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Covid-19: Kläranlagen als Frühwarnsystem

Seit einigen Wochen steigt die Zahl der neu mit SARS-CoV-2 infizierten Personen bundesweit wieder an. „Für die Stadt Frankfurt haben wir diesen Trend schon bemerkt, bevor er sich in den Zahlen der offiziell bestätigten Fälle zeigte“, sagt Professorin Susanne Lackner, Leiterin des Fachgebiets Abwasserwirtschaft an der TU Darmstadt. Sie und ihr Team untersuchen Wasserproben aus Frankfurter Kläranlagen auf Coronaviren: „Im Juli lagen die Virenkonzentrationen im Abwasser noch stabil auf relativ niedrigem Niveau, dann stiegen die Werte deutlich an.“

Das Ziel: Anpassung der Schutzmaßnahmen

Infizierte Personen scheiden Coronaviren mit dem Stuhl aus. Nach aktuellem Kenntnisstand befinden sich im Abwasser zwar keine infektiösen Viren mehr, aber ihr Erbgut lässt sich mit der in der Medizin etablierten PCR-Technik nachweisen. Die Messung ist so empfindlich, dass sie weniger als zehn bestätigte Covid-19-Fälle pro 100.000 Einwohner detektiert.

„Von Vorteil ist, dass wir mit der Methode auch asymptomatisch Infizierte erfassen“, betont Lackner. Ziel ihrer Forschung ist die Etablierung eines Monitoringsystems für die Stadt Frankfurt. Bei ansteigenden Virenmengen im Abwasser sollten Schutzmaßnahmen verschärft, bei einem Rückgang könnten sie wieder gelockert werden.

Lackners Arbeitsgruppe ist hessenweit die erste, die ein solches Konzept entwickelt und in einer Großstadt testet. Die Darmstädter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erhalten zweimal wöchentlich Proben aus den Zuläufen zu den Frankfurter Klärwerken in den Stadtteilen Sindlingen und Niederrad, die Abwasser von insgesamt über 1,8 Millionen Bürgern aufbereiten, sowie aus einem Teilzulauf in Griesheim.

Zukünftig könnte die Probenahme erweitert werden, so Lackner: „Wenn wir das Infektionsgeschehen genauer und regionaler, etwa in einzelnen Stadtteilen, verfolgen wollen, müssten Proben häufiger und auch direkt im Kanalsystem entnommen werden.“

Das Virus ändert sich ständig

Lackner und ihre Mitarbeitenden untersuchen zudem das Abwasser vom Frankfurter Flughafen. In diesen Proben bestimmen sie nicht nur die Virenmenge anhand ausgewählter Genfragmente, sondern sie sequenzieren das komplette Erbgut der Krankheitserreger, um mehr über die Herkunft und Verbreitungswege der Viren zu erfahren. Mittlerweile gibt es verschiedene regionale Varianten von SARS-CoV-2, da sich das Erbmaterial der Viren im Lauf der Zeit ändert. Erste Ergebnisse zu den Proben vom Frankfurter Flughafen werden voraussichtlich in einigen Wochen vorliegen.

Das Land Hessen unterstützt die Corona-Projekte des TU-Fachgebiets Abwasserwirtschaft seit Juni im Rahmen des „Operationellen Programms für die Förderung von Investitionen in Wachstum und Beschäftigung“ mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE).

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