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Energieplanung: Warum Energieberater Sektorenkoppler werden

Lars Klitzke
Inhalt

Die Energieinfrastruktur in Deutschland durchläuft einen tiefgreifenden Wandel. Historisch gesehen sind die Infrastrukturen für Strom, Gas und in jüngerer Zeit auch Wasserstoff weitgehend unabhängig voneinander konzipiert und betrieben worden. Die Herausforderung besteht darin, diese getrennten Systeme in ein integriertes Gesamtsystem zu überführen, welches die Ziele der Klimaneutralität, Effizienz und Versorgungssicherheit erfüllt. 

Da sich der Transformationsprozess über alle Sektoren erstreckt, reicht es nicht mehr aus, die Infrastrukturen für Strom, Gas und perspektivisch Wasserstoff unabhängig voneinander zu planen, denn in einem integrierten Gesamtsystem gilt es, auch die Energieinfrastrukturen integriert und auf ein klimaneutrales Gesamtsystem abgestimmt zu entwickeln.

Deutschlands Energieinfrastruktur besteht hauptsächlich aus:

  • Hoch-, Mittel- und Niederspannungsnetzen, die eine zentrale Rolle in der Verteilung von Elektrizität spielen, sowie
  • Pipelines und Speichern, die hauptsächlich Erdgas transportieren und speichern.
  • Noch in einem frühen Entwicklungsstadium, aber zunehmend wichtig für die Speicherung und den Transport von erneuerbarer Energie, ist die Wasserstoffinfrastuktur.

Die Integration dieser Systeme bringt mehrere Herausforderungen:

  • Die unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften und Anforderungen von Strom, Gas und Wasserstoff erfordern angepasste Technologien und Sicherheitsstandards,
  • Anpassung der aktuellen Gesetzgebung und Marktstruktur an gekoppelte Systeme,
  • fortschrittliche Netzmanagement- und Speichertechnologien.

Die Entwicklung eines solchen integrierten Energieinfrastruktursystems erfordert verschiedene Werkzeuge:

  • Einsatz von Smart Grids, künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen zur Optimierung des Netzbetriebs und der Energieverteilung,
  • Verbindung der Energie-, Wärme- und Mobilitätssektoren, um Effizienzsteigerungen und Flexibilität zu erreichen,
  • Entwicklung und Einsatz von Batteriespeichern, Pumpspeicherkraftwerken und Wasserstoffspeichern zur Über­brückung von Angebot und Nachfrage,
  • Schaffung eines regulatorischen Rahmens, der die Integration fördert und gleichzeitig die Energiesicherheit und -effizienz gewährleistet,
  • Investitionen in Forschung und Entwicklung, um Lösungen für die Herausforderungen der Integration zu finden.
1 Die Lastprofile von Sommer und Winter unterscheiden sich durch die Grundlast. Bei beiden Profilen zeigen sich Spitzen an Werktagen abends und am Wochenende eher zur Mittagszeit.

So passen Honorarordnung und Energieplanung zusammen

Um den Weg strukturiert gangbar zu machen, verorte ich die HOAI-Leistungen in der Energieplanung entsprechend dieser Anforderungen. Die Herausforderung besteht darin, nicht nur das einzelne Gebäude zu betrachten, sondern auch die Anbindung an eine integrierte Energieinfrastruktur (Strom, Gas, Wasserstoff) zu planen.

1. Anamnese des Gebäudebestands

HOAI Phase 1: Ermittlung der Basisdaten des Gebäudes. Dazu gehören Baujahr, verwendete Baumaterialien, bisherige Sanierungen, energetischer Zustand und der aktuelle Energieverbrauch. Diese Phase dient dem Verständnis des Status Quo und der Identifizierung von Sanierungspotenzialen.

2. Ist-Analyse

HOAI Phase 2: Eine detaillierte Analyse des Ist-Zustands, einschließlich der thermischen Hülle des Gebäudes (Wärmedämmung, Fenster, Haustür), der Heizungs- und Lüftungssysteme sowie der aktuellen Energieversorgung. Bewertung der Gebäudehülle und der technischen Anlagen im Hinblick auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit.

3. Gebäudesimulation

HOAI Phase 3: Einsatz von Gebäudesimulationssoftware, um verschiedene Sanierungsszenarien und deren Auswirkungen auf den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen zu modellieren. Berücksichtigung von Maßnahmen wie zusätzlicher Wärmedämmung, Fensteraustausch, Einsatz erneuerbarer Energien und Einbindung in lokale Energieinfrastrukturen.

4. Vorplanung

HOAI Phase 4: Erstellung von Plänen und Unterlagen, die für die Beantragung von Baugenehmigungen und Fördermitteln notwendig sind. Integration der erarbeiteten Sanierungskonzepte in einen umfassenden Bauplan. Erste Entwürfe wie Luftdichtheits- und Wärmebrückenkonzept, Lüftungskonzept und vereinfachte Heiz-/Kühllast.

5. Detailplanung

HOAI Phase 5: Detaillierte technische und konstruktive Ausarbeitung der Sanierungsmaßnahmen. Dies umfasst genaue Spezifikationen für Materialien, Systeme und Ausrüstungen sowie die Planung der Energieinfrastruktur inklusive Fachplanungsleistungen wie Heizlastberechnung, den hydraulischen Abgleich, detaillierte Wärmebrückenberechnung, detailliertes Luftdichtheitskonzept, detailliertes Lüftungskonzept nebst Lüftungsplanung, Schallschutz- und Raumakustikplanung, Brandschutzplanung sowie Ermittlung einer dynamischen Heiz- und Kühllast. Erstellung eines Energiezählerkonzepts zum Monitoring und Planung der Gebäudeautomation.

HOAI Phase 6: Zusammenstellung der Ausschreibungsunterlagen und Ermittlung der Kosten.

HOAI Phase 7: Auswahl der ausführenden Unternehmen und Vergabe der Bauaufträge.

6. Umsetzung

HOAI Phase 8: Überwachung der Baumaßnahmen, um die Einhaltung der Planung, der Qualitätsstandards und der Zeitpläne zu gewährleisten.

7. Nachbetreuung und Monitoring

HOAI Phase 9: Überprüfung der Gebäudeleistung nach Abschluss der Sanierung, um sicherzustellen, dass die erwarteten Energieeinsparungen und CO2-Reduktionen erreicht werden. Monitoring und Feinabstimmung der Systeme.

2 Das winterliche Stromlastprofil zeigt eine höhere Grundlast aufgrund der vollelektrischen Erzeugung von Heizwärme.

Dynamische Gebäudesimulation

In jeder Phase sollte die Integration in das Gesamtenergiesystem betrachtet werden. Das umfasst die Bewertung der Energieeffizienz, die Einbindung in lokale und überregionale Energieinfrastrukturen (wie Strom- und Gasnetze, potenzielle Wasserstoffnetze) und die Berücksichtigung von Erneuerbaren Energien. Insbesondere bei der Planung der Energieversorgung sollte eine mögliche Integration in ein zukünftiges, klimaneutrales Gesamtsystem vorausschauend berücksichtigt werden.

Zielsetzung sollte es sein, dass bereits in der frühen Planungsphase verschiedene Akteure einbezogen werden. Der Fokus liegt auf der Bereitstellung von praktischen Schritten und Methoden, die es Eigentümern, Verwaltern, Mietern, Energieberatern und Fachplanern ermöglichen, einen Beitrag zur Erreichung eines klimaneutralen Gebäudebestands zu leisten.

