Inspektion aus der Luft: Was ist erlaubt?
Wenn Martin Maslaton den Blick über seine Fallakten schweifen lässt, fällt ihm sofort einiges ein, was man besser machen könnte. Es geht um die rechtlichen Regelungen für unbemannte Flugobjekte und für die Erlaubnis, eine solche Drohne aufsteigen zu lassen. Maslaton ist Anwalt und fliegt selbst ein zweimotoriges Geschäftsreisenflugzeug.
Auch Drohnen hat er schon in die Luft steigen lassen. Beruflich ist er nicht nur aufs Energierecht spezialisiert, sondern auch aufs Luftverkehrsrecht. Deshalb ist er für gewerbliche Drohnenanbieter auch ein gefragter Mann, wenn es um allgemeine Aufstiegserlaubnisse geht – oder auch, wenn ein Bußgeldbescheid ins Haus geflattert ist.
Zwei Fallgruppen
In zwei Gruppen unterteilt Maslaton seine Fälle: Da sind zum einen Menschen oder Unternehmen, die sich durch Drohnenflüge in ihren Rechten verletzt fühlen. Zum anderen unterstützt er gewerbliche Drohnenanbieter, die im Genehmigungsverfahren Unterstützung brauchen.
Diese Mandanten kommen fast alle aus den Erneuerbaren Energien. Die Allgemeinverfügungen der einzelnen Bundesländer, auf deren Grundlagen dann Aufstiegsgenehmigungen erteilt werden, sind nämlich leider sehr verschieden. „Es braucht viel Zeit, sich da einzuarbeiten. Um auf der sicheren Seite zu sein, nehmen die Anbieter unsere Dienste in Anspruch. Im Falle eines Fehlers besteht nämlich potenziell die Gefahr, die Gewerbeerlaubnis zu verlieren“, sagt er. Hinzu kommt, dass für bundeslandübergreifende Flüge auch typischerweise zwei Genehmigungen zu beantragen sind. Beide Anträge sind dann verschieden und beide Genehmigungen auch.
Die erste Hürde
Schon bei einer an sich simplen Sache müssen Betreiber von Photovoltaikanlagen die erste Hürde nehmen. Der Überflug von Energieerzeugungsanlagen ist nämlich vordergründig generell verboten. „Der Gesetzgeber meinte wahrscheinlich große Kraftwerke“, erklärt Maslaton. Aber in den Allgemeinverfügungen wurde diese Formulierung übernommen, sodass der Überflug von Solaranlagen eigentlich von vornherein verboten ist, wenn man sich eng an das Gesetz hält. Es gibt den Weg der Ausnahmegenehmigung – und die bekommt man in der Regel auch –, aber das macht es zusätzlich kompliziert.
Eine zusätzliche Stolperfalle seien die Kennzeichnungen und Produktangaben einiger Hersteller. Die Erteilung von Aufstiegsgenehmigungen ist je nach Gewicht des Flugobjektes differenziert. Das verführt manchen Hersteller dazu, ein geringes Gewicht anzugeben. Wiegt man dann die Drohne nach, zeigt die Waage mitunter einen höheren Wert.
Nicht korrekt gekennzeichnet
Wird solch ein Fall von den Behörden entdeckt, kann sich der Pilot nicht auf die Herstellerangabe berufen. Denn er selbst ist dafür verantwortlich, die Vorgaben zu befolgen. Solche schwarzen Schafe finden sich vor allem in der Gewichtsklasse unter 250 Gramm, denn dann dürfen diese Flugobjekte genehmigungsfrei fliegen. Gewerbliche Drohnenanbieter sind in diesem Segment aber selten unterwegs. Ihre Drohnen wiegen meist mehr, zumal mit Kamera.
Gewerbliche Anbieter, die täglich im Auftrag ihrer Kunden Fotos, Filme oder Thermogramme anfertigen, sind in der Regel gut aufgestellt. Sie haben Piloten mit Erfahrung, alle Genehmigungen und kennen sich mit den Ausnahmegenehmigungen und den Länderspezifika aus.
Rechte Dritter verletzt
Dennoch sind auch sie nicht vor Fehltritten gefeit. Denn auch wenn alle Genehmigungen vorliegen, lauert eine Gefahr, die niemals ganz ausgeschlossen werden kann. Weil bei Drohnenflügen fast immer auch fremde Grundstücke überflogen werden, können sich deren Eigentümer in ihren Rechten verletzt fühlen. Wenn sich beispielsweise eine Familie in ihrem Garten von der Drohne in ihrer Privatsphäre gestört sieht, ruft sie die Polizei. Die handelt gesetzeskonform und schickt das Ordnungsamt vorbei. Ein Bußgeldbescheid flattert beim Drohnenflieger ins Haus. Diese Fälle häufen sich nach Maslatons Wahrnehmung.
Dabei sind es nicht nur Privatpersonen, die zum Telefonhörer greifen. Immer mehr Unternehmen und Gewerbebetriebe sehen solche Überflüge als Problem an. Maslaton berichtet von einem Fall, in dem ein kleiner Betrieb überflogen wurde. Weil dieser auch Produkte für militärische Anwendungen herstellte, war er als militärischer Schutzbereich klassifiziert. In solchen Fällen können inzwischen Apps helfen, beispielsweise die der Deutschen Flugsicherung. Dort kann für jeden Standort geprüft werden, ob ein Überflug sicher und legal möglich ist.
Ein Drohnenpilot ohne Anwalt
Ist das Kind schon in den Brunnen gefallen, beantragt Maslaton nachträglich Genehmigungen. Manche Bundesländer, beispielsweise Niedersachsen, legalisieren nachträglich den Überflug Dritter. In manchen Bundesländern, zum Beispiel Sachsen, ist das grundsätzlich nicht möglich. In Schleswig-Holstein wird von Fall zu Fall entschieden, eine allgemeine Regelung gibt es dort nicht.
Ohne Anwalt kommt der Drohnenpilot Ivo Krichel von Drobotec zurecht. Er ist seit 2014 gewerblich als Drohnenflieger unterwegs, überfliegt Schornsteine, Freileitungen, Chemiewerke, Wälder, Solar- und Windkraftanlagen in ganz Deutschland. Gerade ist er in Sachsen unterwegs, wo er Wildschäden aus der Luft dokumentiert. Aber auch Solaranlagen bei Nacht hat er schon überflogen, um Elektrolumineszenzaufnahmen zu machen. Krichel erzählt: „Ich habe mich immer selbst in die Vorschriften vertieft und bin dabei sehr sorgfältig vorgegangen. Mich reizt besonders, Genehmigungen für Überflüge zu erreichen, die eigentlich nicht möglich sind.“
Eine Genehmigung für zwei Länder
Beispielsweise hat er in Niedersachsen eine für ein Jahr gültige Ausnahmegenehmigung erhalten. Diese gilt für Nachtflüge, das Überfliegen von Binnenwasserstraßen, Autobahnen und Menschenansammlungen. Die Ausnahmegenehmigung hat er dann vom Land NRW anerkennen lassen. Ein findiger Mensch. Und ein hartnäckiger. Doch Krichel verzichtet aufgrund der Vorschriften auf den Einsatz von Drohnen mit mehr als fünf Kilogramm Aufstiegsgewicht. „Die Einzelgenehmigungen zu beantragen, wäre mir zu aufwendig“, sagt er.