Notfallprogramm: 21 Punkte, wie sofort Öl und Gas gespart werden kann
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat ein Notfallprogramm mit 21 Maßnahmen zur Reduktion des Öl- und Gasverbrauchs vorgelegt. Die Maßnahmen sind sofort umsetzbar und entfalten ihre Wirkung bereits in den folgenden beiden Wintern. Das Notfallprogramm umfasst Maßnahmen in den Sektoren Gebäude, Verkehr, Energie und Industrie.
Das DUH Notfallprogramm
Gebäude
1. Solaranlagen sofort auf alle öffentlichen Dächer: Nur ein marginaler Teil der riesigen Flächen wird bislang dafür genutzt. Bundes- und Landesregierungen müssen dies sofort ändern und so schnell wie möglich Sonderkredite für Kommunen bereitstellen, damit diese die Dächer ihrer Gebäude ebenfalls mit Solaranlagen ausstatten können. Dabei sollten sie schon jetzt die Zusage erhalten, auch vorzeitig mit den Maßnahmen beginnen zu können, damit keine Zeit verloren geht.
2. 70-Prozent-Einspeisegrenze für kleine PV-Anlagen aufheben: Während die Begrenzung der Einspeiseleistung von kleinen PV-Anlagen bei Neubauten ab dem 1.1.2023 aufgehoben wird, besteht sie im Bestand fort. Damit bleiben wichtige und sofort verfügbare Erzeugungskapazitäten ungenutzt. Auch für den Bestand muss die Begrenzung der Einspeiseleistung unverzüglich aufgehoben werden.
3. Unnötige Hürden für PV-Ausbau abschaffen: Die in den Landesbauordnungen der Bundesländer festgelegten Abstandsregelungen (meist 1,25 Meter) behindern die volle Belegung von Dachflächen mit PV-Modulen – insbesondere bei Reihenhäusern und Doppelhaushälften. Das Bundesbauministerium sollte hier unverzüglich nachsteuern.
4. Keine weitere Aufschiebung der GEG-Revision: Um den Markthochlauf erneuerbarer Wärmetechnologien sicherzustellen und Sanierungsaktivitäten im gesamten Gebäudebestand anzukurbeln, muss noch in diesem Jahr die 65-Prozent-EE-Vorgabe für neue Heizungen und das Instrument der Mindesteffizienzstandards für den Gebäudebestand rechtsicher im Gebäudeenergiegesetz (GEG) verankert werden.
5. Verbot für Einbau fossiler Heizungen im Neubau und Wärmepumpen-Booster für den Bestand: Heizungstausch an Effizienzmaßnahmen koppeln, das heißt 20 Prozent zusätzlicher Förderbonus für Einzelmaßnahmen am Gebäude. 5 Prozent Bonus für Wärmepumpen mit natürlichen Kältemitteln.
6. Sofort-Start Sanierungswelle: Angefangen bei Schulen und Kindergärten muss sofort eine bundesweite Sanierungswelle in öffentlichen Gebäuden starten. Außerdem muss die Bundesregierung garantierte Mittel in den Gebäudesanierungsprogrammen bis 2025 festlegen: Die Förderung im Klima- und Transformationsfonds muss auf mindestens 25 Milliarden Euro pro Jahr erhöht werden.
7. Individuelle Sanierungsfahrpläne: Die Bundesregierung muss noch 2022 eine Million Sanierungsfahrpläne an Hausbesitzerinnen und -besitzer verschenken.
8. Energieberatungs-Gutscheine für Verbraucherinnen und Verbraucher: Jeder Haushalt muss einen Energieberatungs-Gutschein von der Bundesregierung mit Fokus Heizungsoptimierung bekommen.
9. Ausweitung der Pflicht für Heizungsoptimierung: Kurzfristige Einsparmöglichkeiten wie verbesserte Effizienzeinstellungen von Heizungen und der hydraulische Abgleich sollten für alle Bestandsgebäude in den kommenden beiden Heizperioden verpflichtend durchgeführt werden.
10. Wärmeverluste effektiv verhindern: Pflichten zum Nachrüsten der Gebäudedämmung flächendeckend umsetzen – Ausnahmen im GEG ersatzlos streichen.
11. Energiewende im urbanen Raum: Die Bundesregierung muss Privatpersonen in Mietwohnungen ermöglichen, auch ohne Genehmigung des Vermieters/der Hauseigentümergemeinschaft Solarmodule auf dem Balkon anbringen zu können.
12. Vereinfachung der Regeln für Stecker-PV-Anlagen: Kleine PV-Anlagen, die auf dem Balkon oder im Garten installiert werden, können schnell und einfach einen Teil der Energieversorgung von Haushalten übernehmen. Die Hürden sind dafür heute jedoch unnötig hoch. Die Pflicht für die Installation einer Einspeisesteckdose sowie zur Installation eines Zweirichtungszählers durch den Netzbetreiber muss unverzüglich entfallen.
Verkehr
13. Tempolimit: Einführung eines Tempolimits von 100 km/h auf Autobahnen, 80 km/h außerorts und 30 km/h in der Stadt: Ohne Kosten sofort richtig umgesetzt, kann das Tempolimit pro Jahr 3,7 Milliarden Liter Benzin und Diesel einsparen.
