Direkt zum Inhalt
Anzeige
Anzeige
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder
Print this page

Speichertrends: Lithium und danach

Niels H. Petersen

Bis eine neuartige Zellchemie getestet und skaliert werden kann, vergehen zehn Jahre. Schneller ist das kaum machbar. „Das liegt an den typischen Innovationszyklen. Die Batteriemodule sollen ja eine gesicherte Lebensdauer erreichen und entsprechend sicher sein“, sagt Professor Helmut Ehrenberg. Er leitet das Institut für Angewandte Materialien für Energiespeichersysteme IAM-ESS am KIT in Karlsruhe.

Das IAM-ESS beschäftigt sich mit der Herstellung neuer Materialien, unter anderem für Li-Ionen-Batterien und Post-Lithium-Systeme. „Die chemischen Kombinationen bei Batteriespeichern werden in den nächsten zehn Jahren ähnlich zu denen sein, die wir heute bereits kennen. Batterien mit Lithium, Kobalt und Nickel werden wir also auch in den nächsten zehn Jahren sehen“, sagt Ehrenberg. „In 20 Jahren mag das anders sein.“

Professor Ehrenberg im Labor für Angewandte Materialien für Energiespeichersysteme am KIT.

Speicherboom überrascht Forscher

Da wären dann Aluminium- und Natriumbatterien vielleicht neue Optionen. Daran arbeiten die Forscher am Karlsruher Institut für Technologie bereits. „Wir haben vor fünf Jahren schon einen Trend dazu gesehen, dass neue Photovoltaikanlagen zu einem erheblichen Anteil mit Speichersystemen angeschafft werden“, berichtet Professor Dirk Uwe Sauer. Er leitet das Institut für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe, kurz ISEA, an der RWTH.

Diese Entwicklung hat Sauer überrascht. Denn er und sein Team hatten den eigentlichen Boom für die Speichersysteme erst mit dem Auslaufen der EEG-Förderung nach 20 Jahren ­erwartet.

Motivation der Anlagenbesitzer

Die verbleibenden Vergütungen seien so gering, dass die Eigennutzung wirtschaftlich sehr attraktiv ist. „Allerdings sind die Kosten der Speichersysteme im Mittel immer noch nicht so gering, dass im strengen Sinn eine Wirtschaftlichkeit vorliegt“, erklärt Sauer. „Aber, und das ist auch eine wichtige Erkenntnis: Die meisten Anlagenbesitzer betrachten die Speichersysteme weniger als wirtschaftliche Investition, sondern als eigenen Beitrag zur Energiewende, zur Absicherung gegen mögliche zukünftige Preissteigerungen oder zur Erhöhung der eigenen Versorgungsunabhängigkeit.“ Entsprechend würden die Investitionsentscheidungen eher wie bei einem iPhone oder Autokauf getroffen.

Bis 2023 unter 100 US-Dollar

Laut Prognosen der Marktanalysten von IHS ­Markit werden Lithium-Ionen-Batterien schon in drei Jahren für weniger als 100 US-Dollar pro Kilowattstunde zu haben sein. Sollte dieser Preis erreicht werden, hätte die Speicherbranche eine ähnliche Lernkurve wie die Photovoltaik hingelegt. Die Kosten für die Batteriespeicher wären dann innerhalb eines Jahrzehnts um 86 Prozent gefallen. Denn im Jahr 2012 lagen die Batteriepreise noch bei 580 Dollar pro Kilowattstunde.

In den kommenden zehn Jahren werden die wesentlichen Innovationen aus der evolutionären Weiterentwicklung der heutigen Lithium-Ionen-Batterien kommen, bestätigt auch RWTH-Professor Sauer.

Für den Markt komme es im Wesentlichen auf die spezifischen Kosten der Investition pro Kilowattstunde, den Wirkungsgrad sowie die kalendarische Lebensdauer und die zyklische Lebensdauer an. „Die Lithium-Ionen-Batterien liefern hier sehr gute Werte und insbesondere bei den Kosten scheint weiter Luft nach unten“, weiß Sauer.

Zellkosten machen nur ein Viertel aus

Hersteller von Hausspeichersystemen können heute Batteriezellen für vielleicht 200 Euro pro Kilowattstunde einkaufen, kalkuliert Sauer. „Fahrzeughersteller mit ihren sehr großen Einkaufsvolumina liegen vielleicht bei der Hälfte“, meint er. „Tesla kündigt eine Halbierung in den kommenden Jahren an. Bis 2030 kann das realistisch sein.“

Aber Hausspeichersysteme für den Endkunden kosten im Mittel immer noch über 1.000 Euro pro Kilowattstunde, bezogen auf die Nettokapazität. Das beinhalte den Bau der Batteriepacks aus den Zellen, die Umrichter, das Energiemanagementsystem, die Messeinrichtung, Displays, Gehäuse, Marketing, Vertrieb, Planung, Installation und Umsatzsteuer, zählt Professor Sauer auf. Die Aufstellung macht deutlich, dass die Zellkosten schon heute nur noch rund 25 Prozent der Nettokosten ausmachen.

