Das neue Schulhaus Türli mit intelligentem BTA-Lüftungssystem
1958 wurde das alte Schulhaus Türli in Sachseln gebaut – damals galten andere Baustandards und Ansprüche an Schulgebäude wie heute. Nicht nur hygienische Vorgaben in den Hauswirtschaftsbereichen stellten inzwischen ein Problem dar, auch fehlende Gruppenräume für Zusatz- oder Musikunterricht und die nicht behindertengerechte Bauweise. Insgesamt war das Gebäude sanierungsbedürftig und die Anpassung an heutige Anforderungen wäre mit großem Aufwand verbunden gewesen, zumal das alte Gebäude asbesthaltig war.
Die Gemeinde entschied sich daher nach einer Volksabstimmung gegen eine Sanierung und für einen Neubau. Beim anschließenden Architekturwettbewerb gewann der Entwurf „Türli und Arni“ von Durrer Architekten aus Luzern. Dieser sah zwei verschiedene Gebäude vor – ein Schul- und ein Kindergartenhaus, die in unterschiedlichen Etappen gebaut werden sollten, wodurch keine Provisorien benötigt wurden. Bedeutet: Der Neubau des Schulhauses Türli und Arni fand bei laufendem Schulbetrieb statt. Eine besondere Herausforderung, insbesondere für die Sicherheitsvorkehrungen bei der Zu- und Abfahrt der Baufahrzeuge.
Das Türli-Gebäude ist vierstöckig mit einem niedrigen Walmdach und fügt sich daher ideal in das bestehende Ortsbild ein. Außen wirkt es kompakt, innen sorgt ein großer Lichtschacht im Dach für natürliches Licht und die überwiegend in hellem Holz gehaltene Ausstattung für einen offenen, freundlichen Empfang. 12 Klassenräume, vier Gruppenräume, Musikzimmer und Singsaal, Lehrerzimmer, Logopädiezimmer und Räume für Werken und Basteln sowie Nebenräume für Lager oder Gebäudetechnik finden Platz im neuen Schulhaus. Vor allem die Klassenräume in den beiden oberen Stockwerken mit ihren großzügigen Panoramafenstern samt umlaufender Fensterbank sind ein echtes Highlight für die Schüler: Sie bieten eine grandiose Aussicht auf den Sarnersee oder die Kirche und den Dorfplatz und lassen die Klassenzimmer hell und freundlich wirken.
Das langgestreckte, zweigeschossige Arni-Gebäude beherbergt fünf Kindergartenräume sowie zwei Schulküchen und wurde in einer zweiten Etappe nach Fertigstellung des Türli gebaut. Auf den Firstdächern ist eine Photovoltaikanlage Richtung Süden platziert. Beide Gebäude wurden in einer Mischung aus Skelett- und Massivbauweise erstellt, was eine flexible Raumnutzung ermöglicht.
Bauteilaktivierung überzeugt die Architekten
Bei der Planung legten die Architekten großen Wert auf eine nachhaltige Energieversorgung in den beiden Gebäuden. Die neuesten gesetzlichen Energievorgaben wurden unter anderem durch die kompakte Bauform und die Wärmedämmung erfüllt. Zusätzlich sorgen eine Dreifachverglasung der Fenster und textile Markisen für einen Wärmeschutz im Sommer. Der Solarstrom aus der PV-Anlage versorgt neben den Schulgebäuden noch die Turnhalle und das Gemeindehaus. Darüber hinaus entschied sich der Architekt Reto Durrer für ein Lüftungssystem auf Basis einer Betonkerntemperierung.
Hierfür wurden während der Bauphase Kühlrohre aus wärmeleitendem Aluminium in die Betondecken auf jeder Ebene verlegt. Man kann sich diese dann wie eine Kühldecke vorstellen, mit zusätzlichem großen Energiespeichervolumen. Dies ermöglicht, die gespeicherte Wärme zu einem späteren, energetisch sinnvolleren Zeitpunkt abzugeben, beispielsweise in der Nacht oder den frühen Morgenstunden. Über den Tag hinweg führt die Wärmekapazität des Bauteils nur zu einem geringen Anstieg der Raumtemperatur. Die Energie im Raum dient dann der Nacherwärmung der Zuluft.
