Lüftungsreinigung: Wie eine Richtlinie für mehr Hygiene bei Lüftungen sorgt
Geht es um hygienische und gesundheitlich zuträgliche Innenraumluftbedingungen, dann sind dichte Luftleitungssysteme sowie deren regelmäßige Reinigung eine wichtige Grundvoraussetzung. Die Dichtheit von Luftleitungssystemen rückt aktuell verstärkt durch Förderungen im Rahmen des Corona-gerechten Umbaus von RLT- und Lüftungsanlagen sowie durch das Gebäudeenergiegesetz (GEG) etwas mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. Die Reinigung jedoch bleibt ein Stiefkind der Lüftungstechnik.
Technischer Standard für die ganze Branche
Während die Leistungen von Planern, Monteuren etc. genau definiert und mittels einer Ausbildung erlernbar sind, ist dies unverständlicherweise bei der nach DIN EN 15780 vorgeschriebenen Lüftungsreinigung nicht der Fall. Statt eines standardisierten Skripts, das als Lehrbasis dient, müssen Lüftungsreiniger ihre Kenntnisse aus der Erfahrung sammeln.
Um diese Situation zu ändern und Lüftungsreinigern eine Grundlage in Form technischer Regelwerke und Vorgaben an die Hand geben zu können, wird aktuell der erste technische Standard für die Dienstleistung Lüftungsreinigung ausgearbeitet. Ergebnis der deutsch-österreichisch-schweizerischen Zusammenarbeit wird das neue Blatt 8 der Richtlinienreihe VDI 6022 sein, dessen Veröffentlichung Anfang 2022 als Weißdruck unter der Bezeichnung VDI/ÖFR/SWKI 6022 Blatt 8 „Lüftungsreinigung“ geplant ist. Dann wird erstmals ein technisches Regelwerk für die Dienstleistung Lüftungsreinigung vorliegen, welches Auftraggebern und Auftragnehmern eine dringend benötigte Hilfestellung bietet sowie als standardisierte Basis für eine zielführende und seriöse Zusammenarbeit dienen kann.
Mehr Sensibilisierung für die Raumlufttechnik
Am Markt hat sich der Irrglaube etabliert, dass erschwerte Bedingungen für den Lüftungsreiniger vom Planer verursacht werden. Dies entspricht jedoch nur selten der Wahrheit. Meist sind schlecht zugängliche und damit schwieriger zu reinigende RLT- und Lüftungsanlagen das Ergebnis einer Reihe von Versäumnissen in der Bauphase. Verursacher sind oftmals Generalunternehmer, die mit der Bauaufsicht betraut sind, oder Bauherren, die der Raumlufttechnik eine untergeordnete Rolle zusprechen und sich nicht um ein durchgängig sachgemäßes Handling kümmern.
Wichtig wäre es daher, diese Zielgruppen für das Thema Raumlufttechnik und deren Stellenwert in Bezug auf Hygiene, Brandschutz, Energieeffizienz und Betriebskosten zu sensibilisieren. In Schulungen gemäß VDI 6022 Kat. A bzw. Schulungen gemäß RSOE 6000 werden Kenntnisse zum Thema „Instandhaltung und Reinigung von RLT-Anlagen“ vermittelt. Diese können Lüftungsfachleute bei den Auftraggebern nutzen, um ihnen die negativen Konsequenzen bewusst zu machen, falls die Forderungen der Richtlinie VDI 6022 Blatt 1 in puncto Hygiene der lufttechnischen Komponenten missachtet werden. Dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass das Budget für eine kompromisslose Erfüllung der in der Richtlinie VDI 6022 Blatt 1 enthaltenen Forderungen freigegeben wird. Zugleich ist davon auszugehen, dass auch die Bauherren von allen am Gewerk RLT- oder Lüftungsanlage Mitwirkenden vermehrt die Einhaltung der VDI 6022 einfordern.
Kommunikation und Koordination verbessern
Mit Blick auf eine auch unter Hygiene- und Effizienz-Aspekten fachgerecht geplante und montierte RLT-Anlage ist es wichtig, dass sämtliche Gewerke und Beteiligten von Beginn an offen miteinander kommunizieren und abgestimmt zusammenarbeiten. Idealerweise übernimmt ein Experte (oder die Bauleitung) auch die Koordination aller am Gewerk Raumlufttechnik Beteiligten, wie Planer, Spediteure, Installateure, Trockenbauer etc. Dadurch lassen sich Versäumnisse, Mängel und Fehler vermeiden bzw. rechtzeitig erkennen und beseitigen, die sonst oft erst während des Betriebs auftreten oder bei der Instandhaltung und Lüftungsreinigung zum Vorschein kommen.
Der Koordinator und Hauptverantwortliche würde also den gesamten Prozess interdisziplinär begleiten, von der Planung bis zur Übergabe der RLT-Anlage, und regelmäßig die Zwischenergebnisse kontrollieren. Falls alle Schritte zusätzlich in einer Baudokumentation festgehalten werden, könnte diese bei der Endabnahme zusammen mit sauberen RLT-Anlagen den Bauherren übergeben werden.
Dieser Artikel von Dr.-Ing. Tina Weinberger ist zuerst erschienen in SBZ Asgabe 13/2021. Dr.-Ing. Tina Weinberger ist freie Fachjournalistin und arbeitet seit über 20 Jahren für Unternehmen und Verlage aus den Bereichen Energie(effizienz), Technik und Nachhaltigkeit.