Kohlendioxid in der Raumluft: Regelungen und Richtlinien
Wegen der vielen gesundheitlichen Auswirkungen zu hoher Kohlendioxid-Konzentrationen in Räumen ist es angezeigt, dieses Gas und seine Eigenschaften, Vor- und Nachteile näher zu betrachten. Teil 1 des Artikels behandelte die allgemeine Bedeutung für die Raumluftqualität sowie das Sick-Building-Syndrom (SBS). Im Teil 2 werden die Raumluftqualität in Schulen, gesetzliche Regelungen und Richtlinien sowie Argumente für die CO2-Überwachung thematisiert.
Verschiedenste Faktoren können Schüler während des Unterrichts sowohl positiv als auch negativ beeinflussen. Einer dieser Faktoren kann zum Beispiel die angemessene Beleuchtung eines Klassenraums sein. Aber nicht nur geeignete Lichtquellen beeinflussen das Lernverhalten und die Aufnahmefähigkeit positiv, sondern auch ein angemessener Kohlenstoffdioxidgehalt in der Atemluft ist ein Faktor, um optimale Lernbedingungen zu schaffen. Diesen kann man mit Hilfe von einfachen Messgeräten aufzeichnen und auswerten.
Raumluftqualität in Schulgebäuden und Klassenräumen
In Schulklassen ohne Ventilation beziehungsweise ohne Luftaustausch steigt die Menge an CO₂ in der Luft der Klassenräume im Laufe einer Schulstunde im Durchschnitt um 1 500 ppm. Je nach Ausgangspunkten erreichten die Werte in Schulräumen am Ende einer Unterrichtseinheit zwischen 1 900 und 3 300 ppm. Nach einer Doppelstunde sogar bis zu 2 500 ppm und nach mehreren Schulstunden, zwischen denen nicht ausreichend und angemessen gelüftet wurde, erreichten Klassenzimmer bis zu 5 000 ppm an CO₂-Gehalt, was überdurchschnittlich schlechte Werte für die Raumluftqualität sind.
Die Folgen von zu viel Kohlenstoffdioxid in den Innenräumen des Schulgebäudes sind verminderte Konzentrationsfähigkeit und Müdigkeit der Schüler bis hin zu längeren Fehlzeiten. Ein Anstieg von 1 300…1 400 ppm pro Unterrichtsstunde kann zu einem Anstieg von Fehlzeiten zwischen 10 und 20 Prozent führen, da sowohl Befindlichkeitsstörungen auftreten aber ebenso ein höheres Risiko von Ansteckung besteht. Die CO₂-Konzentration steht zudem in Abhängigkeit zum Alter der Schüler. Ältere Jahrgangsstufen empfinden die Situation zumeist als noch schlechter als jüngere Schüler.
Eine Studie weist außerdem den Zusammenhang von Luftqualität und Leistung nach. Je geringer der Luftaustausch im Klassenraum war, desto signifikant schlechter waren die Ergebnisse eines Mathematik-Tests. Im Umkehrschluss zeigt sich jedoch auch, dass eine höhere Lüftungsrate die Leistung positiv beeinflusst und Fehlzeiten um 10 bis 17 Prozent mindert.
Bei der Lüftungsfrequenz spielt auch die Jahreszeit eine Rolle. Es wurde nachgewiesen, dass in der kühleren Jahreszeit meist große Lüftungsdefizite entstehen, da aufgrund von niedrigeren Außentemperaturen weniger gelüftet wird und die CO₂-Werte, auch durch vermehrtes Heizen, in den Innenräumen somit weiter ansteigen können.
In den über 40 000 Schulen in Deutschland wurden vor einigen Jahren vereinzelt Kohlenstoffdioxidmessungen und Analysen durchgeführt, die in den meisten Fällen eher unbefriedigend ausfielen. In München und Umgebung lag die CO₂-Konzentration während 82 Prozent der Unterrichtszeit bei über 1 000 ppm. Der Höchstwert, welcher während der Heizperiode gemessen wurde, lag bei 5 359 ppm. In Berlin führte die CO₂-Überwachung zu ähnlichen Ergebnissen, hier lagen die Überschreitungen eines angemessenen CO₂-Levels bei 80 Prozent, der Spitzenwert, welcher ebenfalls in der Heizperiode gemessen wurde, lag bei 6 000 ppm. Auch in Erfurt fanden Messungen von Kohlendioxid in Klassenräumen statt, welche 86 Prozent Überschreitungen und einen Höchstwert von 4 998 ppm aufzeichneten.
Problematisch ist, dass die Ergebnisse der Menge an CO₂ in der Luft schlechter sind, je neuer oder besser renoviert ein Gebäude ist. Denn neue oder neu renovierte Gebäude sind zwar besser isoliert und erfüllen die energetischen Vorgaben, lassen jedoch weniger Zugluft durchdringen und haben dichtere Fenster, die besser schließen. Außerdem werden die Fenster zur Sicherheit oftmals so gebaut, dass sie sich nicht oder nicht ganz öffnen lassen und lediglich Kipplüftung möglich ist, damit niemand hinausstürzen kann. Einen wirkungsvollen Luftaustausch, der den CO₂-Gehalt der Luft senkt und somit die Innenraumluftqualität verbessert, kann man damit nicht erreichen.
Als Vorbild für die Überwachung von CO₂ und der somit eng verbundenen Verbesserung der Qualität der Raumluft gilt Skandinavien. Dort wurden bereits alle Schulen mit Lüftungsanlagen ausgestattet, die die CO₂-Konzentration in den Gebäuden messen und für einen angemessenen Luftaustausch sorgen.