Der Prozess beginnt mit der Ermittlung der Energiebilanz eines Gebäudes, um den Gesamtenergieverbrauch und die Energieerzeugung zu erfassen. Diese Daten sind entscheidend für die Erstellung einer CO2-Bilanz. Anschließend wird die CO2-Intensität der verschiedenen Energiequellen identifiziert, was eine differenzierte Betrachtung der CO2-Emissionen ermöglicht. Die Berechnung der CO2-Bilanz erfolgt unter Verwendung spezifischer Tools, die den Energieverbrauch mit CO2-Emissionsfaktoren kombinieren, um die jährlichen Treibhausgasemissionen des Gebäudes zu bestimmen.

Der Ansatz zum klimaneutralen Gebäudebestand und zur Einbindung der Gebäudeautomation bietet Einblicke in die komplexen Aspekte des Energiemanagements in Gebäuden. Er betont die Bedeutung eines integrierten Ansatzes, um die Effizienz der Energieerzeugung, -speicherung und -nutzung zu maximieren und die Gebäude an die sich wandelnden Anforderungen des Energieversorgungsnetzes anzupassen.

Die dynamische Gebäudesimulation stellt ein zentrales Element im Bereich der modernen Bauphysik und des Energiemanagements dar. Sie ermöglicht eine detaillierte Analyse und Prognose des Energiebedarfs und des thermischen Verhaltens von Gebäuden unter variablen Umwelt- und Nutzungsbedingungen. Diese Technik spielt eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung, Bewertung und Optimierung von energieeffizienten und nachhaltigen Gebäudelösungen.

Im Kern der dynamischen Gebäudesimulation steht die Modellierung der physikalischen Eigenschaften eines Gebäudes sowie seiner technischen Systeme, wie Heizung, Lüftung, Klimatisierung (HLK) und Beleuchtung. Die Modelle berücksichtigen sowohl externe Faktoren wie Wetter und Sonneneinstrahlung als auch interne wie die Wärmeabgabe von Personen und elektrischen Geräten. Durch die Simulation dieser Faktoren können Energieflüsse innerhalb des Gebäudes sowie die thermischen Prozesse, die das Innenraumklima beeinflussen, genau analysiert werden.

Ein wesentlicher Vorteil der dynamischen Gebäudesimulation ist es, den Energieverbrauch für Heizung, Kühlung und Beleuchtung präzise zu ermitteln und Optimierungspotenziale aufzuzeigen. Dies ist besonders relevant für die Entwicklung von Strategien zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks von Gebäuden. Darüber hinaus ermöglicht sie eine umfassende Analyse des thermischen Komforts und der Luftqualität in Innenräumen.

In der Praxis unterstützt die dynamische Gebäudesimulation Architekten, Ingenieure und Energieberater bei der Planung und beim Design von Gebäuden. Sie ermöglicht es, Designvarianten, Materialien und Systemkonfigurationen zu bewerten, um die beste Kombination zu finden. So können beispielsweise die Auswirkungen von Veränderungen in der Gebäudehülle, der Einsatz von erneuerbaren Energiequellen oder die Effizienz von HLK-Systemen im Vorfeld analysiert und optimiert werden.

3 Die Projektierung zeigt, dass Variante 1, die eine Kombination aus Sanierung der Gebäudehülle und Optimierung der technischen Anlagen beinhaltet, effektiver ist.

Gebäudesimulation erfordert Verständnis für viele Disziplinen

Trotz ihrer zahlreichen Vorteile stellt die dynamische Gebäudesimulation auch eine Herausforderung dar. Ihre Genauigkeit und Zuverlässigkeit hängen stark von der Qualität und Vollständigkeit der verwendeten Eingabedaten ab. Zudem erfordert die effektive Nutzung ein umfassendes Verständnis in den Bereichen der Architektur, Bauphysik, HLK-Technik und Regelungstechnik. Die Komplexität des Modellierungsprozesses und die Notwendigkeit einer interdisziplinären Zusammenarbeit können die Anwendung dieser Technologie erschweren.

