RM Solar: Von der Ein-Mann-Firma zur Erfolgsgeschichte
Ein dreigeschossiger Kubus, schwarz glänzende Fassade, die sich bei näherem Hinsehen als Kraftwerk entpuppt: Weit mehr als die Hälfte der Fassade ist mit Solarmodulen bedeckt. Schnell wird klar: Hier ist ein Überzeugungstäter am Werk.
„RM Solar“ steht unübersehbar am Gebäude, RM für Firmengründer Roland Müller. Für ihn ist der erste Eindruck sehr wichtig: „Wenn die Kunden zu uns kommen, sollen sie merken: RM Solar meint es ernst.“
Vor zwei Jahren ließ Roland Müller das neue Gebäude in Konstanz bauen, wenige Meter vom Ufer des Bodensees entfernt. „Das Haus ist schon wieder zu klein“, stellt er lapidar fest – nicht ohne Stolz in der Stimme. Wer die Entwicklung der Solarenergie in Deutschland verfolgt hat, weiß: Für Solarteure waren die vergangenen Jahrzehnte keineswegs durchgehend rosig. „Nach schwieriger Anfangszeit kam der erste Schwung mit der Einführung des EEG“, erinnert sich Roland Müller. „Plötzlich hatten die potenziellen Kunden eine solide und attraktive Kalkulationsbasis. Mehr als 50 Cent pro eingespeister Kilowattstunde, zum Teil sogar deutlich drüber – auf 20 Jahre sicher.“
Ein Werkzeugmacher sattelt um
Wenige Jahre zuvor hatte sich der gelernte Werkzeugmacher und staatlich geprüfte Maschinenbautechniker für einen neuen Beruf entschieden: selbstständiger Solarteur. „Ich war vorher viel im Außendienst unterwegs und habe vorwiegend bei den großen Autobauern in Deutschland die Anwender von Spritzgusswerkzeugen betreut.“
Irgendwann wurde der Maschinenbau dem bodenständigen Schwarzwälder zu eng. Er verfolgte eigene Ideen, eigene Verantwortung und, wie er sagt: „Freiheit, Sonne und Licht“.
Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz im Jahr 2000 war das Geschäft längst kein Selbstläufer. „Der Markt begann sich zwar zu öffnen. Privatleute, Landwirte und öffentliche Institutionen gehörten zu den Ersten, die sich Photovoltaik aufs Dach setzen ließen“, erzählt der Solarteur. „Aber die Vorfinanzierung war schwierig, weil die Banken übervorsichtig waren und für Solaranlagen in den Anfängen kein Geld gaben.“
Also hangelte er sich von Auftrag zu Auftrag, vereinbarte mit Lieferanten und Kunden über Zahlungskonditionen, deren Zeitplan eng ineinandergriff: Der Auftraggeber bezahlte einen Abschlag. Müller konnte damit seinen Lieferanten bezahlen und bekam nach Abschluss des Projekts den Restbetrag überwiesen. „Bis etwa 2007 reichte das gerade zum Überleben“, schätzt er rückblickend ein. „Ich blieb ein Ein-Mann-Betrieb.“
Dann kam die Finanzkrise: Die Modulpreise sanken, die Zinsen stürzten ab, und die Einspeisevergütung war mit knapp unter 50 Cent noch immer attraktiv. So wurde 2007 ein Schlüsseljahr für den Betrieb.
Unter den Landwirten sprach sich herum, dass sich Photovoltaik auf den großen Dächern von Scheunen und Stallungen lohnt. Das Geschäft zog an. Die ersten Anlagen mit 100 Kilowatt und mehr kamen, manche sogar bis 300 Kilowatt.
