Hallenbeheizung mit Wärmepumpen: Drei Beispiele aus der Praxis
„Eine Wärmepumpe ist zeitgemäß“, begründet Wimmi-Firmenchef Torsten Schreiter, warum er seinen neuen Bürokomplex und die ebenfalls 2019 errichtete Industriehalle in Kirrlach zwischen Bruchsal und Speyer von zwei Luft/Wasser-Wärmepumpen mit je 40 Kilowatt Leistung beheizen lässt. Die beiden in Kaskade geschalteten Heizaggregate stehen zwar außen, wärmen aber innen insgesamt 2000m2 Fläche – die Büros über eine Fußbodenheizung, das Lagergebäude mit zwei elf Meter hohen Hallenteilen über eine Betonkerntemperierung.
Dazu zirkuliert die Wärme durch ein Rohrleitungsnetz, das 30 Zentimeter tief durch den Betonboden der Industriehalle verläuft. Der Vorteil dieser Art der Beheizung: Die Wärme verteilt sich gleichmäßig in der Halle. Das weiß auch Schreiter: „Bei Deckenstrahlern wird es den Mitarbeitern oben zu heiß, wenn sie beispielsweise auf Hebebühnen arbeiten, und unten ist es ihnen zu kalt.“
Ein weiterer Vorteil der Betonkerntemperierung: Sie kommt mit geringen Systemtemperaturen aus. So genügt bei der Halle vonWimmi selbst bei Außentemperaturen von minus 11 °C eine maximale Vorlauftemperatur von 38 °C. Ab Minusgraden von 20 °C muss ein im 1000-Liter-Pufferspeicher steckender Heizstab die Wärmepumpen von Max Weishaupt bei der Energieerzeugung unterstützen.
1995 als Montageunternehmen gegründet, baut Wimmi heute vor allem Anlagen für die Chemie-, Lebensmittel- und Pharmaindustrie. „Die Heizanlage zeichnet sich besonders durch eine sehr gleichmäßige Wärmeverteilung im gesamten Gebäude mit einer geringen erforderlichen Wärmeleistung von etwa 30 Watt pro Quadratmeter aus“, sagt Schreiter. Für ihn gehen Ökologie und Wirtschaftlichkeit mit der Wärmepumpen-Kaskade Hand in Hand: „Außer bei den CO₂-Emissionen sparen wir auch bei den Betriebskosten.“
Wimmi und Härdle: Wärme strömt durch Hallenboden
Nicht weit von Kirrlach, im 20 Kilometer entfernten Bruchsal, benötigt auch der Verpackungsservice von Wolfgang Härdle viel Lagerraum und einiges an Heizenergie, um diesen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angenehm zu temperieren. Wie Wimmi setzt Härdle in seinen Arbeitshallen auf eine thermische Bauteilaktivierung. Bei Härdle liefern zehn Wärmepumpen die notwendigen Temperaturen in mehrere Kilometer lange Rohrleitungen in den beiden Logistikhallen.
Dort liegen in den Regalen unter anderem Ersatzteile für Landmaschinen. Insgesamt lagert die Firma in den beiden Lagergebäuden, in einem Zwischen- und einem Außenlager 11 000 verschiedene Teile. Kartons stapeln sich, in die Härdle die Produkte für seine Auftraggeber zum Versand verpackt und liefert. Seit 2000 hat die Firma ihren Standort immer wieder erweitert und unter anderem ein neues Logistikzentrum gebaut. Mittlerweile beschäftigt sie 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
2008 ließ Härdle die erste Wärmepumpen-Kaskade installieren: drei Sole/Wasser-Wärmepumpen von Viessmann mit je 75 kW Leistung. Sie holen sich ihre Energie aus drei Brunnen: 10 °C warmes Grundwasser. 15 000 Liter kann eine Wärmepumpe bei voller Leistung fördern. Über 134 Sickerkörbe fließt das auf 5 °C abgekühlte Wasser zurück in den Boden. Weil Härdle keine Genehmigung für weitere Sickerbrunnen bekommen hat, musste er sich vor fünf Jahren beim Bau der zweiten Halle für eine andere Technologie entscheiden. Die sieben Luft/Wasser-Wärmepumpen waren an einem Tag über das offene Dach des noch nicht fertig gestellten Baus eingezogen. Die Viessmann-Geräte liefern jeweils 18,5 kW Power.
Härdle hat sich nicht nur Gedanken über seine Wärmeversorgung gemacht, sondern auch darüber, wie er die Wärmeerzeuger mit Strom versorgt. Zwei Photovoltaikanlagen mit zusammen 410 kW liegen dafür auf den Hallendächern. „Im Sommer liefern sie 75 Prozent des benötigten Stroms, im Winter zwischen 20 und 25 Prozent“, berichtet der Firmenchef zu seinen Erfahrungen mit den Solaranlagen. Zu ihnen gesellt sich ein solarthermisches System. Die Sonnenkollektoren erwärmen das Trinkwasser im Verpackungsbetrieb.