Deutlich günstiger könnten die Speichersysteme noch mal werden, wenn den Hausbesitzern standardisierte Komplettpakete für Solarstromanlage, Wärmepumpenheizung sowie Elektromobilität und Energieversorgungsvertrag angeboten werden, prognostiziert der Speicherexperte. Dann teilten sich die Transaktionskosten auf ein insgesamt größeres Investitionsvolumen auf und die individuelle und personalintensive Abstimmung der einzelnen Teilsysteme entfalle. „Dann sollten auf das Speichersystem bezogen“, da ist Professor Sauer zuversichtlich, „Kosten von 500 Euro pro Kilowattstunde und auch weniger durchaus machbar sein.“

Batterien mit Eisen und Mangan

Helmut Ehrenberg vom KIT sieht vor allem Kobalt als das kritischste Element in Lithium-Ionen-Batterien. „Wir werden deshalb den Kobaltanteil in den nächsten Jahren ganz ersetzen“, prophezeit er. „Das versuchen wir heute schon, indem wir Nickel einsetzen, wovon wir etwa zehnmal mehr als Rohstoff verfügbar haben.“

Das helfe schon ein bisschen. „Wenn wir also nicht nur von Kobalt, sondern auch von Nickel wegwollen, müssen wir bei den Übergangsmetallen mit Eisen und Mangan arbeiten“, sagt er. Andere Materialien wären einfach zu teuer für den Massenmarkt, den die Forscher erwarten.

Energiedichte steigern

Batterien, die auf Eisen und Mangan basieren, gibt es bereits. Aber sie haben noch deutlich geringere Leistungsdaten. „Ziel muss es deshalb sein, die kritischen Elemente zu ersetzen, ohne deutliche Abstriche beispielsweise bei der Energiedichte zu machen“, betont Ehrenberg.

Batteriehersteller Northvolt, an dem auch VW beteiligt ist, will mit der Produktion eine Recyclingfabrik entwickeln. „Jeder, der nun anfängt, eine Zellfertigung im Gigawatt-Maßstab aufzubauen, muss das Thema Recycling mit auf dem Schirm haben“, meint auch Ehrenberg.

Einen gut funktionierenden Rücknahmekreislauf gibt es beispielsweise bei Bleibatterien. Den gibt es aber nicht, weil man das Geld für neues Blei sparen will, sondern weil es die gesetzlichen Anforderungen verlangen. Es gibt kaum etwas Billigeres als Schwefelsäure, das werden die Hersteller einfach entsorgen und nicht recyceln.

Autobauer wollen Kosten drücken

Nickel, Kobalt und Kupfer dagegen sind teure, weil knappe Rohstoffe. „Die Hersteller von Lithiumbatterien werden die Zellen vielleicht gar nicht verkaufen, sondern nur leasen und später wieder zurücknehmen, um die Rohstoffe zu behalten“, vermutet der KIT-Forscher.

Wenn der Autofahrer hierzulande höre, dass ihm die Batterie seines Autos nicht gehört, könnte das zu einem anderen Problem führen. Der Deutsche im Allgemeinen hüte sein Auto ja wie ein Familienmitglied – das mag in anderen Ländern etwas anders aussehen.

In den nächsten Jahren gehe es vor allem darum, die Kosten der Batterie weiter runterzubekommen, sagt Professor Ehrenberg. „Bei der Lebensdauer sind wir derzeit im Schnitt schon fast zu gut für die Vorgaben der Industrie, wenn man von einer typischen Lebenserwartung von neun Jahren für ein Fahrzeug ausgeht“, erklärt er. Das Volumen, also die benötigte Größe für eine bestimmte Speicherkapazität, sei ebenso wichtig, genauso wie die Sicherheit.

Akkus mit Natrium oder Aluminium

Die Elektromobilität ist viel anspruchsvoller als stationäre Anwendungen. Denn Größe und Gewicht der Batterien sind in Autos absolut entscheidend. Preislich mit Lithium-Ionen mithalten könnten Konzepte mit Natrium, Aluminium, Calcium oder Kalium – jedenfalls theoretisch, erklärt Ehrenberg.

Eine Technologie mit Natrium wäre sogar billiger als Lithium, aber da eine solche Batterie nur die halbe Energiedichte habe, brauche man wiederum die doppelten Rohstoffe für dieselbe Speicherkapazität. Zudem verändere eine kleine Änderung an einer Batteriekomponente das Gesamtsystem. Ehrenberg: „Das macht es so schwierig, Batteriezellen zu optimieren.“

Dieser Beitrag von Niels H. Petersen ist zuerst erschienen in photovoltaik 9/2020. 

Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder