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DUH/DMB: So geht sozialverträgliche und klimafreundliche Gebäudepolitik

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der Deutsche Mieterbund (DMB) kritisieren ein fehlendes Gesamtkonzept der Bundesregierung für Klimaschutz und Sozialverträglichkeit beim Wohnen.

Die nach geltendem Recht existierenden Mieterhöhungsmöglichkeiten machen energetische Sanierungen für viele Haushalte unbezahlbar. Aktuell versuchen einzelne Bundesländer, steigende Mieten durch Instrumente wie dem Milieuschutz oder dem Mietendeckel einzudämmen. Bei vielen solcher Initiativen kommt der Klimaschutz jedoch deutlich zu kurz oder wird sogar verhindert.

Gerechte Kostenverteilung

Für Klimaschutz im Gebäudesektor und sozial gerechtes Wohnen mit bezahlbaren Mieten müssen die vermieteten Bestandsgebäude energetisch saniert werden und neue Gebäude entstehen, die kompatibel mit dem Klimaziel 2050 sind. DUH und DMB fordern deshalb im vermieteten Gebäudebestand eine gerechte Kostenverteilung zwischen Staat, Mieter und Vermieter. Hierzu legen die Organisationen ein gemeinsames 10-Punkte-Sofortprogramm vor.

Dazu erklärt Barbara Metz, Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der DUH: „Wir brauchen eine klare politische Haltung der Regierungsparteien in Sachen Gebäudeeffizienz. Dazu gehört an erster Stelle die Festlegung zielkompatibler energetischer Anforderungen von KfW-Effizienzhaus 40 Standard für Neubauten sowie der KfW-Effizienzhaus 55 Standard für Bestandsgebäude.

Stopp für Öl- und Gasheizungen

Außerdem muss es einen sofortigen Stopp des Neueinbaus von Ölheizungen sowie ein Verbot von neuen Gasheizungen ab 2025 geben. Das schafft Planbarkeit und Orientierung für die Industrie und Verbraucherinnen und Verbraucher. Auch die aktuell neue Förderung zum Heizungstausch läuft in die falsche Richtung und wird an den viel zu hohen Energieverbräuchen im Gebäudebereich nichts ändern. Vielmehr manifestiert diese fossile Strukturen im Wärmebereich auf Jahrzehnte, denn mit dem Förderprogramm wird vor allem der Umstieg auf Gasheizungen angereizt. Damit sabotiert die Bundesregierung die selbst gesteckten Klimaziele.

In den letzten Jahren wurde der Gebäudesektor von den verantwortlichen Regierungspolitikern sträflich vernachlässigt, deshalb werden die nun angekündigten Fördersummen nicht ausreichen, um die Herausforderungen im Gebäudebereich zu stemmen. Diese müssen deutlich aufgestockt werden und die richtigen Anreize für klimaverträgliches Bauen und Sanieren setzen.“

Energieberatungen zur Qualitätssicherung

Die Bundesregierung plant für die kommenden Jahre nur knapp 4 Milliarden Euro jährlich für Klimaschutz in Gebäuden. DUH und DMB fordern eine Aufstockung des jährlichen Förderbudgets. Laut einer Studie von DMB und dem Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. sind dafür zwischen 14 und 25 Milliarden Euro bereitzustellen.

Neben der Mittelaufstockung sollten im Bestand nur noch Maßnahmen gefördert werden, die mit dem KfW-Effizienzhausstandard 55 und in Einzelfällen mit KfW-Effizienzhaus 70 kompatibel sind. Anlassbezogene, verpflichtende Energieberatungen müssen für die Qualitätssicherung eingeführt werden und, um Bauwillige über Modernisierungswege zum klimaneutralen Gebäude aufzuklären.

Absenkung der Modernisierungsumlage

Vor allem für den vermieteten Gebäudebestand muss die öffentliche Förderung für ambitionierte Effizienzstandards steigen, um die Kosten gerechter zu verteilen. Dazu Ulrich Ropertz, Geschäftsführer vom DMB: „Zur Erreichung der Klimaschutzziele sind energetische Sanierungen der Gebäudebestände unverzichtbar. Hinzu kommt, dass ohne energetische Sanierungen die Heizkosten und damit das Wohnen spürbar teurer werden.