Gienger: Wärme strahlt von der Decke
40 Minuten E-Autofahrt weiter nördlich in Mannheim zählt das Unternehmen Wilhelm Gienger in Mannheim zu den führenden Haustechnik-Großhändlern in der Rhein-Neckar-Region. Die Firma gehört zum international tätigen SHK-Großhandelsverbund GC-Gruppe. Während Wilhelm Gienger in seinem Sortiment sämtliche Heiztechnologien führt, entschieden sich die Verantwortlichen beim Neubau des Firmengebäudes für Wärmepumpen zur Kälte- und Wärmeversorgung.
Es gibt einiges zu versorgen: Im Erdgeschoss zur Straßenfront befindet sich ein 1200m2 großes Abhollager für das SHK-Handwerk. Daran schließen sich ein SHK-Lager sowie Parkplätze und ein Freilager an. Im Obergeschoss zur Straßenfront ist die Sanitärausstellung aufgebaut. In den zwei Stockwerken über dem Warenausgangsbereich finden sich Büros und Schulungsräume. Dort strahlt die Wärme von der Decke. Warum das so ist, erklärt Rainer Theobald, Bereichsleiter Heizung: „Die Deckenheizung bietet den Vorteil, dass Wärme und Kälte sehr gleichmäßig in den Raum abgegeben werden.“
Um die Energie zu verteilen, sind im Gebäude insgesamt 23.000m2 mit Fußbodenheizungen sowie der Deckenheizung und -kühlung ausgestattet. Vier reversibel zu betreibende Luft/Wasser-Wärmepumpen von Dimplex mit Heizleistungen von je 55,3 kW und einer Kühlpower von jeweils 72,7 kW teilen sich die Hauptarbeit. Im Notfall springen zwei Gas-Brennwertkessel ein. Ein Wärmespeicher mit 2000 Liter Volumen und eine 215-kW-Photovoltaikanlage ergänzen das Heizenergiekonzept. Es zeigt, wie die beiden anderen Beispiele aus der Rhein-Neckar-Gegend, dass Wärmepumpen auch in Gewerbegebäuden und Industrielagen ihre Arbeit zeitgemäß verrichten können.
Kaskadenanlagen: Wie Wärmepumpen als Team heizen
Kaskadenanlagen bringen bei großen Verbrauchern vor allem zwei Vorteile: Die Heizleistung lässt sich variabel an den Wärmebedarf anpassen und beim Ausfall eines Kessels kann die Heizung mithilfe der übrigen Geräte weiter Wärme liefern. Damit die Taktik aufgeht, braucht es wie beim Fußball eine vernünftige Auf- und Einstellung der Heizaggregate.
Auf dem Platz gewinnt selten das Team, bei dem alle Mitspieler blind aufs gegnerische Tor stürmen. Den Sieg erringt, wer sich taktisch klug auf dem Spielfeld bewegt und sich das Spielgerät sicher zupassen kann. Ähnliches gilt für Kaskadenanlagen. Es bringt keinen energetischen Gewinn, wenn die einzelnen Kessel nicht vernünftig miteinander kommunizieren können und sich beim gemeinsamen Heizauftrag nicht abstimmen. Wie beim Fußballspiel ein guter Trainer das Spiel von außen überblickt und seine Anweisungen ins Feld ruft, so weiß die Steuerung bei einer Kaskadenanlage, wie viele und welchen Kessel es braucht, um den Wärmebedarf bestmöglich zu decken, sodass sie die entsprechenden Geräte ins Spiel bringen kann.
„Damit kann die Effizienz des gesamten Heizsystems erhöht werden“, schreibt der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) in seiner Publikation „Gewerbeobjekte und Industrieanlagen mit Wärmepumpe“ zu den Vorteilen eines flexiblen Anlagenbetriebs. Ferner würde sich durch die Reihenschaltung von mehreren Wärmepumpen ein höheres Temperaturniveau im gesamten Heizsystem ergeben, was für industrielle Prozesse interessant sein könne.
Manche Hersteller bauen einen Kaskadenmanager in die Systemregelung ihrer Geräte mit ein. Über ein Buskabel werden die einzelnen Wärmepumpen miteinander verbunden. Bei der neuen Kaskadenregelung für Wärmepumpen von Max Weishaupt beispielsweise lässt sich jedes Gerät in ein Energiemanagement-Portal einbinden, um die Kaskade über das Internet mit dem Computer, einem Smartphone oder einem Tablet bedienen und überwachen zu können.
Heizungsbetrieben bietet das Portal unter anderem die Möglichkeit, auf alle Anlagenparameter, die Fernüberwachung und die Steuerung zugreifen zu können und sich Energiebilanzierung und Verbräuche anzeigen zu lassen. Die Industrieunternehmen können mit einer App beispielsweise Heizprogramme oder Temperaturen ändern – und auf diese Weise dem Zusammenspiel des Wärmepumpen-Teams die Richtung vorgeben.
Dieser Beitrag von Joachim Berner ist zuerst erschienen in GEB 4/2021.