Im folgenden Beispiel wird der Weg zu einem klimaneutralen Gebäudebestand am Beispiel der Transformation eines Gebäudes aus den 1960er Jahren aufgezeigt. Ziel ist es, den energetischen Transformationsprozess unter den Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit, der autarken Energieversorgung und der Nutzung erneuerbarer Energien umzusetzen. Dabei sollen Strategien, die auf Low-Tech und Low-Budget-Ansätzen basieren, berücksichtigt werden.

Eine vergleichende Berechnung des Gebäudes nach DIN 18599 gemäß den Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) 2023, GEG 2024 und den Minimum Energy Performance Standards (MEPS) illustriert die Schritte zum klimaneutralen Gebäudebestand. Der Schwerpunkt liegt auf der Bewertung und Optimierung der Bauteile und Konstruktionen der Gebäudehülle mit dem Hauptziel, eine optimale Balance zwischen effizienter Tageslichtversorgung und der Vermeidung übermäßiger solarthermischer Belastung zu erreichen.

Die Sanierung zielt darauf ab, die U-Wert-Anforderungen des GEG zu erfüllen. Hierbei werden handelsübliche Dämmstoffdicken und eine optimale Auswahl von Dämmstoffen eingesetzt. Die Sanierungsmaßnahmen umfassen das Anbringen zusätzlicher Dämmschichten an verschiedenen Bauteilen wie Außenwänden, Bodenplatten, Decken und Fenstern. Durch diese Maßnahmen wird der Endenergiebedarf des Gebäudes signifikant gesenkt, obwohl es in der Gebäudeklasse H verbleibt. Der Heizwärmebedarf und die Anlagenverluste sinken, während der Warmwasserbedarf konstant bleibt. Die Einsparung bei der Endenergie liegt bei etwa 23 Prozent, was auch zu einer proportionalen Reduzierung der Primärenergie und CO2-Emissionen führt.

Im Rahmen der MEPS-Anforderungen werden ebenfalls Sanierungsmaßnahmen analysiert, wobei hochwertige Dämmmaterialien mit verbesserter Wärmeleitfähigkeit eingesetzt werden. Trotz der überdurchschnittlichen U-Werte und der erheblichen Verbesserung der Dämmung verbleibt das Gebäude jedoch in der Energieeffizienzklasse G, sodass die MEPS-Anforderungen nicht erfüllt werden.

4 Geplant wurde im Beispielgebäude der 60er Jahre in der Sanierung mit Infrarot- und Elektrodirektheizungen. Neben PV auf dem Dach gibt es auch einen PV-Zaun.

Planung von Licht und Wärme gehören zum Konzept

Ein weiterer zentraler Aspekt der Konzeption ist die Tageslichtplanung. Dabei müssen verschiedene Faktoren wie Raumproportionen, Fassadengestaltung, Sonnenschutzsysteme und Innenausbau berücksichtigt werden. Das Ziel ist es, im Winter den Einfall von Tageslicht zu maximieren und im Sommer einen effektiven Sonnenschutz zu gewährleisten. Die Planung des Tageslichteinfalls in den Räumen erfolgt unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Nutzer, um ein optimales Lichtklima zu schaffen. Dies wirkt sich positiv auf Gesundheit und Wohlbefinden aus und trägt gleichzeitig dazu bei, den Energieverbrauch für Beleuchtung und Kühlung zu senken.

Der sommerliche Wärmeschutz ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil des Konzepts. Er umfasst Maßnahmen, um die sommerliche Aufheizung der Gebäude zu minimieren. Dies dient der Schaffung eines angenehmen Raumklimas und der Reduzierung des Energieaufwands für die Kühlung. Die Erfüllung der Anforderungen an den sommerlichen Wärmeschutz wird durch eine thermische Gebäudesimulation nachgewiesen.

