8 Fehler in der Planung oder Ausführung von Rückstausicherungen
Häufige Starkregenereignisse überall in Deutschland führen die Dringlichkeit von Rückstausicherungen in Gebäuden vor Augen. Oft ist kein Rückstauschutz vorhanden, manchmal sind vorhandene Sicherungen fehlerbehaftet. Wir sprachen darüber mit dem Experten Andreas Molitor von der Kessel SE + Co. KG. Was in der Planung und der Ausführung von Rückstausicherungen leider gängige Fehler sind, haben wir nachfolgend in 8 Punkten zusammengefasst.

1. Der Rückstau ist nicht normgerecht abgesichert
In vielen Fällen werden Gebäude in Deutschland, gegen die Forderung der Regeln und Gesetze, überhaupt nicht vor Rückstau geschützt. Diese Gebäude haben Ablaufstellen unterhalb der Rückstauebene, die dann bei zurückdrückendem Abwasser aus dem Kanal den eigenen Keller fluten und hohe Schäden verursachen.
Ein häufiger Fehler, bei der Installation von Rückstausicherungen, hängt mit fehlenden Kenntnissen zum Leitungssystem zusammen. Das führt dann dazu, dass z. B. Regenflächen über Rückstausicherungen entwässert werden. Die goldene Regel bei der Planung von Entwässerungsanlagen ist seit Jahrzehnten, die Trennung von Regenwasser und häuslichen Abwässern im Gebäude. Ohne diese Trennung besteht die Gefahr, dass bei Rückstau Regenflächen in den Keller umgeleitet werden.


2. Falsch gewählte Rückstauschutz-Lösung
Grundsätzlich muss man bei Rückstausicherungen (Rückstauverschlüsse, Hybrid-Hebeanlagen oder klassische Hebeanlagen) zwischen fäkalienhaltigem und fäkalienfreiem Abwasser unterscheiden. Bei stärker verschmutzten Abwässern aus Toilette und Urinal werden Lösungen benötigt, die dafür geeignet sind. Im Falle des Rückstauverschlusses bedeutet das, dass keine frei pendelnden Klappen verwenden werden dürfen. Bei fäkalienhaltigem Abwasser fordert die Norm freien Durchgang, d. h. den zu 90 % offenen Querschnitt der Rohrleitung.
Das gewährleisten die Rückstauverschlüsse mit Steuerung, Sensorik und motorischer Verschlusseinrichtung, die im Normalbetrieb offenstehen und nur bei Rückstau motorisch schließen. Wenn man die günstigeren, einfachen Pendelklappen in Abwasserleitungen verbaut, die fäkalienhaltiges Abwasser führen, provoziert das Verstopfungen oder gefährdet den sicheren Schutz vor Rückstau. Aus Kostengründen werden diese einfachen Pendelklappen häufig falsch verwendet, was zu Problemen und Störungen führt. Rückstausicherungen sind nur bei richtiger Auswahl und ordentlichem Betrieb, für den geforderten Zweck, dauerhaft sichere Lösungen über Jahrzehnte.

3. Zu wenig Gefälle im Rohrsystem bei der Absicherung
Das richtige Gefälle hat einen wesentlichen Einfluss auf den sicheren Betrieb von Entwässerungsanlagen. Bei zu wenig Gefälle bleibt der Schmutz liegen und Verstopfungen werden provoziert. Bei zu viel Gefälle verschwindet das saubere Wasser und nimmt den Schmutz nicht mit, was ebenfalls zu Störungen führt. Die Normen fordern für unterschiedliche Schmutzwasserleitungen im und außerhalb des Gebäudes entsprechende Mindestgefälle. Am Beispiel einer Grundleitung im Gebäude ist das ein Mindestgefälles von 0,5 cm auf einen Meter. In diesem Zusammenhang spielen der Füllgrad der Leitungen und die Mindestfließgeschwindigkeit des Abwassers eine ebenso wichtige Rolle.
Welchen Einfluss fehlendes Gefälle auf eine Rückstausicherung mit Pendelklappen hat, kann man sich leicht vorstellen. Diese Klappen müssen vom Abwasserdruck geöffnet werden. Das funktioniert allerdings nicht, wenn das Abwasser zu wenig Gefälle hat und erst recht nicht, wenn diese Pendelklappen, gegen die Regeln, mit fäkalienhaltigem Abwasser konfrontiert werden.
4. Rückstauklappen bei zu großem Benutzerkreis
Eine genaue Definition der Anzahl von Menschen gibt es nicht. Grundsätzlich dürfen Rückstauverschlüsse nach Norm (DIN 1986-100) nur dort eingesetzt werden, wo der Benutzerkreis klein ist und ein WC oberhalb der Rückstauebene zur Verfügung steht. Außerdem muss man auf die Nutzung der Ablaufstellen im Rückstaufall verzichten können. Dieser kleine Benutzerkreis ist auf jeden Fall im Einfamilienhaus gegeben, dessen Keller der Hausbesitzer selbst nutzt.
Rückstauverschlüsse dürfen nicht im Gewerbebetrieb, für viele Nutzer, wie z. B. im Hotel, der Schule oder bei Regenwasser zum Einsatz kommen. Für diese Fälle werden Lösungen benötigt, die mit Pumpenenergie in der Rückstauzeit das Abwasser beseitigen. Das können Hybrid-Hebeanlagen oder auch die klassischen Hebeanlagen sein. Wer mehr Informationen zur Verwendung von Rückstausicherungen sucht, findet in dem Kommentar zur DIN EN 12056/DIN 1986-100 mehr Erläuterungen, als in den häufig kurzen Formulierungen der Norm.