Aber wir brauchen auch Maßnahmen, die Mieter vor steigenden Wohnkosten aufgrund von Sanierungsmaßnahmen schützen. Eine zentrale Maßnahme ist dabei die Absenkung der Modernisierungsumlage auf höchstens 4 Prozent. Gleichzeitig müssen Vermieter dann zusätzliche Anreize erhalten, energetische Sanierungsmaßnahmen weiterhin durchzuführen. Die öffentlichen Fördermittel sind deshalb deutlich aufzustocken und das jetzige Fördersystem muss so umgebaut werden, dass die Fördermittel unmittelbar dem Vermieter zufließen und ihm zugutekommen. Daraus ergibt sich letztlich eine Neuverteilung der Kosten zwischen Mieter, Vermieter und Staat nach dem Prinzip des Drittelmodells.“

Rückgang der KfW-Förderanträge

Die Bundesregierung hat in ihrem Klimapaket angekündigt, die bürokratischen Hürden der öffentlichen Förderung abzubauen und Transparenz zu schaffen. Der von der Bundesregierung angekündigte „One-Stop-Shop“, um Förderangebote einfacher zu finden und den Zugang zu erleichtern, wurde aber in das Wahljahr 2021 verschoben. Tatsächlich haben sich seit 2018 die Förderbedingungen der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) durch den Wegfall der kostenlosen Sondertilgungsrechte und kürzere Zinsbindungszeiten deutlich verschlechtert.

Das spiegelt sich auch in einem Rückgang der Förderanträge beim energieeffizienten Bauen und Sanieren wider. Dazu kommt, dass aktuell die KfW sowie Landesbanken Kredite und Zuschüsse zu Konditionen, die je nach zugeordnetem Zweck und Förderprogramm – zum Beispiel energieeffizientes Bauen oder sozialer Wohnungsbau – variieren und selten miteinander kombinierbar sind.

„Hier behindert das bestehende Fördersystem die Vereinbarkeit von sozialem Wohnungsbau und energieeffizientem Bauen, indem sich Bauwillige zwischen den Zielen entscheiden müssen. Die Förderprogramme müssen einfacher und flexibler werden“, so Bernhard Bihler, Bauherr aus Süddeutschland. „Damit es für mich als Immobilieneigentümer Sinn ergibt, die Fördermittel abzurufen, muss ich grundsätzlich immer die Wahl zwischen Darlehen, Zuschüssen oder steuerlicher Abschreibung haben und verschiedene Förderprogramme miteinander kombinieren können“, meint Bihler weiter.

Milieuschutz verhindert energetisches Sanieren

Neben der Förderung müssen auch ordnungsrechtliche Bestimmungen auf den Prüfstand. So erlauben beispielsweise die Bestimmungen des Milieuschutzes keine energetischen Sanierungen, die über die aktuellen energetischen Anforderungen der geltenden Energieeinsparverordnung hinausgehen. Diese sind aber nicht mit den energetischen Standards kompatibel, die zur Erreichung des Klimaziels 2050 nötig sind.

In einem konkreten Beispiel in Berlin-Neukölln wird eine ambitionierte energetische Modernisierung eines unter Milieuschutz stehenden Gebäudes auch dann nicht zugelassen, obwohl der Vermieter bereit ist, diese ohne jegliche Umlage der Kosten auf die Mieter durchzuführen.

Dazu Paula Brandmeyer, Stellvertretende Leiterin Energie und Klimaschutz: „Die Beispiele aus der Praxis offenbaren den hohen Reformbedarf bei Ordnungsrecht und Förderung. Es ist absurd, dass denjenigen Wohneigentümern, die sowohl ökologisch als auch sozial bewusst handeln möchten, Steine in den Weg gelegt werden. Bestimmungen wie die des Milieuschutzes haben ihre Berechtigung, doch greifen sie zu kurz und adressieren einseitig das Problem der Verdrängung – der Klimaschutz bleibt auf der Strecke. Stattdessen müssen die Herausforderungen des bezahlbaren und sozialgerechten Wohnens und des Klimaschutzes im Gebäudebereich gemeinsam angegangen werden.“

DUH und DMB fordern deshalb ein kluges Ordnungsrecht, flankiert durch ausreichend Förderung, das weitere Sanierungsanreize setzt. Die Organisationen schlagen dafür die Einteilung der bestehenden Gebäude in Klassen von A bis F vor, je nach energetischer Qualität. Je früher der Eigentümer eine Maßnahme durchführt und je schlechter die Gebäudeklasse, desto höher der Zuschuss.