Die Planungsphase beginnt mit der Erstellung des Lastprofils für den Haushaltsstrom und einer Analyse der Stromlastprofile im Sommer (Abb. 1) und im Winter (Abb. 2), um den Gesamtstrombedarf des Gebäudes einschließlich Mobilität, Heizung und Kühlung zu ermitteln. Bei der Betrachtung der Stromlastprofile für Winter und Sommer fällt auf, dass zwischen den Jahreszeiten in den Kurvenverläufen keine signifikanten Unterschiede bestehen, da der Alltag keine grundlegenden Veränderungen erfährt. Unterschiede treten lediglich in der Grundlast durch Heizung beziehungsweise Kühlung und der Nutzung von Lampen auf, die aufgrund der LED-Technologie in den Graphen nicht deutlich hervorstechen.

Die Unterschiede zwischen Werktagen und Wochenenden manifestieren sich darin, dass die Spitzenlasten an Werktagen hauptsächlich am Abend nach der Arbeit auftreten, insbesondere durch den Einsatz des Herdes sowie das Laden des E-Autos. Am Wochenende hingegen fallen die Spitzenlasten eher zur Mittagszeit an. Der Gesamtstrombedarf des Gebäudes inklusive Mobilität sowie Heizung und Kühlung beträgt ungefähr 9.800 kWh pro Jahr.

Es folgt ein detaillierter Vergleich der U-Werte (Wärmedurchgangskoeffizienten) im Ist- und Soll-Zustand der Außenwände, des Dachs und der Bodenplatte. Das Ziel ist eine Optimierung der U-Werte, um die Gebäudehülle energetisch zu sanieren und einen Null-Emissions- beziehungsweise Plus-Energie-Standard zu erreichen. Besonders wird auf die Herausforderungen und Möglichkeiten der Sanierung von erdreichberührten Bauteilen wie der Bodenplatte eingegangen.

Die Projektierung beinhaltet detaillierte Untersuchungen und Vorschläge zur Optimierung der Gebäudehülle und der Anlagentechnik. Zwei Hauptvarianten werden betrachtet: Variante 1, die eine umfassende Sanierung der Gebäudehülle und eine Optimierung der technischen Anlagen vorsieht, und Variante 2, die sich auf die Optimierung der Anlagentechnik ohne Änderungen an der Gebäudehülle konzentriert.

Wesentliche Maßnahmen in Variante 1 beinhalten die Verbesserung der U-Werte von Fenstern, Außenwänden und Bodenplatten sowie den Einsatz einer solarbetriebenen Split-Klimaanlage, Photovoltaik-Anlagen und moderner Dämmmaterialien. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, den Wärmeverlust zu reduzieren, den Einsatz von Solarenergie zu maximieren und die CO2-Emissionen zu minimieren.

Variante 2 hingegen fokussiert sich auf die Nutzung effizienter technischer Anlagen, wie Luft-Wärmepumpen und Photovoltaik-Wasserboiler, um den Energiebedarf zu decken. Diese Variante sieht jedoch keine Änderungen an der Gebäudehülle vor, was zu einer weniger effektiven Energieeinsparung führt.

Die Verbesserung der Gebäudehülle hat einen signifikanten Einfluss auf den Heizungs- und Wasserwärmebedarf, die Anlagenverluste sowie die CO2-Emissionen des Gebäudes. Wie der Variantenvergleich in Abb. 3.zeigt, reduziert sich der Heizwärmebedarf im Vergleich zu Variante 2 um 46 % auf 89,9 kWh/m². Der Wasserwärmebedarf beträgt 12,1 kWh/m² bei Variante 2 und sinkt im Vergleich zu Variante 1 um 1,8 kWh/m², was einem Wert von 10,3 kWh/m² entspricht. Der Anlagenverlust von Variante 2 lag bei -101,2 kWh/m², während er bei Variante 1 nur -74,2 kWh/m² beträgt. Der CO2-Ausstoß des Gebäudes konnte durch die Maßnahmen der Variante 1 um 66 % auf 14,55 kg/m² gesenkt werden.

