Solarwirtschaft: EEG-Novelle verstößt gegen Europarecht
Die Solarbranche kritisiert, dass Betreiber von Solarstromanlagen durch das deutsche Energierecht zunehmend diskriminiert werden. Dies gelte insbesondere für sogenannte „Prosumer“. Das sind private Verbraucher und Unternehmen, die ihren Solarstrom anteilig selbst verbrauchen und nicht vollständig ins öffentliche Stromnetz einspeisen.
Mit dem jüngst vorgelegten Gesetzesentwurf zum Erneuerbare-Energien-Gesetz 2021 (EEG 2021) drohe sich die Situation noch zu verschärfen. Die Bundesregierung verstoße damit gleich mehrfach gegen europäisches Recht, das bereits im kommenden Jahr in deutsches Recht umgesetzt werden müsse. Dies geht aus einem Rechtsgutachten einer auf Energierecht spezialisierten Berliner Anwaltskanzlei hervor.
Anreize sind wichtig für das Erreichen der Klimaziele
Der Bundesverband Solarwirtschaft warnt vor einem Markteinbruch bei der Errichtung neuer Photovoltaik-Dächer und der vorzeitigen Außerbetriebnahme zehntausender Solarstromanlagen. Ohne einen wirksamen Anreiz zur Eigenversorgung mit klimafreundlichem Solarstrom seien weder die Klimaziele noch die Ausbauziele der Bundesregierung für Erneuerbare Energien erreichbar. Neben dem BSW Solar fordern auch andere namhafte Verbände wie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und der Verband der mittelständischen Wirtschaft Nachbesserungen am Gesetzesentwurf.
Ein großer Teil der heute installierten Solarstromanlagen wird mit der Intention gebaut, den eigenerzeugten Solarstrom selbst zu nutzen und somit unmittelbar an der Energiewende zu partizipieren. Unternehmern und Verbrauchern sollten dabei keine Steine in den Weg gelegt werden, so die übereinstimmende Forderung vieler Verbände.
Juristen: Gesetzesentwurf ist europarechtswidrig
Nach Auffassung der Juristen ist der Gesetzesentwurf gleich in mehrfacher Hinsicht europarechtswidrig: Die Pläne der Bundesregierung, künftig selbst genutzten Solarstrom weiterhin mit der EEG-Umlage zu belegen und diese Regelung nach 20 Jahren Betriebsdauer sogar noch zu verschärfen, verstoßen gegen die Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen.
„Nach der Erneuerbare-Energien-Richtlinie ist der anteilige Selbstverbrauch von Solarstrom durch die Mitgliedstaaten zu unterstützen und nicht zu verhindern. Das im EEG-Entwurf vorgesehene Eigenversorgungsverbot steht dazu in krassem Widerspruch, und Abgaben oder Umlagen auf den Selbstverbrauch sind auch nur noch in engen Ausnahmen zulässig. Die derzeit vorgesehenen Belastungen erfüllen aber keine der durch die EU vorgegebenen Voraussetzungen,“ erklärt Dr. Florian Valentin von der Kanzlei von Bredow Valentin Herz. Die Befreiung von der in den letzten Jahren als „Sonnensteuer“ kritisierten EEG-Umlage würde Solaranlagenbetreiber auf Eigenheimen und im Kleingewerbe deutlich entlasten.
Weg mit der "Sonnensteuer"
Nach den Plänen des Gesetzgebers müssen Solaranlagenbetreiber bereits bei über 10 Megawattstunden solaren Selbstverbrauchs und einer Leistung der Solarstromanlage von über 20 kWp eine anteilige EEG-Umlage entrichten. Nach 20 Jahren Betriebsdauer soll die Umlage in Höhe von derzeit knapp 3 Cent sogar bereits für jede selbst verbrauchte Kilowattstunde Solarstrom fällig werden.
„Die ‚Sonnensteuer´ muss endlich fallen", sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft. "Sie zählt neben vollkommen überzogenen Messanforderungen zu den größten Hürden für den Weiterbetrieb von einigen hunderttausend Solarstromanlagen, die nach 20 Jahren aus der Solarförderung fallen. Sie behindert die Nachrüstung alter Solarstromanlagen mit Batteriespeichern, E-Tankstellen und Wärmepumpen sowie die Errichtung neuer Solarstromanlagen.“
Auch der von der Bundesregierung geplante Ausschluss solaren Eigenverbrauchs im Zusammenhang mit der vorgesehenen Einführung eines Ausschreibungssystems für Gebäude-PV sei nicht europarechtskonform. Nach dem Europarecht II müsse solaren Eigenversorgern vielmehr ein diskriminierungsfreier Zugang zu bestehenden Förderregelungen gewährt werden. Der geplante Systemwechsel hin zu Ausschreibungen bei der Vergabe von Marktprämien würde das Klimaschutzengagement von mittelständischen Unternehmen behindern und wird von ihren Verbänden scharf kritisiert.
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