10-Punkte-Sofortprogramm für energetische Sanierung und mehr Klimaschutz

Maßnahmen für den Gebäudebestand:

  1. Zielkonforme Förderung und Erhöhung des staatlichen Förderbudgets auf bis zu 25 Milliarden Euro pro Jahr: Es dürfen nur noch Maßnahmen gefördert werden, die mit dem Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestandes 2050 vereinbar sind. Das bedeutet, Förderung nur noch für Sanierungen (Vollsanierungen oder Teilsanierungen im Rahmen eines individuellen Sanierungsfahrplans) zum KfW-Effizienzhausstandard 55 und in Einzelfällen zum KfW-Effizienzhausstandard 70. Dafür muss das Förderbudget auf bis zu 25 Milliarden Euro jährlich erhöht werden.
  2. Ordnungsrecht nutzen – gestaffelte Förderung: Gebäude sollten in Effizienzklassen (A-F) eingeteilt werden und dann je nach Klasse und Umsetzungszeitpunkt der Sanierung eine gestaffelte Förderung erhalten. Je früher eine Maßnahme durchgeführt wird und je schlechter die Gebäudeklasse, desto höher der Zuschuss.
  3. Qualitätssicherung durch kostenlose, verpflichtende Energieberatung und iSFP: Anlassbezogene, verpflichtende Energieberatungen müssen eingeführt werden, um Immobilieneigentümer*innen in der Breite Optionen für Energieeinsparmaßnahmen und eine klimafreundliche Wärmeversorgung aufzuzeigen. Die Beratung muss mit der Erstellung eines kostenlosen individuellen Sanierungsfahrplans (iSFP) gekoppelt werden, der mit schrittweisen, aufeinander abgestimmten Maßnahmen den Weg zum klimaneutralen Gebäude darstellt.
  4. Gerechte Kostenverteilung zwischen Staat, Mieter*innen und Vermieter*innen (Drittelmodell): Absenkung der Modernisierungsumlage: Um die finanzielle Last für Mieter*innen zu senken, muss die Modernisierungsumlage auf 4 Prozent abgesenkt werden und innerhalb eines Zeitraums von acht Jahren darf die Miete wegen energetischer Modernisierungen um nicht mehr als 1,50€/m² steigen. Verbleib der Förderung bei Vermieter*innen: Um bei abgesenkter Modernisierungsumlage Anreize zu schaffen, sollten Eigentümer*innen direkt von öffentlicher Förderung profitieren und diese nicht länger auf die Modernisierungskosten anrechnen müssen. Die Antragstellung muss weniger bürokratisch erfolgen.
  5. Transparenz für Mieter*innen: Vor Umsetzung energetischer Modernisierungen bedarf es einer verpflichtenden und transparenten Information der Mieter*innen zur Berechnung der Modernisierungsumlage und zur Trennung zwischen Instandsetzungs- und Modernisierungskosten. Der Ersatz von bereits vollständig abgeschriebenen Heizungsanlagen oder Bauteilen stellt keine Modernisierungsmaßnahme dar.

Maßnahmen für den Neubau:

  1. Zielkonforme Förderung: Um den klimaneutralen Gebäudebestand 2050 zu erreichen, dürfen neue Wohngebäude ausschließlich im KfW-Effizienzhausstandard 40 oder ambitionierter gebaut und gefördert werden.
  2. Vergrößerung des kommunalen Wohnungsbestandes: Um langfristig bezahlbaren Wohnraum auch für einkommensschwache Haushalte zu sichern, muss der öffentliche Wohnungsbestand dringend wieder vergrößert und der gemeinnützige Wohnungsbau gefördert werden (Wohngemeinnützigkeit).
  3. Vergaberecht nutzen für mehr bezahlbares Wohnen: Die Vergabe staatlicher und kommunaler Grundstücke muss an höhere Anteile und längere Zeiträume für Wohnungen mit Sozialbindung geknüpft werden.
  4. Potenziale der Nachverdichtung nutzen: Insbesondere in Ballungsgebieten besteht erhebliches Potential durch Nachverdichtungen (z.B. durch Aufstockung bestehender Gebäude) neuen Wohnraum zu schaffen und so dem Wohnungsmangel entgegenzuwirken. Dafür sind notwendige rechtliche Anpassungen des planungs- und bauordnungsrechtlichen Rahmens vorzunehmen.
  5. Spekulationen verhindern: „Share Deals“, um die Zahlung der Grunderwerbssteuer zu umgehen, müssen verboten werden. Außerdem sollte bei der Grundsteuer für Bauland die gleiche Steuer anfallen, wie für bebaute Grundstücke (Orientierung an Bodenrichtwerten).
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