Regelungen und Richtlinien
Festgelegte, rechtsverbindliche Regelungen für einen bestimmten oder maximalen CO₂-Wert in Innenräumen gibt es in Deutschland und Europa nicht. Dafür gibt es aber verschiedene Richt-, Orientierungs- und Zielwerte für die maximale Konzentration an Kohlenstoffdioxid, die in Innenräumen herrschen soll. In Deutschland gilt ein hygienischer Richtwert von 1 500 ppm für die Menge an CO₂ in der Raumluft. Dabei wird aber nochmals nach dem Alter der im Raum befindlichen Personen unterschieden.
Generell gilt als Richtwert, dass ab einer Konzentration von 1 000 ppm CO₂ in der Raumluft gelüftet werden sollte, ab 2 000 ppm jedoch gelüftet werden muss, um eine angemessene Qualität der Raumluft zu erreichen und zu gewährleisten. Es findet ein unzureichender Luftwechsel statt, wenn die Konzentration mehrmals täglich einen Wert von 2 000 ppm überschreitet. Ein Grenzwert für den Arbeitsplatz ist mit 5 000 ppm angegeben, der jedoch nicht erreicht werden sollte.
Andere Länder, andere Raumluftrichtlinien
Überwiegend in Skandinavien gibt es eine Reihe an Richtlinien und Empfehlungen zum CO₂-Gehalt in der Raumluft beziehungsweise zur Lüftung von Gebäuden. Diese Richtlinien enthalten unter anderem auch Vorgaben zur Höhe der CO₂-Konzentration in Innenräumen. In Finnland beispielsweise sollte der Wert an Kohlendioxid in Innenräumen bei normalen Wetterbedingungen und üblicher Nutzung nicht über 1 200 ppm ansteigen. In Norwegen und Schweden soll sich in Wohnräumen, Büros und Schulen maximal eine Menge von 1 000 ppm CO₂ in der Luft befinden. Dänemark regelt dies ebenso, schließt jedoch die Wohnräume in den Richtlinien aus. Auch in Großbritannien gibt es besondere Regelungen für die CO₂-Konzentration in Innenräumen. Hier darf die Luft (in Sitzhöhe) eine Höhe von 1 500 ppm an CO₂ nicht überschreiten. Zudem muss man jederzeit in der Lage sein, die Kohlenstoffdioxidmenge auf 1 000 ppm abzusenken.
Gründe für die CO2-Überwachung
Generell gilt: Um das Wohlbefinden zu gewährleisten und die Gesundheit nicht zu gefährden sollte durch CO₂-Monitoring den in den Räumen befindlichen Personen die Möglichkeit geboten werden, die CO₂-Werte selbst zu überprüfen. So können auf schnellem und unkompliziertem Wege, Maßnahmen ergriffen werden, um die Raumluftqualität wieder zu verbessern.
Zu viel Kohlenstoffdioxid wird von vielen Menschen in Innenräumen und Gebäuden oftmals nur als „verbrauchte Luft“ wahrgenommen, denn nur durch Messgeräte oder andere Hilfsmittel, lässt sich das besagte Gas messen und nachweisen. Obwohl es immense Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und das Wohlbefinden hat, nimmt man eine zu hohe Konzentration in der Atemluft nicht bewusst wahr.
Anzeichen können Leistungsabfall, Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen und weitere Symptome sein. Außerdem leiden Ergebnisse und Noten von Schülern darunter und es erhöht die Fehlzeiten von Arbeitnehmern und Schülern.
Messungen, die weltweit an den verschiedensten Orten durchgeführt wurden, ergaben Werte in Gebäuden und Innenräumen von unter 1 000 ppm bis hin zu CO₂-Levels über 6 000 ppm. Die meisten davon liegen offensichtlich deutlich über dem empfohlenen Höchstwert von 1 400 ppm in Innenräumen.
Um eine angemessene Raumluftqualität zu gewährleisten, sollten CO₂-Überwachungen in Gebäuden und Innenräumen in Betracht gezogen werden, sowohl in Büroräumen, Klassenzimmern, Kindertagesstätten, Krankenhäusern, Fitnessstudios und anderen öffentlichen Gebäuden, wie auch in privaten Wohnräumen und -häusern. Ein kontinuierliches Monitoring empfiehlt sich daneben unter anderem in Tiefgaragen, Tunnels, Gewächshäusern und Lagern etc.
Für CO₂-Messungen in Gebäuden und Innenräumen gibt es verschiedenste Möglichkeiten. Für die Messungen und zusätzlich automatischen Luftwechsel bei zu hohem CO₂-Gehalt in der Raumluft empfehlen sich Lüftungsanlagen oder -automatiken. Aber es geht auch einfacher, kostengünstiger und rentabler: Verschiedene Messgeräte wie Datenlogger sind handlich und lassen sich oft ganz einfach wie ein Thermometer an einer Wand befestigen. Sie messen verschiedene Parameter in der Raumluft, wie CO₂ aber auch Temperatur und Luftfeuchtigkeit kontinuierlich, schlagen gegebenenfalls Alarm und zeigen die Qualität der Atemluft in den Gebäuden an.
Aktuelle Techniken ermöglichen das Ablesen der Messungen und die Auswertung der Daten mit mobilen Endgeräten. Die Ergebnisse und anschauliche Diagramme lassen sich bei Bedarf schnell und einfach gewinnen und abspeichern. Mit Hilfe der Messgeräte lassen sich zu hohe oder gar schädliche Konzentrationen von CO₂ und anderen Faktoren in der Luft schnell erkennen und eröffnen den Personen, die sich in den Gebäuden und Räumen befinden somit die Möglichkeit zu handeln, und Symptomen von unzureichender Raumluftqualität entsprechend entgegenzuwirken.
Dieser Artikel ist zuerst erschienen in Die KÄLTE + Klimatechnik 02/2020.
Literaturverzeichnis
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