Wie funktioniert eigentlich die Einstellung eines Membranausdehnungsgefäßes?
Beginnen wir diesen Beitrag mit einem Gedankenexperiment:
Ein hohler Würfel wird im Labor mit Wasser gefüllt bei einer Umgebungstemperatur von 20 °C. Man achtet darauf, dass der Würfel mit seiner Kantenlänge von 1 Meter (innen gemessen) genau bis zum obersten Rand gefüllt ist. Wasser und Würfel erreichen exakt die Temperatur von 20 °C und der Würfel wird absolut dicht verschlossen.
Ein angeschraubtes Manometer wird mit einem Kapillarrohr zur Oberkante des Würfel verbunden und misst zu diesem Zeitpunkt einen Druck von 0 bar.
Danach wird die Laborumgebung auf 10 °C heruntergekühlt und so auch der Würfel mit dem gesamten Wasserinhalt.
Die Fakten der Physik sprechen jetzt dafür, dass sich der Wasserinhalt zusammenzieht. Laut Tabelle gilt jetzt für reines Wasser eine Abnahme des Volumens von 0,13 %. Um genau zu sein verändern sich 1000 Liter und besetzen eigentlich nur noch einen Raum von weniger als 998.7 Liter. Das Manometer schlägt gewissermaßen rückwärts aus und signalisiert einen Unterdruck.
Während also das Volumen geschrumpft ist, versucht der Würfel durch jede noch so kleine Pore Luft aus dem Labor einzusaugen. Würde man eine noch so winzige Undichtigkeit anbieten, so würde Umgebungsluft in den Würfel einströmen.
Der Versuch wird fortgesetzt und der Würfel mit dem gesamten Wasserinhalt wird auf 60 °C erwärmt.
Das Wasser möchte sich gerne ausdehnen. Nimmt man es wieder ganz genau, so erfolgt eine Volumenzunahme ausgehend von 1.000 Liter bei 20 °C auf ein Volumen von circa 1.015 Liter.
Im Würfel herrscht daher ein gewaltiger Druck und das Manometer schlägt wie wild aus und verlässt den ablesbaren Bereich.
In beiden Fällen, also beim Zusammenziehen des Wassers und bei der Ausdehnung, würde der Würfel erheblichen und mit Sicherheit auf Dauer zerstörerischen Kräften ausgesetzt.
Druck in einer Heizungsanlage
Eine Heizungsanlage moderner Bauart ist mit einem solchen Würfel vergleichbar. Der Unterschied zwischen der realen Heizungsanlage und dem Würfel besteht allerdings darin, dass eine Heizungsanlage schon bei geringem Unterdruck im System Luft aus der Umgebung einsaugt. Und im anderen Fall bei Ausdehnung des Wassers bei einem Druck von meistens schon 3 bar das Sicherheitsventil einer Heizungsanlage abbläst. Eine Beeinträchtigung durch Implosion oder Explosion ist in der Praxis erst einmal nicht zu befürchten.
Zwei reale Folgen bei einer Heizungsanlage sind jedoch zu beklagen.
Unterdruck: Wasserdicht ist nicht zwingend gasdicht
Zieht sich das Wasser zusammen und entsteht dadurch ein Unterdruck im System, so wird Luft eingezogen. Jede noch so kleine Ritze sorgt für einen Eintrag von Luft, denn ein wasserdichtes Heizungssystem ist nicht zwingend auch ein gasdichtes System. An den Stopfbüchsen der Thermostatventile wird beispielsweise Luft ins Heizungssystem eingesaugt.
Wassermangel nach Abblasen
Bläst ein Sicherheitsventil bei einem Druck von mehr als 3 bar tatsächlich Wasser, bei unserem Würfel aus dem Gedankenexperiment also 15 Liter, so fehlt dieses Volumen spätestens dann, wenn sich das System abkühlt und damit zusammenzieht.
Befüllen einer Heizungsanlage
Man geht nach einer Befüllung einer Heizungsanlage davon aus, dass Wasser mit 10 °C im gesamten System verteilt ist. Abhängig davon, auf welche Temperatur dieses Wasser planmäßig erwärmt werden soll, erfährt es eine prozentuale Ausdehnung. Ist also eine Fußbodenheizung vorgesehen, erreicht das Wasser nur Temperaturen von vielleicht 45 °C. Sind Konvektoren zur Beheizung angeschlossen, können es auch mal satte 70 °C sein.
Welche Folgen hat die Ausdehnung des Heizungswassers?
Ein eingebautes Sicherheitsventil würde sich bei 3 bar öffnen und diesen Überdruck abbauen. Eine Heizungsanlage würde also nicht platzen, so viel steht fest. Aber bei einer anschließenden Abkühlung, wie in der Heizpause im Sommer, würde sich das Wasser ja wieder zusammenziehen. In der Folge würde sich der Druck im System erheblich senken. Steht dabei der Heizkessel im Keller eines Hauses, würde dieser Kessel weiterhin gefüllt bleiben mit Wasser. Aber die hoch gelegenen Heizkörper in den oberen Geschossen würden eventuell schon nicht mehr komplett gefüllt sein. Dort würde man bei einem weiteren Heizbetrieb der Anlage ein Gluckern hören können.
Unangenehm für die Funktion der Heizungsanlage ist aber auch die Tatsache, dass der Druck an den hochgelegenen Heizkörpern und deren Thermostatventilen sinkt. Die Verengung am Durchgang durch diese dann druckentlasteten Thermostatventile führt ganz natürlich nochmals zu einer Verringerung des Drucks. Und genau an dieser Stelle befindet sich dann auch noch die Stopfbuchse des Ventils. Bestärkt durch das Venturi-Prinzip kann dann fleißig Luft eingesaugt werden. Diese eingesaugte Luft führt dann zu noch mehr Gluckern und zu neuem Korrosionspotenzial. Denn Sauerstoff greift die Stahlkomponenten der Heizung an, also Heizkörper und Kessel. Ohne Ausdehnmöglichkeit für das Heizungswasser schränkt sich also die Funktion einer Anlage ein und führt nebenbei noch zu einer schnelleren Alterung des Materials.
So funktioniert ein Membranausdehnungsgefäß
Die meisten Anlagen verfügen über ein Membranausdehnungsgefäß. Dabei handelt es sich um einen Druckbehälter mit zwei Kammern. In der einen Kammer befindet sich ein Gaspolster, in der anderen kann sich Heizungswasser ausbreiten. Getrennt werden die beiden Kammern durch eine flexible gummiartige Membrane. Dieses MAG wird in der Regel im Heizungskeller montiert.
Das Grundprinzip ist sehr einfach. Auf der Gasseite wird ein sinnvoller Druck aufgegeben. Die Membran liegt daher im Einbauzustand, also vor der Befüllung mit Heizungswasser noch komplett an der Behälterwand der Wasserseite an. Steigt der Druck auf der Wasserseite und überwiegt dieser Druck gegenüber dem Gasdruck der anderen Seite, so pellt sich die Membrane von der Innenseite ab und lässt Heizungswasser ins Gefäß einströmen. Bei zunehmender Erwärmung dehnt sich das Wasser entsprechend aus und der Druck erhöht sich immer weiter. Mit zunehmendem Druck tritt immer mehr Wasser in das MAG und presst das Gas auf der anderen Seite immer weiter zusammen.
Auslegung des Membranausdehnungsgefäßes
Theoretisch sollte das MAG so groß ausgelegt werden, dass das Auslösen des Sicherheitsventils, kurz SV, sicher verhindert wird. Rechnerisch bleibt man für gewöhnlich 0,5 bar unter dem Ansprechdruck des SV, wenn man die Dimensionierung für das MAG vornimmt.
Bei abnehmender Temperatur zieht sich das Wasser wieder zusammen und der abnehmende Druck im MAG sorgt für ein Zurückfließen des zuvor eingedrungenen Heizungswassers.
Diese Arbeit schafft ein MAG einige Tausend mal und irgendwann ist die Membrane hinüber. Die ewige Walkarbeit hat es dann mürbe gemacht und das Heizungswasser tritt durch die Membrane auch in den Gasbereich des Gefäßes. Wenn dann das Ventil zur Kontrolle des Gasdrucks gedrückt wird, tritt Wasser aus. Das ist dann ein sicheres Zeichen für den notwendigen Wechsel des Gefäßes.
Die vier häufigsten Fehler bei der Auslegung eines MAG
1. Zu kleine Auslegung
Wird das MAG zu klein ausgelegt, so steigt der Druck bei der Temperaturzunahme zu schnell und stark an. Irgendwann ist das Gefäß fast voll und der Ansprechdruck des Sicherheitsventils bereits erreicht. Das Ventil bläst ab und dieses Wasser wird bei anschließender Abkühlung dann natürlich fehlen.
2. Zu hoher Vordruck
Ein neues Gefäß wird im Auslieferungszustand bereits mit einem Vordruck auf der Gasseite geliefert. Wenn dieser ungeeignet hoch ist, wird die Arbeitsweise des MAG eingeschränkt. Dies kann trotz eines ausreichend großen Gefäßes zu einem Druckanstieg führen, der das SV abblasen lässt.
3. Zu niedriger Vordruck
Auch ein zu geringer Druck schränkt das Aufnahmevolumen des Gefäßes ein. Der korrekte Wert sollte also immer bei der Befüllung berücksichtigt werden.
4. Ohne Reserve
Die Auslegung oder die Inbetriebnahme ohne eine so genannte Wasservorlage stellt ein weiteres häufiges Problem dar. Meist werden die Heizungsanlagen einer jährlichen Wartung unterzogen. Zwischen den Wartungen verliert eine Anlage aber fast immer etwas Wasser, etwa durch Leckagen. Daher sollte man eine Reserve in das Gefäß bringen, die diesen Schwund ersetzen kann. Es wird also meistens 0,5 bis 1 % mehr Wasser aufgefüllt als notwendig.
Beispiel für eine korrekte Auslegung
Für eine Warmwasserheizungsanlage mit 1.000 Liter Volumeninhalt soll ein MAG ausgelegt werden. Die Anlage wird mit maximal 70 °C im Vorlauf betrieben. Als Wasservorlage soll 1 % Reserve ins MAG angenommen werden. Das Sicherheitsventil der Anlage soll bei 3 bar abblasen. Der Höhenabstand zwischen dem MAG und dem höchsten Punkt der Anlage beträgt 12 Meter.
Um ein Gefäß auszulegen, errechnet man zuerst die Mindestgröße und wählt dann für gewöhnlich das nächstgrößere Gefäß eines Herstellers. Die Formel lautet:
Darin bedeutet:
Vn,min = Mindest-Nennvolumen in Liter [l]
Ve = Ausdehnungsvolumen in Liter [l] =
VA = Gesamtwasserinhalt der Heizungsanlage
(incl. Puffer) in Liter [l]
VV = Wasservorlage in Liter [l]
als Auswahl zwischen 0,5 % und 1 %, jedoch mindestens 3 Liter
n = prozentuale Wasserausdehnung bezogen auf Ausgangstemperatur von 10 °C
Tabelle für die prozentuale Ausdehnung von Wasser:
pe = Enddruck der Anlage in bar
pe = psv – ΔpA in bar
psv = Ansprechdruck des Sicherheitsventils in bar
bei neuen Anlagen (bis 120 °C) 3,0 bar
bei Altanlagen (bis 110 °C) 2,5 bar
pstG = statischer Druck am Stutzen des Ausdehnungsgefäßes in bar, wobei
10 Meter statische Höhe 1 bar Druck ergibt (1 bar/10m)
ΔpA = Arbeitsdruckdifferenz in bar
ΔpA = 0,5 bar für Anlagen bis 5 bar Überdruck
p0 = Vordruck in bar = p0 ≥ pst + pD
Bitte beachten! Bei Dachzentralen und Flachbauten mindestens p0 ≥ 0,7 bar
pD = 0 bar bei Anlagen bis 100 °C
0,5 bar bei Anlagen über 100 bis 110 °C
1,0 bar bei Anlagen über 110 bis 120 °C
Setzt man nun die Daten aus der Beispielrechnung ein und liest den Wert für die prozentuale Ausdehnung aus der Tabelle ab, so erhält man vorweg aus den Nebenrechnungen:
Rein rechnerisch würde also ein MAG mit einem Volumen von 87,23 Liter ausreichen, um die Anforderungen zu erfüllen. In den Herstellerlisten findet man als nächstgrößeres ein Gefäß mit 100 Liter Volumen und dieses wird ausgewählt.
Druck genau berechnen
Würde man dieses MAG montieren, so könnte man jetzt getrost den herstellerbedingten Vordruck der Gasseite auf 1,2 bar ablassen. Würde man nun die Heizungsanlage planmäßig füllen, so würde man am Manometer dieser Anlage einen Druck von 1,2 bar ablesen können. Damit wäre bei 12 Meter Höhendifferenz zwischen Manometer und dem höchsten Heizkörper die Anlage ganz sicher komplett gefüllt. Wasser würde beim Entlüften dieses höchsten Heizkörpers im Strahl austreten.
Aber die Wasservorlage wäre noch nicht im Gefäß, denn der Innendruck auf der Gasseite entspricht genau dem statischen Wasserdruck auf der Heizungsseite. Erst wenn der Druck über den des Gasdrucks im MAG erhöht wird, strömt etwas Wasser hinein. Natürlich könnte man jetzt schätzen und aus der Erfahrung ruhig 0,3 bar mehr auffüllen. Aber man kann es auch genau berechnen. Hier die dazu notwendige Formel:
pf = Anlagenfülldruck
Vn = gewählte MAG-Größe eines Herstellers in Liter [l]
Setzt man die Beispieldaten ein, so ergibt sich:
pf = 1,44 bar
Das Ergebnis zeigt, dass man den Druck der kalten Heizungsanlage auf 1,44 bar bringen muss, um 10 Liter Wasservorlage in das MAG zu drücken.
Beim MAG gibt es kein "zu groß"
Ein MAG sollte großzügig ausgelegt werden. In einer Heizungsanlage wird daher als Gefäßgröße das nächstgrößere eines Herstellers gewählt. Ein zu groß gibt es erstmal nicht, außer, dass man natürlich die Kosten und den Platzbedarf des MAG im Auge behalten muss.
Man bringt den Druck des Gefäßes auf den notwendigen statischen Druck der Anlage. Wenn also der am höchsten gelegene Heizkörper gefüllt ist, sollte sich noch kein Wasser im MAG befinden. Dann füllt man eine Wasservorlage ein. Abhängig von der Größe des gewählten Gefäßes lässt sich die Druckerhöhung für die tatsächlich eingebrachte Wasservorlage im Voraus berechnen.
Besonderheiten: Dachzentrale oder sehr flaches Gebäude
Bei Dachzentralen oder auch sehr flachen Gebäuden mit sehr geringen statischen Höhen sollte der Druck trotz des niedrigen notwendigen statischen Drucks auf mindestens 0,7 bar auf der Gasseite des MAG gebracht werden. Dies ist hilfreich für die Umwälzpumpe, die ansonsten Gefahr läuft, durch einen zu geringen Druck auf der Saugseite zerstört zu werden. Wird nämlich eine Heizungsanlage bei hohen Temperaturen und sehr niedrigen Drücken betrieben, kann Kavitation entstehen. Kavitation ist ein Effekt, der durch kleine Explosionen eine Pumpe zerstören kann.
Warum ein Kappenventil sinnvoll ist
Zur ordentlichen Wartung eines MAG sollte immer auch ein so genanntes Kappenventil vor dem heizungsseitigen Zulauf zum MAG montiert werden. Nur der Profi sollte es bedienen, deswegen ist auch eine Kappe drauf. Mit einem Kappenventil lässt sich das MAG von der Heizungsseite trennen und das Heizungswasser des MAG kann abgelassen werden. Unter diesen Bedingungen lässt sich dann der Vordruck des MAG ermitteln und gegebenenfalls korrigieren. Danach wird das Kappenventil wiederum geöffnet (Nicht vergessen!) und die Heizungsanlage planmäßig gefüllt, inklusive der Wasservorlage.
Elmar Held, Dipl.-Ing. (FH), ist verantwortlicher Redakteur des SBZ Monteur. Er betreibt ein TGA-Ingenieurbüro, ist Dozent an der Handwerkskammer Münster und Hochschule Düsseldorf, sowie öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger; Telefon (0 23 89) 95 10 21; Telefax (0 23 89) 95 10 22; held@sbz-online.de, www.ingenieurbueroheld.de. >
Dieser Artikel erschien zuerst in SBZ Monteur, Ausgabe 4/2024.