BDA: Architekten fordern Abkehr vom Wachstumsdenken
Auf dem 15. BDA-Tag in Halle hat der Bund Deutscher Architekten mit dem Positionspapier „Das Haus der Erde“ einen programmatischen Aufruf für einen Paradigmenwechsel in Architektur und Bauwesen beschlossen. Das Papier plädiert in zehn Punkten für eine Abkehr vom Wachstumsgedanken. Es ruft Architekten und Stadtplaner auf, für ein Lebensverständnis einzutreten, bei dem der Schwerpunkt im Wiederverwenden, Umnutzen, Nachnutzen und Mitnutzen liegt.
Die zehn Postulate
1. Politisch denken und sich einmischen
"... Wir müssen politisch denken und handeln, müssen uns einmischen, Eigeninitiative entwickeln und zivilen Ungehorsam proben. Wir müssen zeigen, dass der tägliche Umweltwahnsinn, wie beispielsweise der ungebremste Flächenfraß, der Vorrang von Neubauten oder der Mobilitätsfetisch nicht alternativlos sind."
2. Ein neues Zukunftsbild
"... Mit Phantasie, mit kreativem und konzeptionellem Denken können Architekten und Stadtplaner ein motivierendes und begeisterndes Zukunftsbild entwerfen."
3. Achtung des Bestands
"Bauen muss vermehrt ohne Neubau auskommen. Priorität kommt dem Erhalt und dem materiellen wie konstruktiven Weiterbauen des Bestehenden zu und nicht dessen leichtfertigem Abriss. Das Konzept der „grauen Energie“, die vom Material über den Transport bis zur Konstruktion in Bestandsgebäuden steckt, wird ein wichtiger Maßstab zur energetischen Bewertung sowohl im Planungsprozess als auch in den gesetzlichen Regularien. Wir brauchen eine neue Kultur des Pflegens und Reparierens."
4. Intelligenz des Einfachen
"Die technische Aufrüstung zu „intelligenten Gebäuden“ und das Übermaß an Dämmmaterialien haben nicht zu langlebigen und energetisch nachhaltigen Bauten geführt. Beide Konzepte sind in eine Sackgasse geraten.
Eine dem Klimawandel gerecht werdende Architektur nutzt und reguliert mit typologischen, konstruktiven und thermischen Strukturen die jeweiligen klimatischen Bedingungen für ein Wohlbefinden der Nutzer. Referenz kann dabei die energetische Intelligenz von tradierten regionalen Bauweisen sein. Das Einfache kann komplexe Zusammenhänge bewältigen."
5. Bauen als materielle Ressource
"Alle zum Bauen benötigten Materialen müssen vollständig wiederverwendbar oder kompostierbar sein...Statt energieintensiv erzeugter Materialien wie Beton und Stahl liegt der Schwerpunkt auf natürlichen Materialien wie Stein, Holz und Lehm."
6. Vollständige Entkarbonisierung
"Der Verzicht auf kohlenstoffbasierte Materialien und fossile Brennstoffe im Bauen tritt als wichtiges ökologisches Kriterium an die Stelle der Energieeffizienz. ..."
7. Neue Mobilitätsformen
"... Das Motto der „Stadt der kurzen Wege“ weist ... Fußgängern, Radfahren und dem öffentlichen Nahverkehr eine Priorität gegenüber dem motorisierten Individualverkehr zu..."
8. Polyzentralität stärken
Wachstum der Städte und den zunehmenden Pendlerverkehr begrenzen: "Klein- und Mittelstädte sind dafür als Lebens- und Arbeitsorte in ihrem kulturell-sozialen Angebot und ihrer wirtschaftlichen Basis zu festigen."
9. Kultur des Experimentierens
Architekten und Stadtplaner sollen "gemeinsam mit verschiedenen Akteuren experimentell an intelligenten und kollektiven Lösungen arbeiten".
10. Politische Versuchsräume
"Experimentierklauseln im rechtlichen Rahmen schaffen den nötigen Freiraum für Innovationen und für die Anpassung von politischen Regulierungen an neue Entwicklungen. "
Das komplette Positionspapier finden sie hier.