Direkt zum Inhalt
Anzeige
Anzeige
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder
Print this page

So wird die Regenrückhaltung auf Flachdächern berechnet

Rainer Pieper

Noch lässt ein offizielles, normiertes Berechnungsverfahren auf sich warten. Aber die Praxis sieht sich tagtäglich mit der Aufgabe konfrontiert, Dächer mit Regenwasserrückhaltung zu planen und zu realisieren. ­Daher hat der Entwässerungsspezialist Sita ein ­eigenes Berechnungsverfahren entwickelt, das hilft, die Zeit bis zu einer DIN-basierten Regelung zu überbrücken.

Retention ist ein aktueller Hoffnungsträger. Dabei stellt sich die Frage, warum der Trend zur Regenwasserrückhaltung auf dem Dach erst jetzt an Fahrt gewinnt. Neben der verzögerten Einleitung der Regenspenden in überlastete Kanalisationen bietet dieses Verfahren eine Vielzahl von positiven Nebeneffekten, die sich gerade in Großstädten auszahlen (Bild A): Begrünte Dächer nehmen CO2 auf, binden Feinstaub und senken die Umgebungslufttemperatur. Ein Teil des Wassers, das sonst in die Kanalisation fließen würde, verdunstet.

A: Regenwasserrückhaltung und Entwässerung im Schneckentempo: Retention auf begrünten Flachdächern hat viele Vorteile.

Auf das Gleichgewicht kommt es an

Generelles Ziel ist es, Regenwasser zurückzuhalten und Abflussmengen zu mindern. Aber dabei gilt es, ein Gleichgewicht von Rückhaltung und Abfluss zu kalkulieren (Bild B). Falsch berechnete Rückhaltung lässt Dachbegrünungen versumpfen und belastet die Statik des Gebäudes, unter Umständen bis zur Extremgefährdung (Bild C).

Die bei der Erstellung eines Berechnungsverfahrens beteiligten Personen fragten sich natürlich auch, ob sie überhaupt entwässern müssen, wenn sie Regen zurückhalten wollen. Könnte es sinnvoll sein, Wasser zu 100 % auf dem flachen Dach zurückzuhalten und darauf zu hoffen, dass es von der Begrünung aufgenommen wird und der Rest einfach verdunstet?

Regenwasserrückhaltung auf dem Dach zu 100 Prozent?

Diese Hypothese wurde näherer Betrachtung unterzogen, jedoch bei der Analyse der statistischen Regendaten/-mengen am Beispiel Steinfurt wieder verworfen. In den Sommermonaten könnte dieses Rechenexempel noch funktionieren, aber in den Herbst- und Wintermonaten nicht mehr. Die in diesem Zeitraum verzeichnete Monatssumme der Niederschlagshöhe in Millimeter (Bild D) würde dazu führen, dass die Dächer „überlaufen“ und versumpfen.

Mit zunehmender Wasserlast erhöhen sich die Auswirkungen auf die Statik und auf die Gefährdung der Dachkonstruktion, die im Extremfall zum Einsturz von Dachflächen führen können. Des Weiteren steigen ebenfalls die Anforderungen an die Höhe des Dachaufbaus, die Höhe der Retentionsboxen und natürlich auch an die Abdichtung, weil gegen drückendes Wasser abgedichtet werden muss. All dies spiegelt sich zudem in steigenden Baukosten wider. Aus diesen Gründen ist es nicht sinnvoll, eine 100-prozentige Regenwasserrückhaltung auf dem Dach anzustreben.

D: Summe der Niederschlagshöhe in den Herbst- und Wintermonaten für das Beispiel Steinfurt.

Retentionsdach ist nicht gleich Retentionsdach

Das Ziel bei der Bemessung von Retentionsdächern ist, die Anstauhöhen und das Speichervolumen zu ermitteln, das auf dem flachen Dach zurückgehalten werden soll. Seine Wasserspeicher- und Regenwasserrückhaltefähigkeit hängt dabei von vielen Faktoren ab.

Einer der wichtigsten Faktoren ist das Porenvolumen. Eine begrünte speicherfähige Dachfläche hat ein anderes Porenvolumen als eine bekieste Dachfläche. Daraus lassen sich die Druckhöhen ermitteln, um die Retentionselemente festlegen zu können und auch die Dachgullys zu bestimmen. Letztendlich ist jedes Gründach in gewisser Weise ein Retentionsdach, aber bei einem Retentionsdach wird noch wesentlich mehr Wasser zurückgehalten.

Porenvolumen und Speichervolumen

Am Beispiel des Standortes Steinfurt lässt sich gut aufzeigen, welche Daten relevant sind (Bild E). Es wird von einer Dachfläche (ADges) mit 1.000 m² ausgegangen. Die Dachfläche verfügt über einen umlaufenden Kiesstreifen (AKies), der Kies hat ein Porenvolumen von ca. 30 %.

Wichtig bei der Bemessung sind überdies Lichtkuppeln und Aufbauten (ALK), die bei der späteren Berechnung in Abzug gebracht werden müssen, da sie keine Rückhalteräume darstellen. Im genannten Beispiel wurden des Weiteren die Retentionselemente Green RWR 100 des Unternehmens Bauder eingeplant, die über ein Hohlraumvolumen von 95 % verfügen. Zu berücksichtigen ist ebenfalls der Drosselabfluss (QDR), also die Einleitbeschränkung der Kommune, der hier bei 1,0 l/s liegt.

