Energie-Osterpaket: Das sagt die Branche zur EEG-Novelle
Die Bundesregierung hat in ihrer Kabinettssitzung am 6. April 2022 das sogenannte Osterpaket von Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck verabschiedet, das zahlreiche gesetzliche Regelungen für den Klimaschutz und erneuerbare Energien neu fasst. Unter anderem sieht es einen beschleunigten Ausbau der EE vor.
Die wesentlichen Inhalte sind:
- Das EEG 2023 verankert das Ziel, dass die inländische Stromerzeugung bereits im Jahr 2035 nahezu treibhausgasneutral sein, also nahezu vollständig durch erneuerbare Energien erfolgen soll.
- Auf dem Weg nach 2035 wird das Ausbauziel für 2030 angehoben, und zwar auf einen Anteil erneuerbarer Energien von mindestens 80 Prozent am Bruttostromverbrauch, wobei dieser mit 750 TWh unterstellt wird. Daraus folgt, dass im Jahr 2030 insgesamt 600 TWh in Deutschland aus erneuerbaren Energien bereitgestellt werden sollen.
- Um das neue Ausbauziel für 2030 zu erreichen, werden die Ausbaupfade und Ausschreibungsmengen für die einzelnen Technologien festgelegt und deutlich angehoben. Bei der Windenergie an Land werden die Ausbauraten auf ein Niveau von 10 GW pro Jahr gesteigert, so dass im Jahr 2030 insgesamt rund 115 GW WindLeistung in Deutschland installiert sein sollen. Bei der Solarenergie werden die Ausbauraten auf ein Niveau von 22 GW pro Jahr gesteigert, so dass im Jahr 2030 insgesamt rund 215 GW Solar-Leistung in Deutschland installiert sein sollen. Die Ausbaupfade und Ausschreibungsmengen für die Windenergie auf See werden durch die parallele Novelle des Windenergie-auf-See-Gesetzes (WindSeeG) angehoben.
- Zur Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien in allen Rechtsbereichen wird im Erneuerbare-Energien-Gesetz der Grundsatz verankert, dass die Nutzung erneuerbarer Energien im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient.
Die Klima- und Energiebranche sieht die EEG-Novelle positiv, kritisiert aber auch einige Punkte.
Branchenstimmen zum Energie-Osterpaket
Deutsche Energie-Agentur
Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur (dena), kommentiert:
„Mit dem Osterpaket legt die Bundesregierung ein umfangreiches Gesetzespaket vor, mit dem ein Teil der ambitionierten Vorgaben des Koalitionsvertrages gesetzlich festgelegt werden sollen. Es ist ein weitreichendes und auch mutiges Unterfangen, das dringend erforderlich ist. Die skizzierten Maßnahmen werden jedoch nicht ausreichen, um diese Ziele zu erreichen und nach einer hoffentlich intensiven Beratung im Deutschen Bundestag noch eine Reihe Änderungen erfahren. Aber es ist ein neuer Anstoß in der Energie- und Klimapolitik, auf den viele gewartet haben.
Viele der Maßnahmen finden unsere Unterstützung, bei manchen werden wir uns im weiteren Verlauf mit Änderungsvorschlägen einbringen. Beispielsweise bei den Anforderungen für einen marktgetriebenen Ausbau der erneuerbaren Energien. Besonders erfreulich ist, dass mit dem Wegfall der EEG-Umlage nun bald eine massive Innovationsbremse für die integrierte Energiewende wegfällt. Das wird viele neue Ideen ermöglichen, neue Technologien fördern, administrativen Aufwand beseitigen und Verbraucherinnen und Verbraucher in den Haushalten sowie insbesondere die mittelständische Industrie entlasten.
Die Energie- und klimapolitischen Maßnahmen sind dringlich. Nicht erst wegen des Krieges in der Ukraine, sondern vor allem auch, weil wir unseren Beitrag für die Bekämpfung des globalen Klimawandels leisten müssen und unser Land in eine zukunftsfähige Zukunft führen wollen. Die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine sind lediglich eine fürchterliche weitere Entwicklung, die auch den letzten Zweifler zu dieser Erkenntnis gebracht hat.
