Basiswissen: Schimmel an der Wand
Niemand sieht das gerne: Schimmel an der Wand. Aber was tun, wenn sich die modrig riechenden und gesundheitsschädigenden Schimmelpilze in der Wohnung breit machen? In unserer dreiteiligen Serie über das Thema "Schimmel" behandeln wir ausführlich die Ursachen sowie die fachliche Erkennung, Entfernung und Vermeidung von Schimmelbefall in Gebäuden.
Die Serie startet mit einer der wohl üblichsten Situationen: Man entdeckt Schimmel an der Wand. In den weiteren Teilen der Serie werden 10 typische Fehler als Ursachen genannt, die zur Schimmelbildung führen sowie wie die professionelle Schimmelsanierung im Detail ausgeführt wird.
Was zu Schimmel an der Wand führt, welche Arten von Schimmelpilzen es gibt und welche Auswirkungen ein Befall haben kann, erfahren Sie hier.
Praxisbeispiel: Schimmel an der Wand im Kinderzimmer
Fälle wie der folgende gibt es leider nicht selten. In einem Miet-Einfamilienhaus aus den 1950ern machte eines Tages die alleinerziehende Mutter zweier Kinder die Entdeckung von Schimmelbefall an den Wänden in sämtlichen Räumen. Bauteile bzw. Wände mit Schimmelbefall ab 0,5 m2 Fläche gelten als sanierungsbedürftig. Hier waren in allen Räumen diese Flächen überschritten.
Insbesondere im Kinderzimmer hatte sich ein schwarzer Teppich an der Wand hinter den dort aufgestellten Möbeln breitgemacht – der Schimmel blieb lange Zeit unbemerkt, bis ein modriger Geruch darauf hinwies. Es war bekannt vor Einzug, dass es in dem Haus schon einmal ein Schimmelproblem gegeben hatte. Doch laut Auskunft des Vermieters war dieses Problem fachmännisch behoben worden, die kleine Familie zog ein.
Hochgiftige Schimmelpilze
Wie sich dann bei einer gutachterlichen Untersuchung des Falles herausstellte, war dies eben nicht geschehen. Der Fachmann entdeckte im Wohn- und Schlafzimmer beispielsweise für den Menschen hochgiftigen Stachybotrys. Ein Pilz, der üblicherweise nur nach Wasserschäden auftritt. Schon bei seinem ersten Besuch hatte der Experte die Vermutung geäußert, dass eine Leckage an den Armaturen der Badewanne im Bad der Auslöser für den Schimmelpilz-Befall im Haus gewesen sein könnte.
Stachybotrys hatte sich im Kinderzimmer zwar nicht ausgebreitet, aber dort fand der Fachmann massenhaft Sporen des Pilzes Aspergillus, daneben mäßig bis viele Sporenträger dreier weiterer Schimmelpilze. Manche Aspergillus-Arten sind für den Menschen sehr giftig. Sie können allergische Reaktionen auslösen und Organe oder das Nervensystem befallen.
Die dringliche Empfehlung des Mannes: Das Kinderzimmer bis zur fachmännischen Sanierung ab sofort nicht mehr zu betreten und außerdem luftdicht abzuschotten, z.B. per Klebeband an den Türfalzen. Die Familie zog schließlich nach zermürbenden Querelen mit dem Vermieter und dessen Hausverwaltung auf Kosten des Vermieters aus, um eine Grundsanierung des faktisch unbewohnbaren Objekts zu ermöglichen. Einen körperlichen Schaden zogen die Bewohner glücklicherweise nicht davon. Doch es ist auch heute noch, 9 Jahre nach dem Vorfall (2011) bei der Mutter im Gespräch zu spüren, dass der Vorfall für sie traumatisch war.
Wachstumsbedingungen für Schimmelpilze
Schimmelpilze benötigen für ihr Entstehen, den Erhalt und ihr Wachstum zwei Haupt-Komponenten: Wasser bzw. Feuchtigkeit und organische Nährstoffe, also Stoffe, die in irgendeiner Form Kohlenstoffverbindungen enthalten oder aus ihnen bestehen. Bekanntermaßen sind z.B. Papiertapeten als Nahrungsgrundlage bei Schimmelpilzen sehr beliebt. Oft bieten auch Silikondichtungen an Fenstern ideale Verhältnisse (Kombination Kondensat (= Feuchtigkeit bzw. Wasser) plus Silikon (= Kohlenstoff)).
