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Stromspeicher-Inspektion 2023: Was können alternative Batteriesysteme?

Dittmar Koop
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Das Team der Forschungsgruppe Solarspeichersysteme der HTW Berlin hat kürzlich die neue Stromspeicher-Inspektion 2023 veröffentlicht. Seit nunmehr 6 Jahren geben die Berliner Forscher jährlich diesen Bericht heraus, der auf diesem Sektor praktisch zum Leitwerk geworden ist. In diesem Jahr ist nun das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit dabei. Gemeinsam nehmen sie in einem neuen Kapitel zwei Alternativen zu Lithium-Ionen-Systemen unter die Lupe. Diese kommen (noch) relativ schlecht weg.  

Mit der Stromspeicher-Inspektion hält man nach wie vor den praktisch einzigen Vergleichsleitfaden auf wissenschaftlicher Basis für Solarstromspeicher in der Hand. Der besagt auch, dass sich innerhalb von fünf Jahren der Marktanteil von Lithium-Eisenphosphat-Batterien verdoppelt hat, auf nunmehr knapp 70% im Jahr 2022. Lithium ist bekanntermaßen ein knappes Element. Für die Produktion von Lithium-Ionen-Batterien sind laut Energieversorger EnBW bis 2028 gigantische Mengen an Lithium nötig.

Die Stromspeicher-Inspektion ist in ihrer sechsten Auflage erschienen. Sie ist inzwischen so eine Art TÜV der technischen Entwicklungen am Solarstromspeichermarkt.

Alternative Speichersysteme in einem neuen Kapitel

Forschung und Industrie sind aber schon lange auf der Suche nach Alternativen. Namentlich sind dies v. a. Natrium-Ionen-, Natrium-Nickelchlorid- und Redox-Flow-Speichersysteme. Ein neues Kapitel in der Inspektion 2023 ist, dass die HTW gemeinsam mit dem KIT im Labor zwei Natrium-Ionen- und Natrium-Nickelchlorid-Systeme untersucht hat und sie mit den Werten von Lithium-Ionen-Batterien der ersten Generation aus dem Jahr 2018 vergleicht. Die beiden alternativen Systeme (Natrium-Nickelchlorid mit laut Datenblatt des Herstellers 6,5 kWh Speicherkapazität und Natrium-Ionen-Batterie 4,0 kWh Speicherkapazität) werden anonymisiert untersucht, so dass offen bleibt, welche beiden Batteriespeicher hier konkret einer Prüfung unterzogen wurden.

Die Untersuchungen im neuen Kapitel alternative Batteriesysteme ergaben, dass die Alternativen technisch noch nicht mithalten können.

Diese Tests wurden durchgeführt

Eins der ersten Ergebnisse im Labortest war, dass die im Datenblatt angegebenen Speicher- und damit Abgabekapazitäten der beiden alternativen Systeme im Test nicht erreicht wurden. Die Nickelchlorid-Batterie gab durchschnittlich 5,8 kWh ab, so dass die Labormesswerte knapp 11% unter den Datenblattangaben lagen. Bei der Natrium-Ionen-Batterie war die Diskrepanz nicht ganz so groß (3,8 kWh).

Ergänzend zu den Effizienztests wurden die Systeme am KIT über mehrere Tage hinweg im Rahmen eines sogenannten Anwendungstests identischen Belastungsprofilen ausgesetzt. Zwischen Juli und Dezember wurde für jeden Monat zufällig ein Tagesprofil ausgewählt. Diese wurden im Anschluss zu einem sechstägigen Testprofil verkettet. Die Testprozedur startete mit einem nahezu unbewölkten Sommertag, gefolgt von drei wechselnd bewölkten Spätsommer- und Herbsttagen. Die beiden letzten Tage repräsentierten überwiegend bedeckte Wintertage. Das Verhalten der Speicher (Be- und Entladen) wurde dann minutiös aufgezeichnet und verglichen.

Es ging immer darum, auf wie viel und wie schnell die Systeme auf sogenannte Differenzleistung reagieren können, also auf die PV-Leistung, die nicht für den akuten Eigenstrombedarf benötigt wird und somit eingespeichert werden muss, um nicht ins Netz zu wandern.