Am Ende wird es nicht nur auf Gesetze ankommen. Es bedarf einer grundlegenden Veränderung unserer Haltung auf allen Ebenen der Gesellschaft, die für den Umbau nötig sind. Eine Haltung der Ermutigung und Befähigung statt einer des Lamentos und Verhinderns. All das muss in konkrete Prozesse überführt werden. Bei allen legislativen Engagement ist die Energiewende auch eine gewaltige Managementaufgabe.“
Deutsche Umwelthilfe
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kommentiert das Osterpaket wie folgt:
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Bei den Erneuerbaren Energien ist das Osterpaket ein großer Sprung nach vorn. Bis 2035 wird der Stromsektor mit den neuen Ausbauzielen klimaneutral sein. Robert Habeck beschleunigt den Zubau von Wind- und Sonnenenergie deutlich, der wichtige Stromnetzausbau wird auf Klimaneutralität ausgerichtet. Klar ist nun auch, dass die Energiewende und insbesondere Wind- und Sonnenenergie im überwiegenden öffentlichen Interesse sind. Ein Manko bleibt die fehlende Bereitstellung von Flächen: Mindestens 2 Prozent der Landesfläche müssen alleine für den Windenergieausbau reserviert werden. Die gesetzliche Regelung dafür fehlt im Osterpaket. Dies muss nun so schnell wie möglich nachgebessert werden.“
Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH: „In Sachen Energieeinsparung tritt die Bundesregierung auf der Stelle. Es ist eine klaffende Fehlstelle, dass weder für Gebäude noch für Verkehr Maßnahmen im Osterpaket enthalten sind. Das ist dramatisch, denn beide Sektoren haben im vergangenen Jahr ihre Klimaziele verfehlt. Besonders schmerzlich ist, dass die Anhebung des Effizienzstandards im Gebäudebereich, die Sanierungspflicht für den Bestand sowie ein Einbauverbot für Gasheizungen im Neubau fehlen: Darum war in den vergangenen Tagen und Wochen innerhalb der Bundesregierung gerungen worden. Durchgesetzt haben sich offenbar die Bremser von SPD und FDP – in krachendem Widerspruch zum Klimaschutzgesetz und dem erst gerade veröffentlichen Bericht des Weltklimarates. Bauministerin Geywitz bleibt uns damit weiter Antworten schuldig, wie sie die Klimaziele in ihren Verantwortungsbereichen einhalten will. Wir fordern die Bundesregierung auf, den Kurs in diesen Sektoren zu korrigieren und noch vor dem angekündigten Sommerpaket den Klimaschutz dort sofort und ausreichend anzupacken.“
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Die Ampelregierung versagt im Verkehrsbereich. Die für den Klimaschutz verheerende und einseitig aufs Auto ausgerichtete Verkehrspolitik der Merkel-Regierungen wird fortgesetzt. Es fehlen sämtliche Regelungen und Anreize für eine unmittelbar wirksame Einsparung fossiler Energien und damit die kurzfristige Reduktion der Klimagasemissionen im Verkehrssektor wie die Einführung eines Tempolimits von 100 auf Autobahnen, 80 außerorts und Tempo 30 in der Stadt. Dadurch lassen sich täglich 10 Millionen Liter Diesel und Benzin einsparen, aufs Jahr 3,7 Milliarden Liter und 9,2 Millionen Tonnen CO2. Unverändert soll auch die Förderung von Dienstwagen bleiben. Absurderweise übernimmt Finanzminister Lindner beispielsweise für Porsche-Cayenne-Dienstwagen bis zu 100.000 € pro Fahrzeug. Noch vor dem Sommer müssen unmittelbar wirksame Maßnahmen im Verkehrsbereich beschlossen werden. Sollten diese ausbleiben, müssen wir die Bundesregierung über die anhängige Klimaschutz-Sektorklage vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg dazu verurteilen lassen.“
Bundesverbandes Solarwirtschaft
„Wir setzen darauf, dass der Bundestag den Gesetzesentwurf jetzt an entscheidenden Stellen nachbessern wird, um einen Ampel-Kurzschluss bei der Energiewende zu vermeiden“, erklärt BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig.
„Es ist nicht nachvollziehbar, wie die angestrebte Vervierfachung der jährlich installierten Solarstromleistung erreicht werden soll, wenn die Förderkonditionen für Prosumer nicht verbessert werden,“ so Körnig. Nach dem heute beschlossenen EEG-Kabinettsentwurf sollen künftige Solaranlagenbetreiber im Falle einer anteiligen Eigenversorgung für den nicht selbst verbrauchten und ins öffentliche Stromnetz eingespeisten überschüssigen Solarstrom die gleichen Einspeisevergütungen bzw. Marktprämien erhalten wie bisher. Besser gestellt werden lediglich neue Betreiber, wenn sie den Solarstrom vom eigenen Dach vollständig ins öffentliche Stromnetz einspeisen und nicht anteilig selbst verbrauchen.
