Muss eine außen aufgestellte Wärmepumpe befestigt werden? Das sagt der Gutachter
Bei der Wärmepumpe handelte es sich um ein OEM-Produkt, was bedeutet, dass der Verkäufer die Wärmepumpe diese nicht selbst herstellt, sondern von einem anderen Hersteller kauft und sie eventuell mit bestimmten Veränderungen (z.B. anderer WP-Regler) in sein Verkaufssortiment aufnimmt. Das ist nicht unüblich, vor allem, wenn es sich um Wärmepumpen größerer Bauart mit geringeren Stückzahlen handelt.
Die gesamte Schadenssumme betrug ca. 26.000 Euro. Die Wärmepumpe wurde unkompliziert ausgetauscht und der Bauherr konnte glücklicherweise den Schaden über seine Versicherung regulieren.
Versicherung will Geld zurück - muss die Wärmepumpe verankert werden?
Nun könnte man annehmen, dass damit die Sache schnell und einfach abgewickelt wurde. Falsch, denn das eigentliche Drama begann damit, als die Versicherung vom Bauträger die Schadenssumme zurückerstattet haben wollte, weil aus ihrer Sicht die Wärmepumpe „entgegen dem anerkannten Stand der Technik nicht verankert wurde“. Es wurde Klage erhoben und das Gericht bestellte einen öffentlich bestellten Sachverständigen für Heiz- und Raumlufttechnik zwecks Erstellung eines Sachverständigen- Gutachtens.
In den Fragen zum Beweisbeschluss ging es weiter darum, ob Wärmepumpen nach dem anerkannten Stand der Technik im Außenbereich auf einem Sockel zu verankern sind oder ob es auf einen konkreten Typ der Wärmepumpe entbehrlich war, eine Verankerung vorzunehmen, wer für diese Verankerung verantwortlich ist und ob diese Verankerung auch für den Ausnahmefall Tornado standgehalten hätte.
Der beauftragte Sachverständige ist in seinem 54-seitigen Sachverständigengutachten sehr ausführlich auf die Fragen zum Beweisbeschluss eingegangen. Zunächst bestätigte er, dass laut Unterlagen des Wärmepumpenlieferanten eine Befestigung der Wärmpumpe am Fundament nicht ausdrücklich vorgeschrieben wurde. Auch in der Montageanleitung des Herstellers wurde zum Zeitpunkt der Planung und Montage der Wärmepumpenanlage keine Befestigung am Fundament vorgeschrieben.
Wer ist für die Verankerung verantwortlich?
Weitaus komplizierter gestaltete sich die Frage, wer für eine eventuelle Verankerung verantwortlich ist. Hierbei ging der Sachverständige intensiv auf die Sächsische Bauordnung und auf die Baugenehmigung ein. Dabei kam er zum Ergebnis, dass bei der streitgegenständlichen Wärmepumpe nach den gültigen Vorschriften ein Standsicherheitsnachweis hätte erbracht werden müssen und dass dieser nach seinen Darlegungen ergeben hätte, dass die Standsicherheit nicht gegeben wäre.
Würde das Gericht diesen Darlegungen folgen, würde das einem Grundsatzurteil für die Aufstellung außen aufgestellter Wärmepumpen entsprechen, wonach für alle diese Wärmepumpen ein Standsicherheitsnachweis zu erbringen wäre, was der Installateur aus fachlicher Sicht allein gar nicht könnte. Anders ausgedrückt, der Installateur müsste für jede außen aufgestellte Wärmepumpe mit Hilfe eines Statikers einen Standsicherheitsnachweis erbringen. Das würde nicht nur zusätzliche Kosten, sondern erheblich mehr Bürokratie beim Einsatz von außen aufgestellten Luft- Wärmepumpen und Klimageräten erfordern.
Die beklagte Partei empfand das Gutachten des vom Gericht bestellten Sachverständigen als überaus merkwürdig und beauftragte einen privaten Sachverständigen damit, das vorliegende Gutachten inhaltlich zu prüfen. Dabei wurde festgestellt, dass nicht eindeutig geregelt ist, ob außen aufgestellte Luft-Wärmepumpen unter bauliche Anlagen fallen, für die ein Standsicherheitsnachweis erforderlich ist.
Kipppunkt der Wärmepumpe liegt tiefer als gedacht
Unabhängig davon konnte der private Sachverständige nachweisen, dass beim vorgelegten Standsicherheitsnachweis davon ausgegangen wurde, dass es sich bei der betreffenden Wärmepumpe nicht um einen Baukörper mit gleichmäßiger Lastverteilung handelte, sondern, dass der Kipppunkt der Wärmepumpe infolge der unten angeordneten Verdichter und Baugruppen weitaus tiefer lag. Der Architekt des Bauträgers hatte hierzu die geniale Idee, dies anhand zweier selbst gefertigter Modelle mit unterschiedlichen Kipppunkten bildlich zu verdeutlichen.
Der Richter schien von dieser Demonstration sichtlich beeindruckt. Der clevere Anwalt der Beklagten stellte dem öffentlich bestellten Sachverständigen letztendlich noch die Frage, ob die Wärmepumpe mit Befestigung am Fundament bei einem orkanartigen Sturm keinen Schaden genommen hätte. Nachdem der Sachverständige dazu anmerkte, dass er nicht ausschließen kann, dass die Wärmepumpe trotz einer Befestigung bei einem orkanartigen Sturm beschädigt werden könnte, war wohl die Entscheidung gefallen, dass die Klage abgewiesen wird. Bevor wir ein Resumé ziehen, muss noch ergänzt werden, dass sowohl der Hersteller der Wärmepumpe, als auch der OEM- Vertriebspartner kurze Zeit später nach dem Vorkommnis ihre Montageanleitungen so geändert haben, dass die Wärmepumpe mit beigelegten Winkeln am Fundament zu befestigen sind (siehe Foto).
Wichtige Erkenntnisse und Schlussfolgerungen
- Der vom Gericht bestellte Sachverständige muss nicht immer mit seinen Bewertungen im Gutachten richtig liegen!
- Auch wenn in den Installations- und Montageanleitungen keine konkreten Festlegungen für eine Befestigung empfohlen werden, ist zu prüfen, ob eine zusätzliche Befestigung im Einzelfall dennoch sinnvoll ist.
- Sollen die inzwischen mehreren (über hundert) anderen ohne zusätzliche Befestigung installierten Wärmepumpen nachträglich befestigt werden und entspricht die nachträgliche Befestigung den Vorgaben der Hersteller bzw. wird sie von den Versicherungen akzeptiert.
- Ist es sinnvoll oder sicherer für eine außen aufgestellte Wärmepumpe generell einen Standsicherheitsnachweis zu erbringen?
- Es ist enorm wichtig, dass außen aufgestellte Luft- Wärmepumpen unbedingt in die erweiterte Haushaltversicherung einbezogen werden müssen!
- Dieser Vorfall zeigt eindeutig einen weiteren klaren Vorteil für innen aufgestellten Sole/Wasser- Wärmepumpen, indem sie unabhängig von Wetter- Kapriolen sicher funktionieren und nicht durch Witterungseinflüsse beschädigt werden können!
Hans-Jürgen Seifert ist Dipl.-Ing. (FH) für Luft- und Kältetechnik. Er ist Inhaber eines Ingenieurbüros für Wärmepumpensysteme und
rationelle Energieanwendung und erstellt als Privat- und Gerichtssachverständiger Gutachten zu Wärmepumpenheizungsanlagen.