Schildbürgerstreich: Die geförderte Heizungsoptimierung wurde beschränkt
Nachdem der Bundesrat der „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen“ (EnSimiMaV) zugestimmt hat, kann sie am 1.10.2022 in Kraft treten. Sie ist zwei Jahre lang gültig und lauft zum 30.9.2024 automatisch aus. Das BMWK hat nun in einer Nacht- und Nebelaktion die Förderbedingungen für die Heizungsoptimierung im Bereich „BEG Einzelmaßnahmen“ für Wohn- und Nichtwohngebäude beschränkt.
Änderungen bei BEG Einzelmaßnahmen seit 21.09.2022
Am 22.09.2022 wurde auf der Webseite des BAFA folgende Information veröffentlicht:
„Das BMWK hat die Bundesförderung für effiziente Gebäude – Einzelmaßnahmen (BEG EM) angepasst in Bezug auf die maximale Höhe der förderfähigen Kosten, die Heizungsoptimierung sowie die Nachweise in Form von Rechnungen.
Ab 21. September 2022 gelten aufgrund der Anpassung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) bei der BEG – Einzelmaßnahmen einige Änderungen.
- Die förderfähigen Kosten für energetische Sanierungsmaßnahmen von Wohngebäuden sind gedeckelt auf 60.000 Euro pro Wohneinheit und Kalenderjahr, insgesamt auf maximal 600.000 Euro pro Gebäude.
- Die Förderung der Heizungsoptimierung nach Nummer 5.4 der Richtlinie der BEG EM wird begrenzt auf Bestandsgebäude mit höchstens fünf Wohneinheiten bzw. bei Nichtwohngebäuden auf höchstens 1.000 Quadratmeter beheizter Fläche.
- Zur Dokumentation der geförderten Maßnahmen sind im Verwendungsnachweis nach Nummer 9.5 der Richtlinie der BEG EM Rechnungen vorzulegen. Die Rechnungen müssen die förderfähigen Maßnahmen, die Arbeitsleistung sowie die Adresse des Investitionsobjektes ausweisen und in deutscher Sprache ausgefertigt sein. Werden Teilrechnungen/Abschlags-rechnungen vorgelegt, so ist zusätzlich eine zusammenfassende Schlussrechnung vorzuhalten. Rechnungen sind unbar zu begleichen und die entsprechenden Belege (zum Beispiel Kontoauszüge) als Zahlungsnachweise aufzubewahren bzw. einzureichen.“
Weshalb diese plötzliche und fristlose BEG-Anpassung?
Warum erfolgte diese kommentarlose Anpassung der Förderbedingungen? Und warum so plötzlich? Das BMWK wollte wahrscheinlich vorsorglich verhindern, dass die Kosten der Sanierungs- und Heizungsoptimierungsförderung bei größeren Wohn-/Nichtwohngebäuden den BEG-Fördertopf zu stark belasten. Zum anderen hat man im Ministerium wohl befürchtet, dass es bei einer Übergangsfrist bis zum 30.9.2022 zu einer Antragsflut beim BAFA kommt – wie zuletzt bei den vorab angekündigten Kürzungen der BEG-Zuschüsse.
Ob dieser Schritt des BMWK mit Blick auf die Umsetzung der EnSimiMa-Verordnung sinnvoll und klug war, ist zu bezweifeln. Denn in der EnSimiMa-Verordnung gehen die Verantwortlichen davon aus, dass in etwa 700.000 großen Wohn- und Nichtwohngebäuden ein hydraulischer Abgleich notwendig wird. Dies Gesamtkosten dafür wurden mit 2,8 Milliarden Euro prognostiziert. Bei einer maximalen Förderquote von 20% (= 15% + 5% iSFP-Bouns) wären das 280 Millionen Euro pro Jahr und somit kein Betrag, der den Fördertopf übermäßig belasten dürfte.
Rätselhaft bleibt auch die Einführung des Gesamtkostendeckels für energetische Sanierungsmaßnahmen in Wohngebäuden: Weshalb zum jetzigen Zeitpunkt? Und wie kam der Höchstbetrag von 600.000 Euro zustande? Diese Begrenzung dürfte in einem großen Wohngebäude mit Gas-Etagenheizungen rasch erreicht sein, falls sich der Eigentümer für eine dezentrale, erneuerbare Heizungsmodernisierungsvariante, z. B. mit wohnungsweisen installierten Wärmepumpen, entscheidet und eventuell noch begleitende Dämmmaßnahmen durchführen möchte.
Demotivierendes Signal an die Hauseigentümer
Die psychologische Wirkung der Förderbeschränkung auf die Hauseigentümer könnte fatal sein: Weil sie die Erfüllungskosten der Optimierungsmaßnahmen komplett selber tragen müssen („Instandhaltungsaufwendungen“), könnten sie nun auch noch aus Ärger über die Förderstreichung entscheiden, einfach nichts zu tun!
Und das Nichthandeln ist sogar wirtschaftlich begründbar, falls z.B. in den nächsten fünf Jahren ohnehin eine komplette Heizungssanierung und/oder Effizienzmaßnahmen an der Gebäudehülle konkret geplant sind. Und falls sich der verordnete hydraulische Abgleich alleine bis dahin nicht amortisiert hat. Denn nach einer energetischen Sanierung würde nicht nur ein erneuter hydraulischer Abgleich notwendig, sondern der wäre dann auch (wieder) BEG EM förderfähig – und in Verbindung z.B. mit einer Wärmepumpe mit einem (erhöhten) Zuschuss von 25 bis 40%.
Welche ordnungsrechtlichen Konsequenzen ein „Nichthandeln aus wirtschaftlichen Gründen“ im Rahmen der EnSimiMa-Verordnung nach sich ziehen (könnten), bleibt abzuwarten. Wer jedem Ärger aus dem Weg gehen möchte, sollte die Ausnahmemöglichkeit nach §3 (2) prüfen: Die Pflicht zum hydraulischen Abgleich entfällt demnach, falls „das Gebäude in der aktuellen Konfiguration bereits hydraulisch abgeglichen wurde“. Wie dieser Nachweis zu führen ist, wird weder im Verordnungstext noch im erläuternden Anhang beschrieben.
Fazit: Auch diese BEG EM-Kürzungsaktion bei der Heizungsoptimierung ist ein weiterer von mehreren anderen Stolpersteinen, die die wirksame Umsetzung der Verordnung in der Praxis scheitern lassen könnten. Und der neu eingeführte Kostendeckel von 600.000 Euro für Gesamtsanierungsmaßnahmen erscheint für große Wohngebäuden nicht weitsichtig genug und zu niedrig angesetzt zu sein – insbesondere mit Blick auf die von der Bundesregierung gewünschte erneuerbare Wärmewende.
Ein Kommentar von Jürgen Wendnagel