Eine zu hohe Luftfeuchtigkeit ist dabei eines der häufigsten Ursachen für Schimmel. Falsches Lüften, falsche Raumnutzung oder bauliche Mängel können die Feuchtigkeit in einer Wohnung oder einem Haus schnell ansteigen lassen.
Weitere besonders anfällige Orte im Haus oder der Wohnung sind z.B. das Bad: Nässe und Feuchtigkeit, Haare und Hautschuppen dienen als Nahrungsgrundlage. Seifenfilme, an denen sich Hausstaub oder sonstige organische Stoffe heften, insbesondere in den Ecken.
Daneben spielen die Raumtemperatur und der PH-Wert des Wachstums-Untergrunds eine Rolle: Sie können das Wachstum begünstigen oder behindern, z.B. wachsen Schimmelpilze bei einem PH-Wert höher 11 praktisch nicht mehr. Auch aus diesem Grund hat man Kellerräume seit allen Zeiten bis heute zur Vorsorge gekalkt - denn hier ist die Gefahr einer zu hohen Luftfeuchtigkeit besonders hoch.
Richtiges Lüften und Heizen ist damit eine der sinnvollsten Maßnahmen, um die Luftfeuchtigkeit zu senken und eine Schimmelbildung zu vermeiden.
Schimmel ist kein Indiz für mangelnde Reinlichkeit
Schimmel ist indes kein notwendiges Indiz für mangelnde Reinlichkeit. Das Umweltbundesamt (UBA) kommt zu dem Ergebnis, dass den Schimmelpilzen in Innenräumen in der Regel genügend Nährstoffe zur Verfügung stehen. Außerdem sind Schimmelpilze leider ein „normaler“ Bestandteil der Innenluft. Sie werden über das Lüften mit der Außenluft nach Innen getragen, sie haften an Kleidung oder Schuhen und sie werden mit Staub und Schmutz ins Haus getragen. Herrscht dann auch noch eine hohe Luftfeuchtigkeit in der Wohnung, finden die Pilze optimale Lebensbedingungen vor.
Schimmel ist erst spät sichtbar
Was die Bewohner des beschriebenen Falles sahen, waren die bekannten Schimmelflecken. Im Grunde genommen wird dem menschlichen Auge der Schimmelpilz erst in seiner Blütezeit sichtbar. Dann nämlich, wenn die Sporenträger, die zur Verbreitung des Schimmels dienen, mit ihren gefärbten Sporen eine gewisse Dichte entwickelt haben. In der davor liegenden Wachstumsphase bilden die Pilze unbemerkt ihre Hyphen aus (Die Gesamtheit dieser Hyphen (Pilzfäden) wird als Myzel bezeichnet). Diese Pilzfäden sind meist weißlich und deshalb oft für das bloße Auge nicht erkennbar.
Das UBA fasst in den Sammelbegriff „Schimmelpilze“ mittlerweile auch damit begleitende Bakterien und Hefen, so dass man eigentlich von einer Schimmelpilz-Symbiose unterschiedlichster Organismen sprechen sollte, die schlussendlich dann auch zu den Geruchsentwicklungen beitragen („Muff“). Einergehend sind meist Milben, die sich von den Schimmelpilzen ernähren und somit auch als weiterer Indikator für Schimmelbefall dienen.
Die möglichen Gefahren von Schimmel
Das Problem bei der Frage nach der Gefährlichkeit von Schimmel in der Wohnung für den Menschen ist, dass die Liste der bereits bekannten Arten noch lange nicht abgeschlossen ist und immer wieder neue entdeckt werden. Aber auch unter den bekannten Arten gibt es immer wieder Bewegung: Neue wissenschaftliche Erkenntnisse führen des öfteren z.B. bei der Klassifizierung bzw. Systematik zu Neueinordnungen und Neugruppierungen von Schimmelpilzen.
