Kältemittel: Ist Ammoniak eine Alternative zu R134a?
Diplom-Ingenieur Jan H. Engeland setzt sich schon eine ganze Weile mit natürlichen Alternativen auseinander. Er ist Inhaber von Engeland Engineering, einem Bremer Ingenieurbüro für industrielle Klima- und Kältetechnik. Zur derzeitigen Marktentwicklung sagt er: "Natürliche Kältemittel bieten eine ganze Reihe an Vorteilen. Sie sind einfacher, günstiger, verfügbar und zukunftsfähig. Dafür sorgen Lieferanten, die überwiegend auf Industrieniveau arbeiten."
Vorbehalte gegen natürliche Kältemittel wie Ammoniak teilt er nicht. "Es heißt häufig, Ammoniakanlagen seien giftig, teuer und kompliziert“, sagt er. Ich habe dagegen über die Jahre die Erfahrung gemacht, dass, wer Ammoniak kennt, nichts anderes mehr verwenden wird."
Dennoch tendierten viele Unternehmen dazu, Kaltwassersätze als natürliche Alternative zu bevorzugen, beobachtet Engeland. Diese Entwicklung sieht er kritisch: Die Installation eines Kaltwassersatzes scheint erst einmal eine schnelle Lösung zu sein, bei der alle Lieferanten mitmachen können. Spezialwissen für die Installation dieser Anlagen ist nicht erforderlich. Bei der ganzheitlichen Betrachtung von der Kondensation bis hin zur Kühlstelle stellen Fachleute jedoch schnell fest, dass diese standardisierten Kaltwassersätze deutlich ineffizienter und auch in der Investition teurer sind als individuell gefertigte Anlagen mit einem natürlichen Kältemittel.
Ammoniakanlagen bis zu 30 Prozent günstiger
"Individuell gefertigte Ammoniak-Anlagen sind bei der Investition bis zu 30% günstiger als eine Lösung mit Standard-Kaltwassersätzen“, erklärt Engeland. Gleiches gelte für den laufenden Betrieb. Funktioniere dann auch noch die Zusammenarbeit von Kälte und Technischer Gebäudeausrüstung (TGA), könne ein Fachmann durch geeignete Steuerung hervorragende Effizienzgrade realisieren, weiß Engeland aus Erfahrung.
Die häufig ins Feld geführten Risiken, die mit Ammoniak verbunden werden, sind dagegen überschaubar. Es besitzt einen charakteristischen, stechenden Geruch mit hoher Warnwirkung und ist bereits ab einer Konzentration von 3 mg/m³ in der Luft wahrnehmbar. Daher tritt die Warnwirkung lange vor einer gesundheitsschädlichen Konzentration ein. Ammoniak ist zudem leichter als Luft und steigt deshalb schnell auf. Außerdem ist es nur schwer entflammbar. Die erforderliche Zündenergie ist 50-mal höher als die von Erdgas, und ohne Stützflamme brennt Ammoniak nicht weiter.
Umstieg einfacher als gedacht
Ein Umstieg von synthetischen zu natürlichen Kältemitteln angesichts dieser Vorteile ist einfacher als viele denken. "In der Regel lassen sich Anlagen mit natürlichen Kältemitteln wie Ammoniak einfach und effizient in bereits bestehende Installationen integrieren", so Engeland. Er selbst hat bereits zahlreiche derartige Umrüstungen erfolgreich vorgenommen. Das gelte im Übrigen auch für Wärmepumpen, erklärt Engeland: Wärmepumpen sind, einfach gesprochen, Kälteanlagen, bei denen die warme anstatt der kalten Seite genutzt wird. Neben den klassischen Wärmequellen Wasser, Geothermie und Luft sind auch Wärmepumpen mit natürlichen Kältemitteln effizient in bestehende Kälteanlagen integrierbar und somit sehr flexibel.
Schließlich bringt die Umrüstung auch einen handfesten finanziellen Vorteil abgesehen von der verbesserten Wirtschaftlichkeit: Das Bundesumweltministerium fördert im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative die Errichtung neuer oder die Sanierung bestehender Kälte- und Klimaanlagen mit natürlichen Kältemitteln mit nicht rückzahlbaren Zuschüssen.
Wärmepumpen fallen ebenfalls unter diese Förderung. Förderfähig sind auch Ammoniakanlagen mit einer elektrischen Leistung des Verdichters von fünf bis 200 kW. Förderungen von bis zu 50 Prozent der förderfähigen Ausgaben sind hier möglich. Und nicht zuletzt tue man mit einer Umrüstung auch der Umwelt etwas Gutes, so Engeland: Die Verringerung der Treibhausgasemissionen durch Kältemittel ist ein wichtiger Bestandteil der Klimawende.
Dieser Artikel von Jan H. Engeland ist zuerst erschienen in KK 12/18. Engeland ist Inhaber von Engeland Engineering in Bremen.