudetechnik“ quantifizierten Energieverbrauch für Heizungs-, Lüftungs-, Klimatisierungs- und Beleuchtungssysteme zwischen 6 und 12 %.
In Gebäuden, die dem in der Schweiz populären Niedrigstenergiestandard Minergie-P entsprechen (Anforderungswert 25 kWh/(m2 ∙ a) für Gebäudekategorie „Verwaltung“, ohne Beleuchtung, mit Trinkwassererwärmung, mit 2-facher Gewichtung der Elektrizität), kann der Eigenenergieverbrauch sogar bei 16 bis 36 % des Anforderungswerts liegen, so die Untersuchung.
Fokus auf Regelung und Überwachung von Anlagen
Zunächst trugen die Wissenschaftler vorhandenes Wissen zu diesem Thema zusammen und entwickelten eine Methodik zur Abschätzung bzw. Messung des Eigenenergiebedarfs von Gebäudeautomationssystemen. Der Fokus lag dabei auf GA-Funktionen zur Steuerung, Regelung und Überwachung von Anlagen der Heizung, Lüftung, Kühlung, Beleuchtung und Beschattung. Funktionen im Bereich Sicherheit, Trinkwassererwärmung und Multimedia waren nicht Teil des Projekts.
Untersucht wurden fünf reale, neuere, hochautomatisierte Bürogebäude mit komplett neuen Gebäudeautomationssystemen sowie ein Schulhaustrakt ohne mechanische Kühlung. In gleicher Weise wurden auch Analysen an einem fiktiven Gebäude durchgeführt.
Komponenten mit hohem Stand-by-Verbrauch oder geringem Wirkungsgrad
Die Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, dass durch den Einbau von Komponenten mit hohem Stand-by-Stromverbrauch und geringem Wirkungsgrad der Eigenenergieverbrauch von GA-Systemen unnötig hoch wird. Dies kann den energetischen Nutzen der Regelungs- und Steuerungsfunktionen beträchtlich reduzieren. Gebäudeautomation-Planer müssen deshalb zukünftig den Aspekt Eigenenergieverbrauch verstärkt beachten, um den energetischen Nutzen der GA-Funktionalität voll zur Entfaltung zu bringen.
Gerade bei Niedrigenergiebauten kann der prozentuale Anteil des Eigenenergieverbrauchs der GA am Energieverbrauch der gesamten Gebäudetechnik ansonsten hohe Werte annehmen. Gleiches gilt für eine gewerkeweise Betrachtung: Beispielsweise zeigen Bus-geführte LED-Beleuchtungen typischerweise einen hohen GA-Eigenverbrauch im Vergleich zum jährlichen Stromverbrauch des gesamten Beleuchtungssystems. Der Grund dafür ist insbesondere die Stand-by-Leistungsaufnahme der elektronischen Vorschaltgeräte (EVG).
Die Schlussfolgerung aus den Ergebnissen der schweizerischen Wissenschaftler lautet: Der Eigenstromverbrauch von Gebäudeautomationssystemen ist nicht vernachlässigbar, wenn man glaubhaft Energieeinspartechnik verkaufen will.
Der ausführliche Artikel von Wolfgang Schmid ist zuerst erschienen in TGA Fachplaner/11-2016, bearbeitet von der haustec.de-Redaktion. Wolfgang Schmid ist freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung in München.