Baustelle 4.0: Wie Bauroboter im Handwerk helfen können
Hunde haben auf einer Baustelle nichts zu suchen. „Spot“ schon! Denn er ist besonders klug und außerordentlich gelehrig.
Seine Besitzer schicken den mit 360-Grad-Kameras, zahlreichen Sensoren, einer Kollisionserkennung und Künstlicher Intelligenz ausgestatteten Robo-Dog deshalb unbeaufsichtigt über ihre Baustellen und lassen ihn Vermessungsarbeiten oder die Fotodokumentation des Arbeitsfortschritts dokumentieren und zu bewegende Erdmassen berechnen.
Nach Sprengarbeiten kontrolliert der Blechkamerad auch, ob alle angebrachten Ladungen gezündet haben, so dass sich kein Mensch bei der Inspektion in Gefahr bringt.
So arbeitet der Robo-Dog "Spot" von Boston Dynamics:
Acht von zehn Bauunternehmen wollen Bauroboter einsetzen
80 Prozent der Bauunternehmen wollen künftig Maschinen wie „Spot“ einsetzen, ergab eine Umfrage des Schweizer Maschinenbaukonzerns ABB. Dafür werden sie Berechnungen des Marktforschungsunternehmens Mordor Intelligence zufolge 2026 gut 95 Millionen US-Dollar ausgeben. Das ist mehr als doppelt so viel wie heute.
Die Investitionen sollen die Betriebe produktiver machen. Denn seit 1995 ist die Produktivität der Bauwirtschaft Jahr für Jahr nur um magere 0,26 Prozent gestiegen, ergab eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey. Im Schnitt aller Branchen waren die Zuwächse mehr als fünf Mal so groß. Roboter können dies ändern, weil sie ohne zu ermüden, fast fehlerfrei rund um die Uhr arbeiten.
Corona hat am Fachkräftemangel nichts geändert
Zugleich leisten sie einen wichtigen Beitrag, um die Folgen des Fachkräftemangels am Bau zu begrenzen. An diesem hat auch die Corona-Pandemie nichts geändert. Im Gegenteil!
Im Dezember 2020 konnten Hochbauunternehmen über 26 Prozent mehr Stellen nicht mit geeigneten Mitarbeitern besetzen als noch im März vergangenen Jahres. Das zeigt eine Anfang Mai veröffentlichte Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung beim Institut der deutschen Wirtschaft, Köln.
Insgesamt fehlten im Handwerk danach 54.000 Gesellen und gut 5.500 Meisterinnen und Meister. Ganze 91 Prozent der von ABB Befragten gehen davon aus, dass die Lücke in den kommenden zehn Jahren so groß bleibt oder sogar weiter aufgeht.
Bauroboter schonen die Gesundheit der Mitarbeiter
Um dem Fachkräftemangel und der Vorstellung entgegenzuwirken, dass die Arbeit am Bau gefährlich und dreckig ist, wollen 44 Prozent der Umfrageteilnehmer Roboter wie „Spot“ auch dazu einsetzen, die Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu schonen und das Risiko von Arbeitsunfällen zu minimieren.
Immerhin starb vorläufigen Zahlen der Berufsgenossenschaft (BG) der Bauwirtschaft zufolge 2020 an jedem dritten Arbeitstag auf einer deutschen Baustelle ein Mensch. Zugleich bekommen derzeit rund 135.000 Bauarbeiter wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufserkrankung eine Berufsunfähigkeitsrente der BG.
Exoskelette und Bauroboter entlasten Rücken und Nacken
Vorzeitige Arthrosen und andere Erkrankungen des Muskel- und Skelettapparates lassen sich jedoch mit Exoskeletten vermeiden, wie sie die Augsburger Firma German Bionic entwickelt. Diese Roboter-Anzüge nehmen Handwerkern die Last beim Tragen und Heben von Mörtel- und Zementsäcken ab.
Auch der Bohrroboter „Jaibot“ von Hilti erledigt Aufgaben, die die menschliche Gesundheit schädigen. Er markiert nach einer digitalisierten Planvorlage oder einem BIM-Modell automatisch die Positionen der Bohrlöcher im Gebäude, bohrt sie in der richtigen Tiefe und saugt dabei den entstehenden Staub ab.
Das entlastet vor allem Trockenbauer und Elektriker, die häufig über Kopf bohren und dabei ihre Nackenmuskulatur, die obere Wirbelsäule sowie durch den herabrieselnden Bohrstaub ihre Augen erheblich belasten.
So funktioniert ein Exoskelett:
HRP-5P unterstützt Trockenbauer
Das National Institute of Advanced Industrial Science and Technology der japanischen Regierung hat sogar einen Roboter entwickelt, der ganze Arbeitsprozesse im Trockenbau selbständig erledigt. Der 1,81 Meter große und rund 100 Kilogramm schwere HRP-5P nimmt sich bei der Verkleidung einer Trockenbauwand Paneele vom Stapel, passt sie an der Wand ein und befestigt sie.
So hilft HRP-5P auf der Baustelle:
Roboter wie „SAM100“ oder „Hadrian X“ entlasten dagegen Maurer. Sie verarbeiten in einer Stunde bis zu 1.000 Ziegelsteine nach einem digitalen Bauplan.
Ein Handwerker schafft etwa ein Sechstel dieser Menge. Mit 3D-Druck-Robotern lassen sich Gebäude inzwischen sogar ganz ohne Ziegelsteine oder Holzständerwerke errichten.
SAM 100 bei der Arbeit:
Digitalisierung und Roboter machen Bauberufe wieder attraktiv
Roboter steigern so jedoch nicht nur die Produktivität und Arbeitssicherheit in der Bauwirtschaft. Sie tragen auch dazu bei, Bauberufe für junge Menschen wieder attraktiver zu machen. Denn statt Zementsäcke schleppen und perfekt Mörtelwannen säubern zu können, müssen Fachkräfte am Bau künftig Roboter programmieren und anlernen.
Sie müssen sich auch auf die Arbeit mit digitalen Tools und Vermessungsmethoden verstehen und mit Datensätzen umgehen, die sie aus dreidimensionalen, virtuellen Modellen bekommen. Sonst haben sie am Ende zwar einen Robo-Dog wie „Spot“ auf der Baustelle, nur tut der Mangels menschlicher Anleitung nix.