Klimatisierung von Industriehallen mit Lüftungsanlagen inklusive Heiz- und Kühlfunktion
Immer häufiger setzen Unternehmen bei der Klimatisierung von Bürokomplexen, Lagerhallen, Restaurants oder Tankstellen auf Rooftop-Einheiten. Bei ihnen handelt es sich um ein kompaktes Lüftungsgerät mit Heiz- oder Kühlfunktion. Normalerweise werden sie auf Gebäudedächern installiert – daher ihre Bezeichnung –, sie lassen sich aber auch ebenerdig aufstellen, zum Beispiel auf einer Bodenplatte. Immer häufiger kommen sie im Mietgeschäft zum Einsatz.
Bei einer Rooftop-Einheit ist in der Regel eine umschaltbare Luft/Luft-Wärmepumpe direkt mit den Sektionen Luftbehandlung, Abluft und Wärmerückgewinnung zu einer Einheit verbunden. Wasser/Luft-Wärmepumpenausführungen sind zwar ebenfalls verfügbar, jedoch dominiert aufgrund der größeren Unabhängigkeit und Flexibilität bei einer Außenaufstellung die Anwendung mit Luft als Rückkühlmedium.
Sämtliche Komponenten einer Rooftop-Einheit sind fertig auf einem Grundrahmen montiert, was ihre Baugröße begrenzt. Das Maximale liegt derzeit bei einer Luftleistung von 50.000 Kubikmeter pro Stunde und einer Kälte- bzw. Heizleistung von 270 Kilowatt. Als externe Luftpressung lassen sich 1.000 Pascal erzielen. Aufgrund der Luftgeschwindigkeiten im Gerät sowie der Limitierung der Gehäusebaugröße für den Transport mit einem Standard-Lkw sind auch in Zukunft keine signifikanten Luftmengenerhöhungen zu erwarten.
Unterschied zwischen Rooftop-Einheiten und RLT-Geräten
Zur Abgrenzung von Rooftop-Einheiten gegenüber raumlufttechnischen Anlagen lässt sich die Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG heranziehen. Sie legt Rahmenbedingungen für energieverbrauchende Geräte fest und ist für alle in der Europäischen Union verkauften und verwendeten Produkte verbindlich. Die Bestimmungen der Ökodesign-Richtlinie legen Mindestwirkungsgrade für jede Produktfamilie fest (Abb. 1). Wer sie einhält, ist zur CE-Kennzeichnung berechtigt und somit zum Inverkehrbringen der Geräte.
Was die Abgrenzung zwischen Rooftop-Einheit und raumlufttechnischem Gerät betrifft, gilt es unter anderem folgende Verordnungen zu berücksichtigen:
- EU 2016/2281 für Rooftops/Roomtops, Komfort-Kaltwassersätze (Kühlen) und Hochtemperaturkühler
- EU 1253/2014 für Lüftungsgeräte
Jedes Produkt kann nur unter eine Verordnung fallen. Interpretationsbedürftig scheint die Zuordnung der Rooftops zwischen der EU-Verordnung 1253/2014 für Lüftungsgeräte und der EU-Verordnung 2016/2281 zu sein, da es sich bei einem Rooftop um ein integriertes Gerät mit mehreren Funktionen handelt. Allerdings werden Luftbehandlungsgeräte mit Wärmepumpenfunktion in der EU-Verordnung 1253/2014 in Artikel 1 „Gegenstand und Geltungsbereich“ ausgeschlossen.
Wörtlich heißt es: „(2) Diese Verordnung gilt nicht für Lüftungsanlagen, die […] g) einen Wärmetauscher und eine Wärmepumpe zur Wärmegewinnung beinhalten oder eine Wärmeübertragung oder -entnahme über die des Wärmerückgewinnungssystems hinaus ermöglichen, mit Ausnahme der Wärmeübertragung zum Frostschutz oder zum Abtauen“.
Die Frage, welche Lüftungsanlagen in den Geltungsbereich der EU-Verordnung 1253/2014 fallen oder nicht, wurde im Dokument „EVIA/Eurovent Leiftaden zu Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung von Lüftungsanlagen“ mit folgender Begründung nochmals geklärt: „Kern der Verordnung ist die Spezifikation der Lüftungsfunktion einer Anlage. Stellt die Anlage zusätzliche Funktionen in Kombination mit Wärmepumpen oder durch Verwendung von Rezirkulations- oder Sekundärluft zur Verfügung, ist Lüftung möglicherweise nicht die Hauptfunktion.“ Es wird des Weiteren auf eine Tabelle mit 16 Punkten verwiesen, von denen Abb. 2 die ersten sechs wiedergibt.
