Netzdienliches Heizen: Wärmepumpen intelligent mit dem Stromnetz verknüpfen
Wärmepumpen gelten als eine der wichtigsten klimafreundlichen Heiztechnologien der Zukunft. Besonders emissionsarm heizen die Effizienzpakete, wenn sie erneuerbaren Strom nutzen: Etwa Solarstrom vom Dach oder Ökostrom aus dem Netz. Die Stromnetze effizient auslasten können Wärmepumpen auch. Ist viel Wind- und Solarstrom in den Leitungen, schalten sie sich an. Steht wenig zur Verfügung oder ist die Last zu hoch, drosseln sie ihre Leistung.
Wärmepumpen nutzen die Erdwärme, das Grundwasser oder die Umgebungsluft als Wärmequelle. Mit Hilfe von Strom heben die Geräte die Umweltenergie besonders effizient auf ein höheres Temperaturniveau und liefern so CO2-arme Wärme für Heizung und Warmwasser. Bei einem normalen Energiestandard des Gebäudes machen Wärmepumpen aus der Umweltwärme mit Hilfe einer Kilowattstunde (kWh) Strom rund 3–4 kWh Wärme.
Ökostrom für die Wärmepumpe
Die Technologie wird Jahr für Jahr immer klimafreundlicher. Der aus dem Netz bezogene Strom stammt immer häufiger aus Photovoltaik- und Windenergieanlagen – in Deutschland etwa liegt der Ökostromanteil aktuell bei rund 50%. Bis 2030 soll er auf 80% steigen. Ökologisch und finanziell besonders vorteilhaft ist es, wenn die Wärmepumpe auch Solarstrom aus der eigenen Photovoltaikanlage nutzt.
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Die Vorteile einer Wärmepumpe haben viele Hauseigentümer inzwischen erkannt. Der Verkauf boomt daher in Europa: 2022 stieg der Absatz von Wärmepumpen in der EU um knapp 40% auf drei Millionen Geräte. Ein hohes Wachstum verzeichnen derzeit Polen, Tschechien und Holland. Die Mehrzahl der Geräte ist in Skandinavien installiert.
Kommunikation zwischen Photovoltaikanlage und Wärmepumpe
Solarstrom vom eigenen Dach für die Wärmepumpe zu nutzen, ist technisch kein Problem. Auf dem Markt gibt es mehrere Möglichkeiten für die Kommunikation zwischen Photovoltaikanlage und Wärmepumpe: Auf Seiten der Wärmepumpe dient der SG-Ready-Eingang als Schnittstelle. SG steht dabei für Smart Grid, das intelligente Stromnetz. Die allermeisten Wärmepumpen haben diese Schnittstelle seit ein paar Jahren. Sie kann über den Wechselrichter der Solaranlage, ein Energiemanagement-System oder ein intelligentes Messsystem, kurz Smart-Meter, angesteuert werden.
Da nicht der gesamte Strombedarf der Wärmepumpe durch die Photovoltaikanlage gedeckt wird, springt auch das Stromnetz als Lieferant ein. Die Nutzung sollte möglichst netzdienlich sein. Diese Anforderung ergibt sich aus der Energiewende: Der steigende Anteil erneuerbarer Energien, zumeist Solar- und Windstrom, führt zu starken zeitlichen Schwankungen in der Stromerzeugung. Dies muss in Einklang mit dem Verbrauch gebracht werden.
Ein vielversprechender Ansatz, um Stromangebot und -nachfrage auszugleichen, liegt in der gezielten Aktivierung oder Abschaltung von elektrischen Verbrauchern. Hier können Wärmepumpen eine wichtige Rolle spielen. Optimal wäre, den Netzstrom dann zu nutzen, wenn der Anteil der Erneuerbaren groß ist. Wenn wenig zur Verfügung steht oder die Last zu hoch ist, könnte die Wärmepumpe eine Zeit lang gedrosselt werden.
„Gesteuerte Wärmepumpen können eine wichtige Rolle spielen, um die Stromnetze zu entlasten und das schwankende Angebot von Solar- und Windstrom besser zu nutzen.“ Dr. Jann Binder vom ZSW.
Wärmepumpen netzdienlich betreiben
Der netzdienliche Betrieb von Wärmepumpen ist ebenfalls über die SG-Ready-Schnittstelle möglich. Diese Schnittstelle ist in Deutschland sogar erforderlich, sollen Wärmepumpen eine finanzielle Förderung erhalten. Wärmepumpen müssen nach den Förderrichtlinien auf Steuerungssignale vom Netzbetreiber reagieren können.