Beim Projekt Türli und Arni kam das BTA-Lüftungssystem Concretcool von Kiefer Klimatechnik zum Einsatz. Das TGA-Planungsbüro Berchtold aus Sarnen hatte bereits positive Erfahrungen mit diesem System und es daher speziell für dieses Projekt bei den Stuttgarter Lüftungsexperten angefragt. Concretcool nutzt die freie Kühlung und vereint die Bauteilaktivierung mit der Lüftungsfunktion. Das System bewährt sich bereits seit über 20 Jahren und ist ideal für Schulneubauten wie diesem. Denn für ein konzentriertes Arbeiten und Lernen und auch um eine mögliche virenbelastete Aerosolkonzentration zu vermeiden, benötigen Schulräume stets frische Luft.
Durch den kontinuierlichen Austausch der Raumluft wird ein Anstieg des CO₂-Gehalts in der Raumluft verhindert. Die Bauteilaktivierung mit Luft statt Wasser verwendet frische Außenluft als Energieträger. Diese steht an bis zu 70 Prozent des Jahres mit Temperaturen unterhalb von 12 °C kühl und kostenlos zur Verfügung. So werden die Räume mit Frischluft versorgt und gleichzeitig die Raumluftfeuchte im Sommer reduziert. Während des Betriebs der Anlage im Winter produzieren die Schüler mehr Wärme als durch die gut gedämmte Gebäudehülle entweicht. Dass daher nicht viel geheizt werden muss, war für die Architekten ein entscheidendes Argument für das Concretcool System.
Einfache Funktion – unauffälliges Design – hohe Energieeinsparungen
Die kühle Außenluft, mit einem optimalen Zuluftvolumenstrom für Concretcool von 12 m3/ hm2, durchströmt die Kühlrohre innerhalb der Betondecke und erwärmt sich dabei auf annähernd Deckentemperatur. Rippen in den Aluminiumrohren vervierfachen die innere Oberfläche nahezu. Dadurch wird ein Wärmeübertragungsgrad von 90 Prozent erreicht. Die benötigte Wärme wird der Decke entzogen und führt zu einer zeitgleichen Kühlung des Bauteils.
Deckendralldurchlässe vom Typ GLS 230 von Kiefer Klimatechnik führen anschließend die Zuluft in die Räume. Dadurch wird der hygienische Frischluftbedarf gedeckt und ein behagliches Raumklima geschaffen. Ganz ohne Nacherhitzer oder Primärenergie erreicht das System eine Austrittstemperatur von rund 21 °C. Der Prozess erfolgt selbstregulierend und fast schwankungsfrei mit hoher Stabilität der Temperatur aufgrund der großen Speicherkapazität der Betondecken.
Zusätzliche Lüftungsrohre benötigt das System nicht: Die Luftleitungen sind im Raum nicht zu sehen, lediglich die Luftdurchlässe sind in den Betondecken unauffällig integriert. Dadurch können auch ästhetische Ansprüche der Architekten erfüllt werden: Da die Anschlusskästen auch in wasserdichter Ausführung in die Decke einbetoniert werden können, sind beispielsweise durchgehend glatte Betondecken möglich.
Kunst am Bau
Im Sommer 2020 konnte das Schulhaus Türli und im Sommer 2021 auch das Arni feierlich eröffnet werden – ein Jahr früher als geplant und sogar mit etwas niedrigeren Gesamtkosten wie ursprünglich vorgesehen. Von der Fassade blicken 66 Portraits hinunter auf den Schulhof. Der Sarner Künstler Christian Kathriner hat freiwillig ausgeloste Kinder aus dem Kindergarten und der Schule zuerst fotografiert und anschließend mit einem speziellen Verfahren diese Portraits in verschiedenen Graustufen auf die Betonfassade gedruckt. So bleiben sie als Zeitzeugen für die Zukunft verewigt. An die Zukunft wurde auch bei der Planung gedacht: Denn sollte später eine Erweiterung nötig sein, kann an das Türli-Schulhaus angebaut oder der Arni-Kindergarten aufgestockt werden.