Somit fallen Rooftops nicht unter diese Verordnung, sondern sind, da sie mit der Wärmepumpe einen Wärme- und Kälteerzeuger enthalten, konsequenterweise in der EU-Verordnung 2016/2281 geregelt. In ihr sind im Anhang I die folgenden Begriffsbestimmungen zu finden: „38. ‚Rooftop-Wärmepumpe‘ bezeichnet eine von einem elektrischen Kompressor angetriebene Luft-Luft-Wärmepumpe, deren Verdampfer, Verdichter und Kondensator in ein gemeinsames Gehäuse integriert sind“ sowie „44. ‚Rooftop-Raumklimagerät‘ bezeichnet ein mit einem elektrischen Verdichter betriebenes Luft-Luft-Raumklimagerät, dessen Verdampfer, Verdichter und Kondensator in ein gemeinsames Gehäuse integriert sind“.
Um bestimmen zu können, ob ein Gerät unter die EU-Verordnung 1253/2014 für Lüftungsgeräte fällt, haben der europäische Verband der Lüftungsindustrie EVIA und Europas Industrieverband für Raumklima, Prozesskühlung und Lebensmittelkühlketten-Technologien Eurovent einen Entscheidungsbaum entwickelt (www.t1p.de/geb230160, Seite 55).
Vor- und Nachteile: Rooftop-Gerät im Vergleich mit einem Lüftungsgerät
Rooftop-Einheiten erfüllen auf den ersten Blick wie Lüftungsanlagen die Bedingungen für die Belüftung und Klimatisierung von Gebäuden. Im Detail bestehen aber signifikante Unterschiede, die je nach Anwendung und Anforderung den Einsatz entweder der einen oder anderen Geräteart rechtfertigen.
Flexibilität
Bei Rooftop-Einheiten handelt es sich um seriengefertigte, zertifizierte Produkte mit einer hohen Fertigungsqualität, Modularität und Standardisierung. Sie werden im Werk einem Testlauf unterzogen, bei dem Kältemaschine, Luftbehandlung, Abluft, Wärmerückgewinnung und Regelung gleichzeitig geprüft werden.
Hersteller bieten verschiedene Optionen an, beispielsweise mit Elektroheizung, Gasbrenner oder Wasserregister, für unterschiedliche Luftvolumenströme und mit unterschiedlichen Kälte- bzw. Heizleistungen. Jedoch ist bei Rooftop-Einheiten nicht die gleiche Flexibilität sowie Individualisierung wie bei Lüftungsgeräten möglich, wo explizit auf Kundenwünsche- und Anforderungen eingegangen werden kann, was die Abmessungen, die Schallanforderungen oder den Schaltschrankbau nach Werksnorm anbelangt.
Eine Entfeuchtung ist systembedingt nur in den Einsatzgrenzen des Kälteprozesses möglich. Hingegen muss – soweit gefordert – eine Befeuchtung im Allgemeinen über einen externen Befeuchter erfolgen. Dies gilt auch für eine Fettabscheidung und eine Geruchsneutralisation, die ebenfalls über weitere Komponenten im Kanalnetz realisiert werden müssen. Generell ist eine Abluftreinigung im industriellen Umfeld nur begrenzt möglich. Hygieneausführungen für Krankenhausanwendungen mit Erfüllung der VDI 6022 sind mit Rooftops nicht möglich.
Effizienz
Bezüglich der Effizienz ist bei Rooftop-Einheiten positiv zu bewerten, dass die Kälteerzeugung als unabhängiges Modul auf dem Grundrahmen montiert ist. Die Kompressionskälte- und -wärmeerzeugung führt somit nicht zu luftseitigen Druckverlusten, die stärkere Ventilatoren kompensieren müssen, wie das beispielsweise bei Lösungen mit Lüftungsgeräten der Fall ist.
Durch die Direktverdampfung und -kondensation sind kein weiterer Wärmeübergang – wie bei wasserbeaufschlagten Registern – und keine Pumpen notwendig, Verteilverluste entfallen vollkommen. Effizienzkennzahlen geben Auskunft über das gesamte System. In diesem Punkt beweisen Rooftop-Einheiten ihre Stärke.
Lüftungsgeräte dagegen bieten bei der Wahl und Auslegung der Wärmerückgewinnung, bei der Verschaltung sowie bei der Möglichkeit der indirekten adiabaten und sorptionsgestützten Kühlung mehr Möglichkeiten, die Effizienz positiv zu beeinflussen. Eine pauschale Aussage, welche Bauart effizienter ist, und ein Vergleich der Betriebskosten lässt sich somit nicht vornehmen.
Montage und Inbetriebnahme
Da es sich bei Rooftops um standardisierte Geräte handelt, ist der Planungsprozess sowohl durch vorhandene Dokumente und Daten im klassischen DWG-Format als auch durch die Möglichkeit zur Nutzung BIM-fähiger Software vereinfacht. Schnittstellen mit beteiligten Gewerken reduzieren sich. Abmessungen und Gewicht sind in der Regel geringer als bei Lüftungsgeräten.
Rooftop-Einheiten werden als eine Komponente geliefert, wodurch sich die Montage deutlich vereinfacht und beschleunigt. Sofern gewünscht, kann ein sogenannter Roofcurb oder Dachrahmen mit- oder vorab geliefert werden. Er muss lediglich positioniert und ausgerichtet werden, weshalb sich die Montagezeit verkürzt.
Aufgrund des Werksprobelaufs und des stimmigen Standardkonzepts verkürzt sich die Inbetriebnahme im Vergleich zu einem Lüftungsgerät. Es ist weniger Kältemittel erforderlich und der Fertigungsstandard ist höher als bei einer Kälteverrohrung auf der Baustelle. Die Wartung kann von einem Servicetechniker des Herstellers durchgeführt werden. Aufgrund der kompakten Bauweise können je nach Maschinenkonfiguration reduzierte Wartungsfreiräume vorzufinden sein.
Eine Rooftop-Ausführung ist fast nur noch als Wärmepumpe erhältlich, reine Kälteausführungen verlieren aufgrund höherer Kosten bei Lagervorhaltung und Zertifizierung immer mehr an Bedeutung. Der Einsatz einer Wärmepumpe ist somit besonders in den Übergangszeiten Frühling und Herbst vorteilhaft.
Investitionskosten
Aufgrund der Serienfertigung und der kompakten, mit einem geringen Materialaufwand verbundenen Bauweise kann man bei Rooftop-Einheiten gegenüber Lüftungsanlagen von einer Reduzierung der Investitionskosten um 30 bis 50 Prozent ausgehen. Werden die Projekt- und Kundenanforderungen durch eine Rooftop-Einheit erfüllt, ist dies bezüglich der Investition die deutlich kostengünstigere Variante. Aussagen zu den Betriebskosten sind immer projektspezifisch zu ermitteln und pauschal nicht möglich.
So funktioniert eine Rooftop-Einheit
Winterfall: Die linke Grafik verdeutlicht das Funktionsprinzip einer Rooftop-Einheit im Winter. Bei 100 Prozent Umluft (RCA) ist der Rotationswärmetauscher außer Betrieb, die Wärmepumpe erwärmt die Zuluft (SUP) von 20 auf 23 Grad Celsius.
Bei 50 Prozent Umluft (RCA) und 50 Prozent Außenluft (ODA) läuft das Wärmerückgewinnungsrad und erwärmt die Außenluft (ODA) von minus 10 auf plus 10 Grad Celsius. Durch die Mischung mit der 20 Grad Celsius warmen Abluft (ETA) entsteht eine Mischlufttemperatur von 15 Grad Celsius. Die Wärmepumpe erwärmt sie auf 23 Grad Celsius Zuluft (SUP).
Bei 100 Prozent Außenluft (ODA) wird die Außenluft von minus 10 auf plus
8 Grad Celsius erwärmt. Durch die Wärmepumpe erfolgt dann eine Erwärmung auf 23 Grad Celsius Zulufttemperatur.
Sommerfall: Auch im Sommer, wie in der rechten Grafik dargestellt, ist bei 100 Prozent Umluft (RCA) der Rotationswärmetauscher aus, die Zuluft (SUP) wird durch die Kältemaschine um fünf Kelvin auf 18 Grad Celsius gekühlt.
Bei 50 Prozent Umluft (RCA) und 50 Prozent Außenluft (ODA) ist der Rotationswärmetauscher in Betrieb und kühlt die Außenluft (ODA) von 35 auf 25 Grad Celsius ab. Die restliche Kühlung auf 18 Grad Celsius Zuluft (SUP) erbringt die Kältemaschine.
Bei 100 Prozent Außenluft wird die Außenluft über die Kälterückgewinnung auf 27 Grad Celsius gekühlt. Durch die Kältemaschine erfolgt dann die weitere Abkühlung auf 18 Grad Celsius Zulufttemperatur. Abhängig von der Verdampfungstemperatur kann in diesem Fall die Entfeuchtung beeinflusst werden. Um eine ausreichende Temperatur- und Feuchteregelung zu erreichen, wird der Einsatz von drehzahlgeregelten Scrollverdichtern sowie Multiverdichteranwendungen empfohlen.
Der Autor Lars Keller ist gelernter Zentralheizungs- und Lüftungsbauer. Er ist Sachkundiger für Wärmepumpensysteme nach VDI 4645 und hat 20 Jahre Erfahrung in der Projektierung und im Vertrieb von Kälte- und Klimaanlagen und Wärmepumpen.