Die Projektierung zeigt, dass Variante 1, die eine Kombination aus Sanierung der Gebäudehülle und Optimierung der technischen Anlagen beinhaltet, effektiver ist. Diese Variante führt zu einer deutlichen Reduzierung des Energiebedarfs und der CO2-Emissionen im Vergleich zu Variante 2. Mithilfe der Gebäudesimulation durch die Hottgenroth-Energieberater-Software wurde festgestellt, dass der Heizenergiebedarf in Variante 1 signifikant geringer ist als in Variante 2. Die verbesserte Gebäudehülle spielt eine entscheidende Rolle bei der Senkung des Energieverbrauchs und trägt erheblich zur Reduzierung der Heizkosten bei.

Das zeigt, dass die Kombination einer optimierten Gebäudehülle mit effizienten technischen Anlagen eine entscheidende Rolle bei der Reduzierung von Wärmeverlusten spielt und maßgeblich dazu beiträgt, den Energiebedarf des Gebäudes zu verringern. Dadurch wird die effektivere Nutzung erneuerbarer Energien ermöglicht. Ein solch ganzheitlicher Ansatz kann zu einem Null-Emissions-Haus führen.

Im Zuge der Untersuchung wurden die Flächen analysiert und als Energieertragsflächen erweitert. Dazu gehören die Dach- und Fassadenflächen sowie die Installation einer Zaun-Photovoltaikanlage und eines Batteriespeichers.

Bei dieser Planung handelt es sich um ein rein strombasiertes Konzept, das auf eine maximale photovoltaische Erzeugung und Optimierung des Eigenverbrauchs durch den Einsatz eines entsprechend dimensionierten Batteriespeichers abzielt. Ziel war es, technische Anlagen auszuwählen, die möglichst einfach (Low-Tech) sind und gleichzeitig die Investitionskosten von 15.000 Euro netto für die eingesetzte Anlagentechnik nicht überschreiten.

Dies wird durch ein Sanierungskonzept ermöglicht, das die gleichzeitige Optimierung der Gebäudehülle mit dem Ziel anstrebt, den Passivhausstandard weitestgehend zu erreichen. Abb. 4 illustriert die Integration der PV-Module als Erzeugerseite in Verbindung mit den Verbrauchern des Gebäudes.

Die Trinkwassererwärmung wird ebenfalls in das Ziel einbezogen, fossile auszuschließen. Dies erfolgt durch den Einsatz elektrifizierter Kleinspeichersysteme, die den Bedarf an Trinkwarmwasser vorwiegend solarelektrisch decken. Dabei werden Heizelemente genutzt, um das Wasser zu erwärmen und eventuelle Überschüsse zunächst ins Hausnetz einzuspeisen. Zu diesem Zweck wurden jeweils ein vorzugsweise photovoltaisch versorgtes Trinkwassererwärmungssystem mit Mikrowechselrichter in Bad und Küche installiert (Abb. 5).

Diese Systeme sind mit einem 80-Liter- beziehungsweise einem 10-Liter-Pufferspeicher ausgestattet, die ihren Gleichstrom jeweils über drei beziehungsweise ein Photovoltaikmodul auf dem Dach beziehen. Der Strom wird direkt zum Erhitzen des Wassers verwendet. Der eingebaute Mikrowechselrichter, in Kombination mit dem Energiemanager, übernimmt dabei die zeitliche Koordination des Lastenmanagements zwischen eigenproduziertem Strom und Netzbezug.

Das Energiekonzept sieht eine Elektrifizierung aller Verbrauchsbereiche vor. Damit kommt man auf einen jährlichen Strombedarf von rund 15 MWh (Abb. 6). Der Jahreslastgang zeigt, dass es sich bei dem in seiner Gebäudehülle energetisch optimierten Gebäudes um ein über das Jahr betrachtet konstanten Abnehmer handelt. So liegen lediglich Schwankungen in den Stromspitzen von wenigen Kilowatt vor.

5 Die Trinkerwassererwärmung erfolgt in dem simulierten Gebäude ebenfalls elektrisch mit Kleinspeichern und Mirkowechselrichtern in der Küche und im Bad.