Im Detail auch hinsichtlich einer konstanten Leistungsfähigkeit bei zunehmender Entladung. Hier fallen die alternativ untersuchten Systeme derzeit noch stark im Vergleich zu Lithium-Ionen ab.

Technik noch nicht ausgereift

Natürlich ist in allen verglichenen Systemen die Speicherkapazität begrenzt, so dass sich ggf. immer nur ein Teil des nicht unmittelbar nutzbaren PV-Stroms im Speicher zurückhalten lässt. Allerdings beschränkt auch die Höhe der Ladeleistung die Geschwindigkeit der Batterieladung. Im Test der HTW/KIT konnte das Lithium-Ionen-System an den sonnigen Tagen in sehr kurzer Zeit aufgeladen werden.

Die alternativen Batteriesysteme drosselten hingegen mit zunehmendem Energieinhalt die Ladeleistung. Ein weiterer Punkt: Effizienzverluste. Die Messergebnisse ergaben, dass die untersuchten Natrium-Nickelchlorid- und Natrium-Ionen-Batteriesysteme im Vergleich zu Lithium-Ionen-Systemen derzeit noch deutlich höhere Effizienzverluste einfahren.

Als Gründe dafür nennt die Stromspeicher-Inspektion vor allem die hohe AC-Energieaufnahme aus dem Netz, hohe Batteriespeicherverluste und niedrige Lade- und Entladeleistungen. Auch das beeinträchtige aktuell noch die Performance der alternativen Batteriesysteme, resümieren die Autoren.

Die alternativen Batteriesysteme erreichen derzeit deutlich noch nicht den Wirkungsgrad eines Lithium-Ionen-Systems. Verglichen wurde zudem mit einem solchen aus der Produktgeneration 2018, also dem Anfangsjahr der Stromspeicher-Inspektion.

Lithium-Systeme noch deutlich überlegen

Die HTW/KIT-Autoren kommen in ihrem neu eingeführten Kapitel zu dem Schluss, dass die seit vielen Jahren etablierten Lithium-Ionen-Batterien den alternativen Batterietechnologien in puncto Energieeffizienz derzeit noch deutlich überlegen sind. Die Speicherverluste der untersuchten Natrium-Ionen-Batterien sind laut HTW/KIT um das Fünffache höher als die von Lithium-Ionen-Batterien. Bei den untersuchten Natrium-Nickelchlorid-Batterien sind die Verluste sogar um den Faktor 7 höher.

Die Analysen zeigen außerdem, dass insbesondere die Natrium-Ionen-Batterien eine geringe Leistungsfähigkeit aufweisen, die zudem mit sinkendem Ladezustand annähernd linear abnimmt. Ist die Natrium-Ionen-Batterie zur Hälfte entladen, kann sie nur noch 40% der Maximalleistung abgegeben. Lithium-Ionen-Batterien können hingegen fast während des gesamten Entladevorgangs die volle Leistung zur Verfügung stellen.

Folgerichtig sind die vermiedenen Netzbezüge mittels eines Lithium-Ionen-Speichersystems verglichen zu den beiden Alternativen derzeit und auch noch deutlich am größten.

Fazit: Die Zeit wird kommen

Die Autoren geben bei der Analyse allerdings auch zu bedenken, dass die Lithium-Ionen-Technologie bereits seit mehreren Jahrzehnten intensiv erforscht, optimiert und auf dem Markt etabliert wurde. Natrium-Ionen-Zellen hingegen wären erst in den vergangenen 10 Jahren vermehrt in den Fokus der Forschung und Industrie gerückt und befänden sich daher noch in einer frühen Entwicklungsphase. Aufgrund der hohen Verfügbarkeit und der geringen Kosten des Rohmaterials blieben Natrium-Ionen-Batterien im Fokus. Weitere Verbesserungen hinsichtlich der verwendeten Materialien, der erreichbaren Energiedichten, der Leistungsfähigkeit sowie der Langlebigkeit seien indes sicher zu erwarten.

Dittmar Koop ist Journalist für erneuerbare Energien und Energieeffizienz.

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