In Zeiten hoher oder niedriger erneuerbarer Einspeisung könnte die Wärmepumpe dann netzdienlich gefahren werden. Deutschland will dies bald in die Tat umsetzen. Verteilnetzbetreiber erhalten ab 2024 die Möglichkeit, bei Wärmepumpen oder Ladesäulen steuernd einzugreifen, um Stromausfälle wegen Überlastungen örtlicher Leitungen zu vermeiden. Eine vollständige Abschaltung wird nicht erlaubt, aber eine temporäre Reduzierung des Strombezugs aus dem Netz.
Erprobt wird die netzdienliche Einbindung von Wärmepumpen bereits jetzt im Osten und Norden von Deutschland. Beteiligt sind der Wärmepumpenhersteller Viessmann und der Übertragungsnetzbetreiber 50 Hertz. Im Einzugsgebiet des Netzbetreibers können Haushalte ihre Wärmepumpe drosseln lassen, wenn die Netzstabilität es erforderlich macht. Es werde aber darauf geachtet, dass die Temperaturen im Wärmespeicher und im Raum nicht zu tief sinken, so die Projektpartner. Niemand solle beim Komfort Kompromisse eingehen müssen. Im Gegenzug für das Abtreten der Wärmepumpenleistung erhalten die Teilnehmer eine Flexibilitätsprämie.
Auch das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) arbeitet am netzdienlichen Betrieb der klimafreundlichen Wärmeerzeuger. Denn eine steigende Anzahl von Wärmepumpen könnte ohne Nachjustierung die Stromverteilnetze überlasten. Um dies zu verhindern, haben die Forscher aus Stuttgart Algorithmen entwickelt, die auftretende Lastspitzen reduzieren. Getestet haben sie das neue Verfahren in Schweden – hier sind Wärmepumpen bereits stark verbreitet und die Winter besonders kalt. Das Ergebnis: Die Algorithmen helfen, Wärmepumpen effizient und netzdienlich zu betreiben. Die Belastung der Transformatoren im Verteilnetz verringerte sich um 10%.
Wärmepumpe anschalten, wenn der Strommix grün ist
Auch die Wärmepumpenhersteller treiben die intelligente Verknüpfung von Wärmepumpen und Stromnetz voran. Etwa Ökofen aus Österreich: Die Wärmepumpe Greenfox greift auf eine Datenbank zu, die länderspezifische Live-Elektrizitätsprognosen enthält. Die Prognosen zeigen an, wie ökologisch der Strom im Netz gerade ist. Wird beispielsweise Strom aus Kohlekraftwerken genutzt, reagiert die Wärmepumpe darauf und verschiebt ihre Standardheizzeiten hin zu einem grüneren Stromfenster. Sie heizt vor allem dann, wenn sie CO2-armen Strom nutzen kann. Ein solches Lastmanagement mit Wärmepumpen hilft, die fluktuierende Erzeugung und den Verbrauch im Energiesystem der Zukunft aufeinander abzustimmen.
Inzwischen gibt es auch Stromanbieter auf dem Kontinent, die Wärmepumpen steuern können. Stichwort dynamische Tarife: Mit ihnen reichen die Versorger Preisschwankungen an der Strombörse weiter. Ist der erneuerbare Anteil im Strommix hoch und der Preis niedrig, wird geheizt. Ist das Gegenteil der Fall, verschiebt man die Wärmeerzeugung auf eine günstigere Stunde. Ab 2025 sind alle Stromversorger in Deutschland verpflichtet, solche variablen Stromtarife anzubieten.
Vorreiter in diesem Marktsegment ist unter anderem Tibber, ein norwegisches Unternehmen. Eine zunehmende Anzahl an Wärmepumpenmarken können hier laut Unternehmensangaben integriert und entsprechend gesteuert werden. Die Wärmeerzeugung wird mittels eines Autopiloten moduliert, der sicherstellt, dass das Haus in Bezug auf die Wettervorhersage, den Strompreis und die Bedingungen im Haus so wenig Energie wie möglich verbraucht. Ein weiteres Beispiel ist Awattar, eine Tochter des Unternehmens Tado aus München. Awattar verlagert den Verbrauch in Zeiten, in denen der Strom grün oder günstig ist. Voraussetzung ist bei allen dynamischen Stromtarifen ein intelligentes Messsystem.
Fazit: Wärmepumpen heizen immer schlauer. Dies gelingt mit möglichst viel Solarstrom vom Dach und grünem Strom aus dem Netz. Inzwischen können die klimafreundlichen Wärmeerzeuger sogar netzdienlich betrieben werden. Das stabilisiert die Stromnetze, nutzt die Überschüsse aus Erneuerbaren-Energien-Anlagen und entlastet die Verbraucher finanziell. Netzbetreiber, Wärmepumpenhersteller, Stromversorger und Forschungsinstitute arbeiten daran, hier rasch Fortschritte zu erzielen.