Ost- und West-Gehälter: Gleiche Bedingungen, 3.600 Euro weniger
Die Analysten von Gehalt.de sind dieser Frage anhand von 143.953 Datensätzen nachgegangen. Laut der Auswertung beträgt das Gefälle rund 7.440 Euro im Jahr (16,9 Prozent). Lediglich ein Bruchteil der Lücke lässt sich begründen.
So verdienen Ostdeutsche trotz vergleichbarer Arbeit jährlich 3.600 Euro (8,1 Prozent) weniger. Außerdem sticht im Branchen- und Berufsvergleich vor allem der Industriesektor mit hohen Gehaltsdifferenzen zwischen Ost und West hervor.
Laut der Analyse beträgt das Einkommen für Beschäftigte in Westdeutschland 43.900 Euro, Arbeitnehmer in Ostdeutschland erhalten einen Jahreslohn in Höhe von 36.500 Euro. Demnach beträgt die Lohnlücke insgesamt 7.400 Euro (16,9 Prozent).
8,1 Prozent weniger Gehalt - trotz nahezu identischer Arbeit
Diese Lücke lässt sich zum Teil durch bestimmte Faktoren erklären: 595 Euro (1,4 Prozent) sind auf die Firmengröße und 576 Euro (1,3 Prozent) auf die Branche zurückzuführen. Ein weiterer Faktor ist die Berufswahl - sie macht einen Unterschied von 244 Euro aus (0,6 Prozent).
"Im Vergleich zum Osten sind im Westen größere Unternehmen und lukrativere Branchen vertreten, die höhere Gehälter zahlen. Die strukturellen Unterschiede zwischen neuen und alten Bundesländern erklären, warum mehr als drei Prozent des Lohngefälles auf die Faktoren Firmengrößen, Branchen und Berufe zurückzuführen sind", so Dr. Philip Bierbach, Geschäftsführer von Gehalt.de.
Einfluss der DDR-Historie immer noch spürbar
Zudem spielt das Geschlecht eine Rolle: 150 Euro (0,3 Prozent) stehen hiermit in Zusammenhang. Dazu Philip Bierbach: "Die DDR-Historie prägt Ostdeutschland bis heute, denn immer noch sind in den neuen Bundesländern traditionell mehr Frauen berufstätig als in den alten. Da in Deutschland Frauen bei gleicher Arbeit immer noch niedrigere Gehälter als Männer beziehen, bestärkt dies den Gehaltsunterschied zwischen Ost und West."
Lebenshaltungskosten erklären 5,3 Prozent der Lücke
Darüber hinaus haben die Analysten die Lebenshaltungskosten berücksichtigt, die laut des Instituts für Wirtschaftsforschung im Osten und Westen stark voneinander abweichen. So lassen sich 2.300 Euro (5,3 Prozent) des Gehaltsunterschieds auf diesen Faktor zurückführen. Andere Faktoren wie Ausbildung, Berufserfahrung oder die Position haben einen sehr geringen Einfluss - zusammengefasst kommen sie auf 0,02 Prozent.
Kleinere Lohnlücken unter Führungskräften
Die Lohnlücken variieren zudem danach, ob Beschäftigte Personalverantwortung tragen oder nicht. Unter Fachkräften beträgt die Lohnlücke insgesamt rund 6.400 Euro (15,6 Prozent), wovon sich 8,4 Prozent auf den regionalen Faktor zurückführen lassen. Bei Führungskräften hingegen ist die Lohnlücke kleiner und liegt unbereinigt bei rund 11.300 Euro (12,3 Prozent). Rund 2.400 Euro (2,6 Prozent) lassen sich hier auf den regionalen Unterschied zurückführen.
Fast 25 Prozent Lohnunterschied innerhalb der Metallindustrie
Im Branchenvergleich sticht vor allem die Metallindustrie hervor: Hier liegt die unbereinigte Lücke bei 24,5 Prozent. Beschäftigte im Osten verdienen 32.500 Euro und damit rund 10.600 Euro weniger im Jahr als Westdeutsche (43.100 Euro).