Roland Müller fand Elektriker, die vorher in der Industrie beschäftigt und jetzt froh waren, für ihn arbeiten zu können. „Das waren überwiegend richtig gute Leute, die sich schnell in ihr neues Aufgabengebiet eingearbeitet haben.“
Kooperation mit anderen Gewerken
Die Zeit war reif, den Vertrieb auszuweiten. Bislang hatte Roland Müller die Verkaufsgespräche und Kundenkontakte allein gestemmt. Jetzt stellte er einen zweiten Mann ein, der zuvor Wechselrichter vertrieben hatte. „Der war schon im Thema drin. Er kannte die Rahmenbedingungen und die Argumente, die für Photovoltaik sprachen.“
Anstatt seinen Betrieb zu vergrößern, suchte sich der Solarteur zuverlässige Kooperationspartner aus anderen Gewerken: Elektroinstallateure, Zimmerleute, Dachdecker und andere Bauhandwerker. Er präsentierte sich auf allen einschlägigen Messen in der Region. „Damals hab ich die Einsatzbereitschaft und das Durchhaltevermögen eines entschlossenen Unternehmers gebraucht.“
Aber der Einsatz lohnte sich. Allmählich kamen neue Kundenkontakte, und mit ihnen neue Aufträge und Projekte. „Das waren praktisch ausschließlich Anlagen zur Volleinspeisung“, sagt er heute. „Ich habe sie damals überwiegend mit Wechselrichtern von Kostal, Kaco und SMA realisiert. Die Module kamen von verschiedenen Herstellern, zum Teil auch aus China.“
Geschäftsmodelle modifiziert
In jener Zeit eröffnete sich die Chance, das Geschäftsmodell zu modifizieren. Roland Müller begann, Dächer von Landwirten oder Industriebetrieben anzumieten – meist gegen zwei Prozent der Einspeisevergütung, die immer zwischen 35 und 40 Cent lag.
Wenn ein Kunde nur einen Teil seines Daches mit Solarmodulen bedecken wollte, weil ihm die Investition sonst zu groß gewesen wäre, mietete Roland Müller den freien Teil, um dort weiterzubauen. „Manchmal kam ich an einen Landwirt, der Geld brauchte, weil er zum Beispiel einen Miterben auszahlen sollte“, nennt er ein anderes Beispiel. „Also bin ich ins Risiko gegangen, habe ihm vorab ein paar Zehntausend Euro überwiesen, die wir dann im Lauf der Jahre mit seinem Anteil an der Einspeisung verrechnet haben – oder noch verrechnen.“ Bis heute habe er auf dieser Basis mehr als ein Dutzend Anlagen gebaut. Aber noch immer sei das Geschäft ein Kampf von Jahr zu Jahr gewesen, erinnert er sich.
Neue Hürden und Verordnungen
Dann wurde die Einspeisevergütung massiv abgesenkt, ebenso gingen die Zinsen in den Keller. Solarmodule wurden billiger, die Energiepreise stiegen. Eigenverbrauch wurde zunehmend interessant. Allerdings wieherte der Amtsschimmel: Immer neue Hürden und Verordnungen erschwerten neue Geschäftsmodelle.
Unter anderem musste selbst verbrauchter Strom versteuert werden. Und Speicher, ohne die eine attraktive Eigenverbrauchsquote kaum machbar ist, waren teuer und unzuverlässig. „Das war so zwischen 2014 und 2017. Damals haben wir viel Lehrgeld bezahlt und uns viel Ärger ins Haus geholt. Bis heute haben wir mit Speichern deutlich mehr Aufwand als mit allen anderen Komponenten. Dafür haben wir extra eine eigene Serviceabteilung gegründet.“
Das Geschäft schwächelte und wieder waren Durchhaltevermögen und Hartnäckigkeit gefragt. Bis zum Jahr 2020. „Während Corona hatten die Hausbesitzer Zeit, sich um ihre Gebäude zu kümmern“, sagt er. „Als dann der Ukrainekrieg kam, mit hohen Energiepreisen und großer Unsicherheit, zogen die Geschäfte stark an.“
Ende 2022 wurde der neue Firmensitz bezogen. RM Solar beschäftigt rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Jeweils ein gutes Dutzend sind in der Montage auf dem Dach und am Netzanschluss tätig, ebenso viele im Vertrieb und der Verwaltung. Das Team realisiert zwischen 40 und 50 Projekte im Monat, davon rund drei Viertel Kleinanlagen für private Kunden – mit Batteriespeichern, Wallboxen fürs E-Mobil, Wärmepumpen und E-Heizstäben für Warmwasser.
