Ladepunkte in Gebäuden nach GEIG: So können Planer Folgekosten vermeiden
Der Bundesnetzagentur sind Stand Mai 2022 bundesweit rund 60.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte gemeldet [1]. Anfang 2021 waren jedoch bereits mehr als zehnmal so viele reine Elektroautos (BEV, rund 618.000) in Deutschland unterwegs, etwa die Hälfte davon wurden im Jahr 2021 zugelassen [2]. Um dem steigenden Bedarf an einer ausreichenden Ladeinfrastruktur gerecht zu werden, hat der Bundestag das sogenannte Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) [3] beschlossen. Es soll den Ausbau gebäudeintegrierter Lademöglichkeiten bundesweit einheitlich fördern.
Das Gesetz gilt sowohl für Neubauten als auch für Renovierungen von Wohngebäuden (auch Wohn-, Alten-, und Pflegeheime) sowie Nichtwohngebäuden (z. B. Hotels, Sportbauten, Universitäten, Bürogebäude) mit Tiefgaragen oder Parkplätzen auf dem Grundstück.
Je nach Gebäudetyp müssen für eine bestimmte Anzahl der Pkw-Stellplätze Ladeanschlüsse geschaffen bzw. deren spätere Nachrüstung ermöglicht werden. Dazu gehört nicht nur, Platz für elektrische Betriebsräume mit Verteilern, Umspann-, Schalt- und Lademanagementsystemen oder Transformatoren vorzuhalten. Auch Trassen und Leerrohre müssen eingeplant werden, damit sich die Kabel- und Leitungsanlagen im Bedarfsfall ohne großen Aufwand nachträglich installieren lassen.
Das GEIG ist am 25. März 2021 ohne Übergangsfrist in Kraft getreten 1). Vom Geltungsbereich ausgenommen sind zum einen kleinere und mittlere Unternehmen (KMU), die ihre Gebäude größtenteils selbst nutzen. Nicht inbegriffen sind auch Renovierungen, bei denen die Kosten für die Installation von Lademöglichkeiten 7 % des Gesamtbudgets übersteigen. Keine Ausnahme besteht, wenn der Energieversorger nicht genügend Anschlussleistung zur Verfügung stellen kann. Auch in diesem Fall muss nachgerüstet werden. Bei Nichterfüllung drohen Bußgelder in Höhe von bis zu 10.000 Euro.
1)
Die Vorschriften des GEIG sind nicht anzuwenden auf Vorhaben, für welche die Bauantragstellung oder der Antrag auf bauaufsichtliche Zustimmung oder die Bauanzeige vor dem Inkrafttreten des Gesetzes am 25. März 2021 erfolgt ist. Das gilt für nicht genehmigungsbedürftige Vorhaben entsprechend. Für Vorhaben, die nach Maßgabe des Bauordnungsrechts der zuständigen Behörde zur Kenntnis zu geben sind, ist auf den Zeitpunkt des Eingangs der Kenntnisgabe bei der zuständigen Behörde abzustellen. Für sonstige nicht genehmigungsbedürftige, insbesondere genehmigungs-, anzeige- und verfahrensfreie Vorhaben ist auf den Zeitpunkt des Beginns der Bauausführung abzustellen.
Kostenintensive Mängelbeseitigung
Greift das GEIG und wurden beim Bau eines Gebäudes weder die Leitungsinfrastruktur vorgerüstet noch gegebenenfalls betriebsbereite Ladepunkte geschaffen, haben Käufer das Recht auf eine nachträgliche Installation. Entstandene Kosten für die Beseitigung etwaiger Mängel können diese im Rahmen der Gewährleistungspflicht in Rechnung stellen, sofern z. B. der Bauträger nicht seiner Pflicht nachkommt und das GEIG umsetzt.
Nachdem das Gebäude abgenommen wurde, ist dieser in der Regel noch bis zu fünf Jahre in der Verantwortung. Konkret bedeutet das: Für ein Gebäude, das 2020 geplant wurde und zwei Jahre später die Baugenehmigung erhielt, können z. B. Wohnungskäufer, je nach Bauzeit, noch bis 2029 die nachträgliche Installation verlangen.
Das erweist sich meist dann als unnötig aufwendig, wenn in den vorhandenen Schaltschränken oder Verteilungen nicht genügend Platz besteht oder die Hauptleitungen zu klein dimensioniert wurden. Fehlen elektrische Betriebsräume, bleibt bei der Erschließung von Ersatzflächen oft als einzige Option, Parkplätze umzuwidmen. Sie stehen nicht mehr als Stellfläche zur Verfügung, was zusätzlichen Abstimmungsbedarf mit dem Bauamt und gegebenenfalls Anpassungen der Brandschutzmaßnahmen erfordert. Nicht selten müssen bereits asphaltierte oder gepflasterte Parkflächen aufgebaggert werden.