"Die Metallbranche gehört zum Industriesektor und ist damit ein Bereich, dessen Vergütungsstrukturen wenig mit öffentlichen oder vergleichbaren Tarifverträgen zu tun haben", so Bierbach. Zum Vergleich: In der Dienstleistungsbranche liegt die Lücke bei 14,4 Prozent und in Krankenhäusern bei 14,2 Prozent. In der Forschung ist sie vergleichsweise gering (8,8 Prozent).
Unter den Berufsgruppen fällt die Lücke bei Zerspanungsmechaniker (23,2 Prozent) und den Elektrikern (19,8) vergleichsweise hoch aus. Niedrig ist sie zum Beispiel unter Redakteuren mit 7 Prozent.
"30 Jahre nach der deutschen Einheit ist die Bundesrepublik in vielen Dingen vereint. Hinsichtlich der Gehaltsstrukturen stellen wir jedoch immer noch große Differenzen zwischen Ost und West fest, die sich nur teilweise durch strukturelle Bedingungen begründen lassen. Der regionale Faktor spielt beim Thema Gehalt offensichtlich noch immer eine große Rolle", so Bierbach abschließend.
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Methodik
Die Berechnung der bereinigten und der unbereinigten Lohnlücke zwischen Ost und West erfolgt mittels der sogenannten Oaxaca-Blinder-Zerlegung. Dabei wird die Lücke zerlegt in einen (oder mehrere) Teile, der (die) auf unterschiedliche Ausstattungen von Einflussfaktoren zurückzuführen ist - der verbleibende Teil ist die bereinigte Lücke nach den Faktoren Unternehmensgröße, Branche, Beruf, Geschlecht, Ausbildung, Position und Kommunikations-Anforderungen. Dies geschieht auf Basis der Gehalt.de-Datenbank und den darin erhobenen Faktoren.
Hinsichtlich der Lebenshaltungskosten wurde das Preisniveau anhand von Ergebnissen des Instituts für Wirtschaftsforschung recherchiert. Diese 5,6 Prozent werden logarithmisch in die ursprünglich ebenfalls logarithmisch berechnete Lücke integriert.
Die Analyse wurde durch Dr. Korbinian Nagel, Arbeitsmarktökonom der Gehalt.de GmbH, betreut und durchgeführt.
Die unbereinigte Entgeltlücke
Hierfür werden die Gehälter der Beschäftigten aus Ost- und Westdeutschland in ihrer Gesamtheit miteinander verglichen. Sie wird "unbereinigte" Entgeltlücke genannt, da die Verhältnisse innerhalb der beiden Gruppen ungleich sind. Es gibt zum Beispiel weitaus mehr größere Unternehmen im Westen, die höhere Gehälter zahlen können. Dadurch verschiebt sich das Lohngefälle automatisch zugunsten des Westens und zuungunsten des Ostens.
Die bereinigte Entgeltlücke
In dieser Methode werden nur Gehälter unter identischen Bedingungen miteinander verglichen. Das bedeutet, dass für den Vergleich zwischen Ost- und Westgehältern die Branche, der Beruf, das Geschlecht, die Unternehmensgröße, die Ausbildung, die Lebenshaltungskosten und die Berufserfahrung der Beschäftigten gleich sind. Der einzige verbleibende Unterschied ergibt sich dann durch die Region. Da hier alle (von Gehalt.de erhobenen) Faktoren gleich sind - bis auf die Region - wird dieser Wert "bereinigte" Entgeltlücke genannt.
So lesen Sie die Daten: Alle absoluten Zahlen sind Median-Werte. Der Median beschreibt die Mitte aller Daten: 50 Prozent liegen über dem Wert, 50 Prozent darunter. Im Vergleich zum Mittelwert kann der Median weniger durch Ausreißer verzerrt werden.