Körnig: „Diese Rechnung geht nicht auf. Der anteilige Eigenverbrauch von Solarstrom zählt zu den wichtigsten Investitionsgründen von privaten und gewerblichen Verbrauchern zur Errichtung von Solardächern. Verbraucher und Unternehmen wollen Solarstrom vom eigenen Gebäudedach zum Beispiel für das Laden eines E-Autos oder den Betrieb einer Wärmepumpe anteilig selbst verbrauchen. Eine deutliche Attraktivitätssteigerung für die Eigen- und Direktversorgung mit Solarstrom ist unverzichtbar, um bei der Energiewende im Strom-, Wärme- und Verkehrssektor und auch beim Speicherausbau den gewünschten Turbo zu zünden.“
Zwar begrüße der BSW die geplante Anhebung der Auktionsvolumen zur Errichtung von Solarparks auf Freiflächen. „Eine erfolgreiche Umsetzung erfordert, dass nun auch das aktuelle Standortkorsett für die Errichtung von Solarparks bundesweit hinreichend gelockert wird“, so Körnig. Auch hier sieht der BSW Nachbesserungsbedarf am vorliegenden Gesetzesentwurf.
Gelegenheit für Nachbesserungen am EEG-Entwurf bietet das weitere Gesetzgebungsverfahren. Bis Anfang Juli soll das EEG von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden und spätestens Anfang 2023 in Kraft treten.
Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft
Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung zum heute im Kabinett beschlossenen Osterpaket:
„Das vorgelegte Osterpaket enthält wichtige Weichenstellungen für einen beschleunigten Erneuerbaren-Ausbau, wie beispielsweise die Anhebung der Ausschreibungsmengen bei Wind- und Photovoltaikausschreibungen, die kommunale Beteiligung und die Einführung von Differenzverträgen für Erneuerbare Energien. Allen beteiligten Ministerien und allen Ebenen – sei es Bund oder Land – muss klar sein, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien das Gebot der Stunde ist - nicht nur für den Klimaschutz sondern auch, um unabhängiger von fossilen Energieimporten zu werden. Dafür liefert das Osterpaket bedeutende Hebel.
Unabdingbar ist aber auch ein effizienteres Planungs- und Genehmigungsrecht, das den Bau von Erneuerbare-Energien-Anlagen deutlich beschleunigt. Dies ist leider erst für das Sommerpaket geplant. Wir brauchen hier aber mehr Tempo: Die Bundesregierung sollte deshalb die Voraussetzungen für schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren ins Osterpaket integrieren. Wir müssen beim Ausbau der Erneuerbaren Energien noch schneller vorankommen und dauerhaft den Turbo einstellen.
Positiv ist die generelle Einordnung, dass die Nutzung der Erneuerbaren Energien im „überragenden öffentlichen Interesse“ liegt und dass sie „der öffentlichen Sicherheit dient“. Damit wird den Behörden bei der Abwägung zwischen verschiedenen Interessen eine wichtige Entscheidungshilfe an die Hand gegeben, was sich positiv auf Genehmigungsverfahren auswirken kann.
Die Vorschläge für das KWKG bleiben leider weit hinter dem Notwendigen zurück. Wir brauchen – neben den Erneuerbaren Energien – mehr gesicherte Leistung. Hier muss umfassend nachgesteuert werden.“
Bundesverband Erneuerbare Energie
"Das Osterpaket von Robert Habeck ist ein guter Aufschlag, zum großen Wurf muss es im parlamentarischen Verfahren werden“ kommentiert Dr. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie. Das Paket bleibt in Teilen hinter unseren Erwartungen zurück. Wir sehen quer durch alle Erneuerbaren Energien noch den Bedarf, nachzusteuern. Diese Änderungen müssen spätestens mit dem Sommerpaket erfolgen“.
„Die Feststellung des Vorrangs aller Erneuerbaren Energien in der Schutzgüterabwägung hilft, die Planungs- und Genehmigungsverfahren deutlich zu beschleunigen. Dass dabei jedoch Belange der Bundeswehr ausgenommen sind, ist problematisch“, so Peter weiter. „Auch die Anhebung des Bruttostrombedarfs auf 750 TWh ist eine richtige und wichtige Maßnahme, die dem vom BEE skizzierten Szenario 2030 entspricht. Bei Bürgerenergie und kommunaler Beteiligung sehen wir Fortschritte, diese müssen jedoch gegenüber dem Kabinettsbeschluss noch weiter gestärkt werden, u.a. bei Bürgerenergiegenossenschaften. Begrüßenswert ist, dass die sog. „Contracts for Difference“ in die zu gründende Plattform klimaneutrales Stromsystem vertagt wird,“ so Peter.