Kosten für Nachbesserungen bei Immobilien verzehnfachen sich erfahrungsgemäß innerhalb des Lebenszyklus von Phase zu Phase. Ein Beispiel: Bei der Dimensionierung der Stellfläche wurde für Elektrofahrzeuge an der Stirnseite zu wenig Platz für eine Ladesäule eingeplant. Bei der Vergrößerung des bereits genutzten Stellplatzes musste vorübergehend Parkfläche hinzugemietet werden und ein kleinerer Umbau erfolgen. Insgesamt fielen 5.000 Euro Kosten an. Während der Planungsphase wären diese noch 500 Euro gewesen, in der Projektentwicklung nur 50 Euro und bei der Konzeptdefinition gerade einmal 5 Euro.
Vorsorge statt Nachsorge
Deshalb sollte idealerweise bereits in der Planungsphase analysiert werden, welche Anforderungen an die Ladeinfrastruktur bestehen und wie sich diese am besten umsetzen lassen. So ist es sinnvoll, Technikräume in der Nähe der Stellplatzfläche für Nachrüstungen vorzuhalten und die zugehörige Infrastruktur einzuplanen.
Bei Renovierungen darf zudem eine umfassende Bestandsaufnahme nicht fehlen: Reicht etwa die gegebene Hausanschlussleistung, um die vorgesehenen Ladepunkte zu versorgen? Pro Ladepunkt sollten durchschnittlich zwischen 3,7 und 11 kW zur Verfügung gestellt werden. Je nach Hausanschlussleistung ist dies bei mehreren Ladepunkten selten bis gar nicht realisierbar. Im besten Fall lässt sich nur eine geringe Anzahl an Stellflächen mit einer Lademöglichkeit ausrüsten. Projektierer sollten frühzeitig mit dem kommunalen Energieversorger abstimmen, ob dieser die gewünschte Leistung bereitstellen kann.
Bedacht werden muss darüber hinaus, dass Spitzenleistungen auftreten können, die zu einer Anschlussüberlastung führen. Beispielsweise, wenn energieintensive Verbraucher wie Elektroherde oder der Geschirrspüler in den frühen Abendstunden in Betrieb sind und die Bewohner gleichzeitig ihre Elektroautos laden.
Im Zweifel hilft die Installation eines Lademanagementsystems, das die Stromaufnahme begrenzt und die verfügbare Leistung gleichmäßig auf alle ladenden Fahrzeuge verteilt. Damit niemand benachteiligt wird, dürfen dabei die individuelle Batteriekapazität oder die maximale Ladestromaufnahme eines Elektrofahrzeugs keine Rolle spielen.
Ob dies technisch umsetzbar ist und welches Konzept dafür infrage kommt, sollte schriftlich und allgemeinverständlich in der Baubeschreibung festgehalten werden. Schließlich muss geprüft werden, ob das Lademanagementsystem sowohl mit den Wallboxen bzw. Ladepunkten als auch den Messeinrichtungen kommunizieren kann. Wenn das nicht gelingt, ist gegebenenfalls die Überarbeitung oder der Austausch der Schnittstellen nötig.
Mehrfamilienhaus mit 16 Wohnungen
Das Beispielgebäude mit fünf Parkplätzen auf dem Grundstück und 20 Stellplätzen in der Tiefgarage wurde im Jahr 2022 neu errichtet. Da die Bewohner vermehrt Lademöglichkeiten anfragten, berief sich die Eigentümergemeinschaft auf die gesetzlich vorgeschriebene Pflicht des Bauträgers, die erforderliche Infrastruktur bereitzustellen. Das betraf zum einen die Kabeltrassen in der Tiefgarage, die sich problemlos montieren ließen. Zum anderen erforderte es Leerrohre im Außenbereich, die unter bereits asphaltierte Parkplätze verlegt wurden. Dafür musste aufgebaggert werden, was hohe Kosten nach sich zog.
Besonders aufwendig waren darüber hinaus nachträgliche Abstimmungen mit dem Netzbetreiber und dem Energieversorger. Denn Verbraucher mit einer Leistung über 12 kVA (kW) sind informations- und zustimmungspflichtig. Netzbetreiber können die Ladeinfrastruktur bei kritischen Schwankungen vom Netz nehmen.
Zum anderen stellte der Energieversorger nur eine maximale Hausanschlussleistung von 250 kVA (kW) bereit. Gemäß DIN 18015-1:2020-05 [4] für die Planung von elektrischen Anlagen in Wohngebäuden ist allerdings schon eine Bemessungsscheinleistung von 125 kVA für die Hauptleitungen bei elektrischer Trinkwassererwärmung für Bade- oder Duschzwecke vorzusehen. Unter Annahme eines maximalen Gebäudegrundverbrauchs von 125 kVA bleibt – je nach Tageszeit – also nur noch die Hälfte der Hausanschlussleistung (125 kVA) zum Laden von Elektrofahrzeugen. Würden zugleich viele Ladesäulen genutzt, wäre die Folge eine „Spitzen-Spitzen-Leistung“ mit dem Risiko einer Anschlussüberlastung.
Gelöst wurde dies mit der Installation eines intelligenten Lademanagementsystems. Bei der Elektro- und Gebäudetechnik erforderte dies jedoch zusätzliche Fläche für Schaltschränke und einen Technikraum. Dafür erwarb der Bauträger einen ungenutzten Tiefgaragenstellplatz zurück, den dieser zuvor verkauft hatte. Die baulichen Maßnahmen umfassten unter anderem mehrere Wanddurchbrüche, da viele Leitungswege geändert und teils Brandschutzvorkehrungen für bestimmte Hochleistungskabel getroffen werden mussten. Nicht zuletzt wurden alle vorhandenen Unterlagen ergänzt und die technische Dokumentation aktualisiert, was weitere finanzielle Aufwendungen bedeutete.
GEIG ist eine Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie
Ziel des Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetzes (GEIG) ist es, die Voraussetzungen für den beschleunigten Ausbau der Leitungs- und Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität im Gebäudebereich zu schaffen. Ähnliche Gesetze gibt es in allen EU-Mitgliedstaaten. Denn das GEIG setzt im Wesentlichen Artikel 8 Absatz 2 bis 6 der Richtlinie (EU) 2018/844 vom 30. Mai 2018 zur Änderung der EU-Gebäuderichtlinie in nationales Recht um.
Diese Änderung der EU-Gebäuderichtlinie wird mit dem Hebel begründet, den Gebäude für die Entwicklung und den Aufbau der notwendigen Infrastrukturen für das intelligente Aufladen von Elektrofahrzeugen haben. Die Bereitstellung der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge auf Parkplätzen von Wohn- und Nichtwohngebäuden leiste einen wichtigen Beitrag, um die Nutzung von Elektrofahrzeugen zu fördern.
Die Begründung zum Entwurf des GEIG nennt für seine Vorgaben einen Erfüllungsaufwand von 38,7 Mio. Euro/a über alle Adressatengruppen hinweg. Unter diesem Punkt werden die Kosten erfasst, die dadurch entstehen, dass bei Neubau bzw. größerer Renovierung von Gebäuden mit mehr als zehn Stellplätzen in Wohngebäuden künftig jeder Stellplatz, in Nichtwohngebäuden jeder fünfte Stellplatz mit Schutzrohren für Elektro- und Datenleitungen auszustatten und ein Ladepunkt zu errichten ist. Ab 2025 veranschlagt die Begründung einmalige Umstellungskosten in Höhe von rund 739 Mio. Euro, ebenfalls über alle Adressatengruppen hinweg, für die Errichtung von jeweils einem Ladepunkt in allen Nichtwohngebäuden mit mehr als 20 Stellplätzen.
Fazit
Um hohe Folgekosten durch Umplanungen zu vermeiden, sollten TGA-Planer und Projektentwickler die Anforderungen an die Gebäude-Ladeinfrastruktur frühzeitig analysieren und zugehörige Ausbaukapazitäten vorhalten. Unabhängige Prüforganisationen wie TÜV SÜD unterstützen Planer, Bauherren, Investoren, Bauträger und Eigentümer bei der Prüfung und Umsetzung der Vorgaben. Baubegleitende Qualitätscontrollings, Abnahmen und wiederkehrende Prüfungen der Elektro- und Gebäudetechnik sind dabei zentral.
Literatur
[1] Elektromobilität: Öffentliche Ladeinfrastruktur. Bonn: Bundesnetzagentur, Ladeinfrastruktur in Zahlen (Stand 1. Mai 2022), 18. Mai 2022
[2] Der Fahrzeugbestand am 1. Januar 2022. Flensburg: Kraftfahrt-Bundesamt, Pressemitteilung Nr. 10/2022, 04. März 2022
[3] Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) vom 18. März 2021, BGBl I vom 24. März 2021, Seite 354, www.bit.ly/geig_volltext
[4] DIN 18015-1:2020-05. Norm seit Mai 2020 in Kraft. Neue Anforderungen und Planungshinweise für die Errichtung von elektrischen Anlagen in Wohngebäuden. Blieskastel: Hager Vertriebsgesellschaft, www.hager.de/DIN18015, o. D.
Dieser Artikel von Alexander Kleinmagd, Stefan Veit und Dr.-Ing. Markus Weißenberger erschien zuerst in TGA Fachplaner-Ausgabe 07/2022.
Alexander Kleinmagd ist Abteilungsleiter für Elektro- und Gebäudetechnik und Sachverständiger für Explosionsschutz und Elektrotechnik bei TÜV SÜD Industrie Service, 80686 München.
Stefan Veit, MBA, B. Eng. ist Leiter des Produkt- und Qualitätsmanagements im Bereich Elektrotechnik, Geschäftsfeld Elektro- und Gebäudetechnik bei TÜV SÜD Industrie Service, 80686 München.
Dr.-Ing. Markus Weißenberger ist Experte für Gebäudetechnik und Sachverständiger für Bautechnik bei TÜV SÜD Industrie Service, 80686 München.