Planung führt zu geringem Bedarf an Netzstrom

Da die Verwendung eines Batteriespeichers zu hohen Netzeinspeisungsanteilen führt und der Eigenverbrauch des erzeugten Netto-Photovoltaikertrags lediglich bei etwa 40 % liegt, wird gemäß der Vorgaben der Projektierung ein entsprechender Speicher ausgewählt. Es ergibt sich eine asymptotische Annäherung an den optimalen Autarkiegrad bei einer Akkukapazität von 10 kWh, was das simulierte Betriebsoptimum repräsentiert und somit die benötigte Speicherkapazität aufzeigt. Hierbei wird deutlich, dass der Nutzen des Batteriespeichers durch das Verhältnis des Ertrags zum jeweiligen Verbrauch des Objektes begrenzt ist.

Abschließend werden nun die PV-Erträge den Bedarfen respektive Verbräuchen an elektrischer Energie gegenübergestellt. Es zeigt sich, dass nur ein geringer Anteil von rund 500 kWh aus dem Netz bezogen wird, was maximal 4 % des Gesamtstrombedarfes entspricht. Das Ziel „Null-Energie“ ist somit nahezu erreicht.

Dabei ist die Berechnung eines Gebäudes mit mehreren speziellen Anlagenkonfigurationen mithilfe der Hottgenroth Software nicht einfach per Knopfdruck möglich. Sie erfordert Fachwissen und Erfahrung in der rechnerischen Darstellung der einzelnen Energiesysteme. Bei der Simulation mussten beispielsweise Räume zusammengefasst werden, was zur Erstellung mehrerer Lastgänge führte. Diese mussten später in einer Excel-Tabelle zusammengeführt werden. Die dabei gewonnenen Erfahrungen aus der Excel-Simulation ermöglichten eine vertiefte Simulation des einzusetzenden Batterie­speichers.

Bei der Ermittlung der optimalen Batteriekapazität von 10 kWh stellte sich heraus, dass diese an den spezifischen Bedarf und Verbrauch angepasst werden muss. Basierend auf den Ergebnissen der Simulation lässt sich schlussfolgern, dass das vorgeschlagene Konzept – bestehend aus einer hochgedämmten Gebäudehülle, Low-Tech-Energiesystemen in Kombination mit einer hohen PV-Deckung – das Ziel eines Null-Energie-Gebäudes erreichen kann, wobei geringfügige Abweichungen durch Netzbezug aus dem öffentlichen Stromnetz zu erwarten sind.

6 Der Endenergiebedarf des Gebäudes liegt nach der Sanierung bei zirka 15.000 kWh pro Jahr.

Besonders hervorzuheben ist, dass durch die Installation einer Luft/Luft-Wärmepumpe in Kombination mit einer optimierten Gebäudehülle der Primärenergiebedarf signifikant reduziert und das Gebäude dadurch energetisch sehr effizient gestaltet wird. Der Einsatz von Infrarotheizungen ermöglicht zudem, temporär lokale Temperaturerhöhungen zu erzeugen und das Gesamtsystem dadurch zu entlasten.

Eine der zentralen Erkenntnisse besteht in der signifikanten Auswirkung auf die Energieeinsparung, die sich aus dem Zusammenspiel von Gebäude, Anlagentechnik und Nutzerverhalten ergibt. Dies wird ergänzt durch den intelligenten Netzbetrieb mittels KI-gesteuerter Sensoren und Aktoren sowie einer Automatisierungsebene für das Energiemanagement. Solche Maßnahmen ermöglichen langfristige Einsparungen bei den Energiekosten.

Der Autor Lars Klitzke lehrt energetische Planung/Technische Gebäudeausrüstung an der Hochschule Koblenz sowie Bauphysik, energieoptimiertes Bauen und dynamische Gebäudesimulation an der Hochschule Mainz.

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