Auch Apps zur Steuerung der Energieflüsse bis hin zur Nutzung dynamischer Strompreistarife sind inzwischen üblich. „Etwa 90 Prozent unserer Projekte betreffen Sanierungen im Bestand.“ Die übrigen Projekte finden in der Mittelspannung statt, meist bis 500 Kilowatt auf Industriehallen oder als Projekte für Anleger. „In diesem Bereich ließe sich deutlich mehr machen“, urteilt Müller.
Aber Trafos und Netzanschluss sind Kostentreiber, die solche Projekte manchmal schwierig machen. Noch 2024 will Roland Müller eine Gesellschaft gründen, die größere Projekte für Investoren realisieren soll – schlüsselfertige Installationen auf Industriegebäuden und Freiflächen.
Aber auch Dachsanierungen oder Schulen hat der rührige Unternehmer im Blick. „Viele dieser Gebäude eignen sich auch für Fassadenanlagen“, beschreibt er seine Strategie. „Dafür haben wir inzwischen gute Erfahrungen mit unserem eigenen Firmengebäude.“
Bei Anlagen bis 20 Kilowatt installieren seine Teams fast ausschließlich Hybridwechselrichter. Faktisch wird keine Anlage mehr ohne Speicher betrieben. Zudem schwört er auf Leistungsoptimierer von Solaredge.
An seiner Solarfassade habe sich gezeigt, dass sie wesentlich bessere Erträge bringen. „Wir haben Module an allen Seiten des Gebäudes angebracht“, erläutert er. „Logischerweise ist immer irgendwo Verschattung gegeben, die sich mit dem Sonnenstand verändert. Ohne Stringoptimierer ist der Ertrag einfach deutlich geringer.“
Generell arbeitet der Solarteur mit fast allen Herstellern – von Fenecon, E3DC, Neoom und SMA über Solaredge und Fronius bis zu Kostal, BYD und Sonnen. „Ideal ist es, wenn Speicher und Wechselrichter vom selben Hersteller kommen. Das ist unser Ziel.“
Module bezieht er vorwiegend von in Deutschland niedergelassenen Lieferanten. „Unsere Fassadenmodule stammen von Solarwatt, weil sie die bauaufsichtliche Zulassung haben.“ Für die Steuerung der Anlage setzt er auf FEMS, das Energiemanagementsystem von Fenecon. Und er lobt die Software des österreichischen Anbieters Neoom. „Die programmieren die Systeme und Produkte vieler Hersteller, das machen sie gut.“
Mieterstrom wird einfacher
Gut findet er auch, „dass Mieterstrommodelle einfacher werden. Das gibt mit Sicherheit einen Schub im Geschosswohnungsbau.“ Roland Müller arbeitet bereits mit einigen Wohnbaugesellschaften in der Region zusammen. Eine Genossenschaft plant mehrere Projekte mit insgesamt rund einem Megawatt. „Durch die neue gesetzliche Regelung aus dem Solarpaket ist da jetzt Musik drin.“
Sein eigenes Solarkraftwerk am Firmengebäude leistet 99 Kilowatt. Der Speicher von Fenecon hat eine Kapazität von zurzeit 90 Kilowattstunden mit 30 Kilowatt Ladeleistung.
Müllers Plan für die nächsten Jahre: „Wir wollen unseren Umsatz jedes Jahr verdoppeln“, meint er selbstbewusst. „Das haben wir die letzten drei Jahre geschafft, und das ist unser Ziel auch für die kommenden Jahre.“