Warum kann ich mich nicht gegen Regen im Urlaub versichern?
Sommer, Sonne, Strand und Meer: Im Sommerurlaub freuen sich die meisten Deutschen auf schönes Wetter. Doch beispielsweise an Nord- und Ostsee kann schnell ein Tiefdruckgebiet die Laune verderben. Vielen mag da schon einmal die Idee gekommen sein: „Wenn man sich nur gegen Regen im Urlaub versichern könnte…“
In der Tat gab es solche Versicherungen immer wieder einmal: Bereits ab 1953 bot die Allianz ihren Kunden eine Reisewetterversicherung an – die sich auch prompt zum Verkaufsschlager entwickelte. „Der Run der Kunden war unglaublich groß“, sagt Barbara Eggenkämper, Leiterin des Firmenhistorischen Archivs der Allianz. Die Versicherung wurde stark beworben: Die Vermittler bekamen sogar Farb-Werbefilme zur Verfügung gestellt. Der Slogan der Allianz damals: „Wenn Kluge reisen…“.
Prämienberechnung mittels historischer Wetterdaten
Kunden konnten 100 bis 500 D-Mark absichern, die Prämie lag bei fünf Prozent der Versicherungssumme. Ob der Versicherungsfall eintrat, überprüfte die Allianz mithilfe des Deutschen Wetterdienstes, für die Prämienberechnung nutzte sie historische Wetterdaten.
Fuhren Versicherte im August nach Norderney, mussten sie, um die volle Versicherungssumme ausbezahlt zu bekommen, auf 132 Millimeter Regen pro Woche hoffen – das Vierfache des historischen Durchschnitts. Bei mehr als 110 Millimetern bekamen Urlauber noch die Hälfte, bei 80 Millimetern immerhin noch 15 Prozent der Versicherungssumme ausbezahlt.
Großer Verkaufserfolg, aber hohe Verluste
Der Erfolg des Produktes war für die Allianz aber ein zweischneidiges Schwert. Zwar wurden schon 1953 die Erwartungen mit 600.000 Euro Prämieneinnahmen übertroffen und schon 1954 verdoppelt. „Allerdings stiegen die Verluste mit 2,3 Millionen DM im gleichen Zeitraum auf das Dreißigfache (…), heißt es in der Unternehmensgeschichte „Die Allianz“. Nach einer Verschärfung der Versicherungsbedingungen fiel die Zahl der verkauften Policen in den 60er Jahren. 1966 wurden nur noch 3000 Reisewetterversicherungen verkauft, im Jahr darauf wurde das Produkt eingestellt.
Trotzdem hat es immer wieder Versuche gegeben, Urlauber gegen Regen zu versichern: Die Lufthansa bot 2009 eine Schönwettergarantie für bestimmte Ziele an. Ab 2010 verkaufte sie sogar für alle Reiseziele im Sommerflugplan eine Reisewetterversicherung für Kunden. Für jeden Regentag garantierte die Versicherung, angeboten von der Europäischen Reiseversicherung (ERV), 25 Euro Entschädigung. Doch auch dieses Produkt verschwand nach kurzer Zeit vom Markt.
Je höher die Regenwahrscheinlichkeit, desto höher die Prämie
Beim Reiseveranstalter TUI ist der Gedanke an eine Regenversicherung auch nicht unbekannt: „Grundsätzlich gab es in der Vergangenheit bereits Überlegungen und Gespräche mit Versicherern zu Wetter-Versicherungen“, sagt Inke Rasmussen, Leiterin Kundenkarten und Reiseversicherungen bei TUI.
Eigentlich ist die Versicherung gegen schlechtes Wetter für die schönen Tage im Jahr eine simple Idee: Die Höhe der Prämie bemisst sich dann an der Regenwahrscheinlichkeit: Je höher die Regenwahrscheinlichkeit, desto mehr Prämie im Vergleich zur Versicherungssumme müsste der Kunde bezahlen. Wer an der deutschen Ostsee urlaubt, muss statistisch gesehen im August an zehn von 31 Tagen mit Regen rechnen. Auf Sylt sind es sogar zwölf Regentage.
„Aber gerade für die Ziele, für die Kunden sich eine solche Versicherung wünschen würden, ist die Prämie aufgrund der Schadenwahrscheinlichkeit (Regen an der Nordsee) so hoch, dass das Produkt für den Kunden nicht mehr attraktiv ist“, sagt TUI-Expertin Rasmussen. Wer also in diesem Sommer sich bestmöglich gegen Regen im Urlaub absichern will, sollte lieber auf die griechische Insel Kos, nach Zypern oder ins ägyptische Sharm el Sheikh fliegen. Die durchschnittlichen Regentage im August: Null.