5. Fehler beim Bau der Rückstauschleife
Die Regeln fordern, dass Druckleitungen von Hebeanlagen in einer Schleife über das Niveau der Rückstauebene geführt werden müssen. Nur diese Rückstauschleife verhindert im Rückstaufall sicher und dauerhaft das Zurückdrücken von Abwasser aus dem Kanal, über die Hebeanlage, in das Gebäude.
In vielen Fällen liegt die Kellerdecke in Gebäuden aber unter dem Niveau der Straßenoberkante, was die falsche Installation von Druckleitungen provoziert. Der Handwerker müsste in diesem Fall die Druckleitung durch die Kellerdecke hindurch ins Erdgeschoss und wieder zurückführen, um die Rückstauschleife normgerecht auszuführen. In der Praxis wird das aber immer wieder nicht berücksichtigt.

6. Ablaufstellen oberhalb der Rückstauebene werden falsch entwässert
Auch ein Thema der Leitungsführung sind die Entwässerungsgegenstände oberhalb der Rückstauebene. Diese müssen und dürfen nicht vor Rückstau geschützt werden, weil sie nicht vom Rückstau (Prinzip der kommunizierenden Röhren) betroffen sind. Im Bestand wird das häufig übersehen und diese Ablaufstellen werden dann fälschlicherweise über Rückstauverschlüsse oder Hebeanlagen entwässert. Das führt dazu, dass man diese Ablaufstellen oberhalb der Rückstauebene dann während der gesamten Rückstauzeit nicht mehr nutzen kann bzw. das Abwasser der oben liegenden Ablaufstellen im Rückstaufall in den eigenen Keller umgeleitet wird.


7. Einbaukonstellationen, bei denen Rückstausicherungen Gefahr laufen, dauerhaft oder zumindest länger unter Wasser zu stehen
Rückstausicherungen werden, vor allem in der Sanierung, häufig in bestehende Schachtsysteme auf dem eigenen Grundstück, verbaut. Diese bestehenden Schächte (häufig aus Beton) sind in vielen Fällen undicht und führen dann zur dauerhaften Überflutung der Rückstausicherungen. Rückstauverschlüsse mit motorischem Betrieb sind zwar nicht empfindlich, was Feuchtigkeit betrifft, dürfen aber nicht dauerhaft unter Wasser betrieben werden. Für den Einbau außerhalb von Gebäuden empfiehlt es sich, dauerhaft dichte Schachtsysteme aus Kunststoff (Polyethylen) zu verwenden.


8. Elektrische Komponenten nicht ordnungsgemäß abgedichtet
Grundsätzlich müssen Kabel, die in Schächte führen, dauerhaft dicht ausgeführt und verlängert werden. Eine einfache Feuchtraumdose, Lüsterklemmen oder Standard-Kabelverbinder sind keine geeignete Methode, um Kabel außerhalb von Gebäuden zu verlängern. Zu diesem Zweck gibt es spezielle Gießharz-Muffen, die Kabel dauerhaft dicht verlängern. Auch Steuerungen von modernen Hybrid- oder klassischen Hebeanlagen sind nicht wetterfest und müssen dauerhaft trocken und frostfrei montiert werden.
Dittmar Koop ist Journalist für erneuerbare Energien und Energieeffizienz.
Weiterführende bzw. grundlegende Infos zum Thema Rückstausicherung finden sich unter folgenden Links:
https://www.youtube.com/watch?v=pTO_jFPP3dU&t=4s
https://www.kessel.de/schutz-vor-rueckstau
https://www.youtube.com/watch?v=h5RsfLNaML4&list=PLrQr2jFxO73a-So3q7fYs…;