Hinzu kommt, dass wissenschaftlich exakt lediglich als erwiesen gelten kann, dass Schimmelpilze das Entstehen von Asthma fördern. Dies betrifft vor allem Kinder. Andere Krankheiten wie Bronchitis oder Lungenveränderungen, die Möglichkeit, dass Schimmelpilze Allergien auslösen oder sonstige toxische Wirkungen entfalten, können nicht ausgeschlossen werden. Es wird auch von unspezifischen Symptomen im Zusammenhang mit Schimmel berichtet, z. B. Kopfschmerzen, Husten oder allgemeine Müdigkeit. Die Wissenschaft weiß darüber noch zu wenig bzw. es fehlt ihr an gesicherten Erkenntnissen.
Erschwerend für die Forscher auf diesem Gebiet, da beim Auftreten solcher Symptome bzw. Krankheiten immer das Gesamtfeld betrachtet werden muss, z.B. Vorerkrankungen, um nicht falsche Schlüsse zur Gefährlichkeit von Schimmelpilzen für den Menschen absolut zu ziehen – und falls dann, ab welchen Konzentrationen dies der Fall sein kann, bezogen außerdem auf welche Arten.
Das UBA stellt derzeit leider folgendes dazu fest: „Wissenschaftlich abgesicherte Aussagen über eine Dosis-Wirkungsbeziehung zwischen einer Exposition gegenüber Schimmel in Innenräumen und gesundheitlichen Beschwerden der Bewohner sind derzeit nicht möglich.“ Umso vorsichtiger muss man wohl mit dem Thema umgehen. Das sofortige Abschotten von Räumen in der Zeit bis zur fachgerechten Sanierung scheint jedenfalls keine übertriebene Maßnahme zu sein.
Gibt es typische Vertreter bei Schimmel?
Ja und nein. In dem geschilderten Fall wurden, in unterschiedlichen Befall-Konzentrationen und auch in den einzelnen Räumen, jeweils unterschiedlich intensiv sowie verschieden in der Konstellation, vier Schimmelpilz-Typen festgestellt:
- Stachybotrys
- Aspergillus
- Aspergillus Typ Penicillium
- Acremonium und Cladosporium
- außerdem vereinzelt undifferenziertes Myzel (Die Analyse wurde vor Ort über Folienkontaktproben aufgenommen und nach Färbung mit Lactophenolblaulösung lichtmikroskopisch von einem beauftragten Labor untersucht).
Das UBA hat über diverse Untersuchungen eine gewisse Erwartbarkeit herausgefunden, womit auf welchen Materialien hauptsächlich zu rechnen ist. Beim Schimmelbefall auf Baumaterialien ist laut UBA die Vielfalt der häufig auftretenden Schimmelpilzarten überschaubar. Auf und in mineralischen Baumaterialien wie Zementstrich, Wandputz oder Beton wurde hauptsächlich Aspergillus Typ Penicillium gefunden (80 % der Proben), Aspergillus versicolor (50 %) und Cladosporium (46 %), Acremonium (31 %), Aspergillus restrictus Gruppe (26 %) sowie 18 weitere Gattungen, in 1 % - 10 % der Proben.
Es ließe sich insofern pauschal eingrenzen, dass in der Regel die Gattungen Aspergillus in verschiedenen Typen, Cladosporium, Acremonium vertreten sind. Aber wie das Fallbeispiel zeigt, können individuell auch andere Vertreter massiv auftreten. Das UBA hat 18 weitere Gattungen ausgemacht und im konkreten Fallbeispiel wurde ein massiver Befall mit Stachybotrys in einem Raum festgestellt, zudem in den anderen Räumen nicht.
Nicht auf die leichte Schulter nehmen
Die gebotene Sachstandslage lässt nur empfehlen, Schimmel nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Es gibt zwar immer noch zu wenig gesicherte Informationen, doch sie deuten hin. Schimmelsanierungen gehören deshalb in fachmännische Hände. Man muss sich vor Augen führen, dass Schimmel für das Bauwerk selbst und die Menschen, die darin leben, zu einem gebäudetechnischen und gesundheitlichen Totalschaden führen kann. Vorsorge ist ein zentrales Element.
Im zweiten Teil unserer dreiteiligen Schimmel-Serie beleuchten wir die dahingehend häufigsten Fehler und Ursachen, die Schimmelwachstum im Gebäude begünstigen.
Unser Autor Dittmar Koop ist Journalist für erneuerbare Energien und Energieeffizienz.