14. Keine Absetzbarkeit von Luxus-Dienstwagen: Einführung einer Obergrenze für die Absetzbarkeit von Dienstwagen von 30.000 Euro bezogen auf den Kaufpreis und Begrenzung auf Fahrzeuge, die im realen Fahrbetrieb den EU-Flottengrenzwert von 95 g CO2/km einhalten.
15. Sofortige Abschaffung des Dienstwagenprivilegs: Abschaffung der prozentualen Selbstnutzungs-Pauschale im Dienstwagen-Privileg. Die pauschale Besteuerung der privaten Nutzung von Dienstwagen mit nur 1 Prozent des Listenpreises bei Verbrennern und 0,5 Prozent bei Plug-In-Hybriden verführt Angestellte zur Entscheidung für spritdurstige und klimaschädliche Modelle und behindert die Verkehrswende.
16. Streichung der steuerlichen Vergünstigungen für Diesel: Jedes Jahr werden in Deutschland etwa 20 Milliarden Liter Diesel für Pkw und Kombis verbraucht. Der Steuersatz für Diesel liegt dabei gut 18 Cent unter dem Steuersatz für Benzin. Dadurch wird Pkw mit Dieselmotoren ein erheblicher Vorteil verschafft und gleichzeitig werden ökonomische Anreize zum Kraftstoffsparen gemindert. Insgesamt kostet das Dieselprivileg die Steuerzahlenden jährlich gut 8 Milliarden Euro.
17. Keine Geldgeschenke mehr für Plug-In-Hybride: Plug-In-Hybride stoßen in Realität ein Vielfaches des in der Zulassungsbescheinigung ausgewiesenen CO2-Wertes aus. Aus diesem Grund muss die finanzielle Förderung für den Kauf von klimaschädlichen Plug-In Hybrid SUV sofort gestoppt werden.
18. Einführung 365-Euro-Klimaticket: sofortige Einführung eines bundesweit gültigen Klimatickets für den Nahverkehr für einen Euro pro Tag, also 365 Euro pro Jahr. Bahn, Bus und Straßenbahn müssen dauerhaft bezahlbar werden, um den Umstieg attraktiv zu machen. Das entlastet die Verbraucherinnen und Verbraucher, die durch Krisen-Inflation immer mehr belastet werden.
19. Verbot von Inlandsflügen: Verbot von innerdeutschen Kurzstreckenflügen.
Wirtschaft
20. Genehmigungs-Booster für Photovoltaik- und Windkraft-Anlagen: Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sind bis zu 10 Gigawatt Photovoltaik und 5 Gigawatt Windkraft auf dem Land sofort möglich; diese Potentiale müssen genutzt werden. Beim Neubau muss auf das extrem klimaschädliche Gas SF6 in Schaltanlagen verzichtet werden.
21. Notfallprogramm Ammoniak-Produktion: Laut DIW ist die Reduktion der deutschen Ammoniak-Produktion die größte Gas-Einsparmaßnahme in der Industrie. Ammoniak für die Düngemittelherstellung könnte importiert werden.
Das Notfallprogramm zum Download:
Das sagen die DUH-Bundesgeschäftsführer
Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH: „Der hohe Energieverbrauch wird viele Haushalte im Winter mit der Heizkostenabrechnung mit großer Gewalt treffen. Eine dauerhafte Entlastung wird es nur geben, wenn endlich konsequent auf Energieeinsparung gesetzt wird. Im Gebäudebereich bedeutet dies, dass wir statt einer Kürzung der Mittel für die Gebäudesanierung ein Sofortprogramm für Effizienzmaßnahmen und Wärmepumpen brauchen. Zudem muss jeder Haushalt noch vor dem Winter einen Gutschein für die Heizungsoptimierung bekommen, damit es keine unnötige Energieverschwendung mehr gibt.“
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Statt die energiepolitischen Fehler der Vergangenheit zu wiederholen, müssen wir unnötige Hürden für Erneuerbare beseitigen. Auf jedes Dach gehört eine Solaranlage. Die öffentliche Hand muss hier vorangehen. Bund und Länder müssen Sonderkredite vergeben, damit Kommunen ihre öffentlichen Gebäude mit Solaranlagen ausstatten können. Insbesondere für Reihenhäuser und Doppelhaushälften müssen zudem hinderliche Abstandsregelungen in den Landesbauordnungen beseitigt werden. Nur dann kann das ganze Dach genutzt werden. Wir können es uns nicht leisten, weiter wertvolle Flächen zu verschwenden und das Engagement der Bürgerinnen und Bürger auszubremsen.“
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Wir fahren weiter mit Vollgas in die Krise. Zu stoppen ist dies nur mit einem Tempolimit.Ein Tempolimit spart nicht nur erhebliche Mengen an Öl ein, sondern über den Energieverbrauch der Raffinerien auch fossiles Gas. Wir können uns Fehlanreize für Luxusautos und fossile Kraftstoffe nicht leisten. Deshalb muss das Dieselprivileg sofort beendet werden und es darf kein öffentliches Geld mehr genutzt werden, um den Kauf von Luxus-Dienstwagen und Klimakiller-Plug-In-SUV zu unterstützen.“