Das Speichervolumen (VDR) ergibt sich aus der Subtraktion vom größten anzunehmenden Volumen aus den Regenereignissen zwischen fünf Minuten und sieben Tagen, abzüglich des Drosselabflusses (Bild F).

Regenspende nach Kostra-DWD als Basis

Datenbasis aller Berechnungen ist Kostra-DWD-2020, ein Starkregenkatalog, der vom Deutschen Wetterdienst (DWD) herausgegeben wird. In der Tabelle lassen sich die Regenereignisse der Dauerstufe D, also von fünf Minuten bis zu sieben Tagen, ablesen (Bild G). Dort ist etwa in erster Zeile ein 5-minütiges Jahrhundertregen­ereignis zu sehen, das innerhalb von fünf Minuten 780 l Regen pro Sekunde und Hektar bringt.

Ein 7-tägiges Starkregenereignis geht mit 2,6 l/(s*ha) in die Berechnung ein. Für jede Dauerstufe wird das Speichervolumen ermittelt. Der Extremwert markiert das größte anzunehmende Regen­ereignis. Der Extrempunkt des genannten Beispiels zeigt sich bei 240 Minuten. Das ist das größte zu erwartende Regenereignis mit dem größten zurückzuhaltenden Speichervolumen, das hier bei einem Wert von 60,61 m³ liegt (Bild H).

Speicherfähig oder nicht?

Ist das Speichervolumen errechnet, gilt es, die speicherfähigen Flächen zu ermitteln. Lichtkuppelflächen und Dachaufbauten, also alle nicht speicherfähigen Flächen, müssen in Abzug gebracht werden (Bild I). Im Beispiel ergibt sich eine Rückhaltefläche (ARetD) von 900 m². Weiterhin müssen alle bekiesten Flächen in Abzug gebracht werden, unter denen keine Retentionselemente verbaut sind. In diesem Fall hat das Dach eine Fläche von 764 m² mit Retentionselementen (ARE).

Bei der Berechnung des Retentionsaufbaus kommt es jetzt auf das Porenvolumen (pø) an (Bild J). In dem Beispiel wird mit einem Porenvolumen der Retentionselemente (pRE) von 95 % gerechnet. Dieser Wert kann aber herstellerabhängig anders ausfallen. Bei der Kiesumrandung, auch abhängig vom eingesetzten Baustoff, wird das Porenvolumen des Kieses (pKies) mit 30 % angesetzt.

Zusammengefasst heißt dies: Es ist zu berücksichtigen, dass unterschiedliche Materialien mit unterschiedlichen Speicherfähigkeiten zum Einsatz kommen. Daraus lassen sich dann die Druckhöhen ermitteln (Bild K).

Die 20-Meter-Regel

Bei der Wahl der passenden Dachabläufe ist die DIN 1986-100, Pkt. 14.2.6, zu berücksichtigen. Hier wird vorgegeben, dass der Abstand von ­Gully zu Gully nicht größer als 20 m sein soll. Daraus folgt, dass pro 400 m² ein Dachablauf/Notablauf zu platzieren ist. Bei einer Fläche von 1.000 m² müssen somit drei Gullys eingeplant werden. Im genannten Beispiel kommt die Drosseleinrichtung Retention Fix des Unternehmens Sita zum Einsatz.

Entsprechend dem Rechenbeispiel darf der Drosselabfluss max. 1,0 l/s betragen, woraus sich ergibt, dass jeder Gully auf 0,33 l/s bei einer Stauhöhe/Wassersäule von 79 mm gedrosselt wird. Bei der Wahl des passenden Retentionsgullys helfen Tabellen und ein Berechnungsprogramm, ebenso wie der Berechnungsservice des Entwässerungsspezialisten, der projektbegleitend konsultiert werden kann. Dieser Service ist kostenlos, bringt Arbeitserleichterung und auch Rücken­deckung bei der doch recht komplizierten Retentionsberechnung.

Bei der Notentwässerung verhält es sich ähnlich. Gegeben ist die Fläche und das Regenereignis, was zu dem Ergebnis führt, dass erneut drei Gullys erforderlich sind, hier allerdings mit einer Ablaufmenge von 1,6 l/s. Die Entwässerung bei 11 mm Druckhöhe am Notablauf übernehmen drei Attikagullys Indra mit Anstauring, die frei auf schadlos überflutbare Flächen entwässern (Bild L). Unabhängig davon, ob sie mit Speier oder mit Fallrohr ausgestattet sind, ist immer wichtig, dass die Notentwässerung frei auf schadlos überflutbare Flächen führt. Abschließend lässt sich aus den errechneten Druckhöhen die maximale Stauhöhe auf dem Dach und damit auch die Statik ermitteln.

L: Beispieltabelle für die Bestimmung des Dachgullys für die Notentwässerung.

Resümee

Neben dem hier vorgestellten und von Sita entwickelten vereinfachten Berechnungsverfahren lassen sich begrünte Retentionsdächer auch mit den entsprechenden Programmen für die Berechnung von Speicherbauwerken, etwa Kosim oder Storm, simulieren. Retention auf dem Flachdach ist eine noch recht junge Technik, mit der man auf die Forderungen der Zeit reagieren kann. Daher empfiehlt es sich, die Berechnungsservices der Hersteller zu nutzen. Das Unternehmen aus Rheda-Wiedenbrück liefert beispielsweise nicht nur eine sichere Berechnung, sondern auch komplette Materiallisten und auf Wunsch auch Produktdaten im BIM-­fähigen Format.

Das könnte Sie auch interessieren

Mehr zu diesem Thema
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder