Marktübersicht: Das sind die aktuellen BIM-Ausbildungsangebote
Building Information Modeling ist eine Planungsmethode, die Wissen, Know-how und Erfahrung voraussetzt. Doch BIM-Experten sind rar. Das Wissen rund um die BIM-Planungsmethode muss man sich deshalb über verschiedene Quellen aneignen – entweder im Selbststudium mit Fachliteratur (siehe Literatur-Angaben), über Fachveranstaltungen, das Internet, externe Berater, den Austausch mit Kollegen und Projektpartnern – oder über Schulungen.
Letztere werden derzeit pandemiebedingt in Form von Webinaren und Online-Workshops angeboten, teilweise kombiniert mit Präsenz-Seminaren. Sowohl die Anzahl als auch das Niveau der Schulungsangebote ist inzwischen beachtlich, was auch an den von buildingSmart und dem VDI definierten Standards liegt.
Welche Inhalte bieten BIM-Schulungen?
BIM-Schulungsinhalte sollten möglichst umfassend angelegt sein und einem aufeinander aufbauenden didaktischen Konzept folgen. Neben Begriffen und Basiskenntnissen, den Vorteilen, Möglichkeiten und Anwendungsbeispielen, sollten auch Informationen zu BIM-Werkzeugen, zu Modellierregeln und zum objektorientierten Modellaufbau, zur Koordinierung sowie Datenübergabe und -übernahme, zur BIM-Einführung im Unternehmen und im Projekt, aber auch zu den praktischen Herausforderungen und rechtlichen Aspekten vermittelt werden.
Vorgegeben werden diese Ausbildungsinhalte in der Technischen Regel VDI/BS-MT 2552. Damit wurde vom VDI in Zusammenarbeit mit buildingSmart Deutschland vor gut zwei Jahren eine verbindliche BIM-Aus- und -Weiterbildungsrichtlinie geschaffen, die Kompetenzen, Qualifikationen und Lehrinhalte für die Vermittlung von BIM-Basiskenntnissen vorgibt.
Die mit einer Zertifizierung abschließende Ausbildung soll BIM-Fachkräfte mit einem einheitlichen BIM-Wissen und vergleichbarer Kompetenz ausstatten. Mit der Vorgabe von Kompetenzen, Qualifikationen, Lehrinhalten und Rahmenbedingungen für den Schulungsablauf sollen inhaltliche Qualitäten gesichert und vergleichbare Kompetenzen von Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen geschaffen werden.
Was gibt VDI/BS-MT 2552 konkret vor?
VDI/BS-MT 2552 ist Teil der Richtlinienreihe VDI 2552, die Strukturen für eine effektive Implementierung von BIM in die Prozesse des Planens, Bauens und Betreibens vorgibt. Speziell mit der BIM-Aus- und -Weiterbildung beschäftigt sich VDI/BS-MT 2552. In den Blättern 8.1 [7], 8.2 [8] und 8.3 [9] werden die Qualifikationsstufen „Basiskenntnisse“, „Vertiefende Kenntnisse“ und „Fertigkeiten“ beschrieben.
Zu den Inhalten der Qualifikationsstufe „Basiskenntnisse“ (Blatt 8.1) zählen eine Übersicht über aktuelle und in der Entwicklung befindliche Normen, Vorteile, Anwendungsformen und Herausforderungen von BIM, der objektorientierte Modellaufbau, die BIM-Implementierung, BIM-Werkzeuge, die Koordinierung und Datenübergabe sowie rechtliche Aspekte und BIM-Perspektiven.
Das derzeit als Entwurf verfügbare Blatt 8.2 „Vertiefende Erkenntnisse“ beschreibt Anforderungen an das Know-how rund um die Bereiche Modellerstellung, Bestandserfassung, Visualisierung, Mengen- und Massenermittlung, Kostenplanung, Koordination, Bauablaufsimulation etc.
Als Projekt angekündigt und voraussichtlich im Oktober 2022 als Entwurf verfügbar ist das Blatt 8.3: „Fertigkeiten“, in dem Anforderungen an die Fertigkeiten zu den vertiefenden BIM-Kenntnissen beschrieben werden.
Was leisten Anbieter-Standards?
Auch wenn die meisten Anbieter BIM bereits gemäß VDI-Richtlinie schulen – teilweise werden auch noch an eigenen, unternehmensinternen Standards orientierte Schulungsinhalte angeboten. Manchmal sind es auch nur Softwareschulungen, die mit fragwürdigen „BIM-Diplomen“ abgeschlossen werden können.
Natürlich sind auch BIM-Schulungen ohne Zertifizierung auf hohem Niveau möglich – zumal auch die VDI/buildingSmart-Richtlinie noch nicht in allen Qualifikationsstufen verfügbar ist. Insbesondere Schulungen, die ihre Lehrinhalte an den Aufgaben und Zuständigkeiten der BIM-Verantwortlichen, wie BIM-Konstrukteuren, -Koordinatoren oder -Managern sowie an den verschiedenen Baugewerken orientieren, sind sinnvoll. Schließlich bietet BIM beispielsweise für das SHK- oder Elektrohandwerk andere Möglichkeiten als für Schreiner oder Zimmerer.
Deshalb sollte sowohl spezifisch für die unterschiedlichen Gewerke als auch für die verschiedenen BIM-Aufgabenbereiche geschult werden. Zu den Lehrinhalten von BIM-Konstrukteuren sollten beispielsweise die Entwurfs-, Ausführungs- und Detailplanung am BIM-Modell, Modellierungsregeln, die Verwendung und Erstellung von Vorlagen und Layouts, die Erstellung eigener BIM-Bibliotheken, der IFC-Modellaustausch oder die Prüfung der Modellqualität und die Modell-Koordination anhand praktischer Beispiele gehören.
Die Lehrinhalte von BIM-Koordinatoren oder BIM-Managern sollten sich an den Anforderungen und Aufgaben bei der Zusammenführung von BIM-Fachmodellen, respektive der Einführung der BIM-Methode im Unternehmen orientieren.
Spezifische Inhalte für das SHK- oder Elektrohandwerk sollten beispielsweise vermitteln, wie man BIM-Modelle oder Bauteile und deren Abmessungen, Flächen, Volumen, Materialien oder technische Daten vorgegebener Produkte und deren Eigenschaften auswertet und analysiert und beispielsweise alle Leitungsdurchbrüche anzeigt und als Liste ausgibt. Ferner, wie man mit Planern am BIM-Modell Details, Probleme und Kollisionen bespricht oder Nachrichten austauscht oder BIM-Modelldaten für die Badplanung über die IFC-Schnittstelle ohne Informationsverluste importiert etc.
Allerdings sind handwerksorientierte BIM-Schulungen noch rar und gewerkspezifische Schulungsstandards fehlen.
Wer bietet was?
Für das Selbststudium offeriert der Buchmarkt inzwischen eine Fülle an Titeln (Auswahl siehe Literatur-Angaben) – die teilweise schon in die Jahre gekommen sind und dringend einer Neuauflage bedürfen. Aktueller sind Fachmagazine, von denen sich einige auf die BIM-Planungsmethode spezialisiert haben (z. B. Build-Ing von Huss Medien oder die BIM-Sonderhefte von Ernst & Sohn).
Auch im Internet ist das Angebot an kostenlosen und kostenpflichtigen Inhalten groß. Beispielhaft seien hier die BIM-Rubrik von baunetzwissen.de und die Wissensplattform bimpedia.eu genannt. Letztere bietet mit mehr als 1500 meist kostenpflichtigen Anleitungen und Video-Tutorials Hilfen für den BIM-Einstieg und die Arbeit mit BIM.
Wer Schulungen und die Möglichkeit der Nachfrage bevorzugt, sollte sich bei den inzwischen kaum mehr überschaubaren Aus- und Weiterbildungsveranstaltungen umsehen. Anbieter sind unter anderem Verbände und Institutionen, wie Architekten-, Ingenieur- und Handwerkskammern, Planungs- und Bauunternehmen, Bausoftwarehersteller, Hochschulen, BIM- oder Schulungsdienstleister.
Teilweise kooperieren auch mehrere Anbieter und bündeln so ihre Kompetenzen. So offerieren beispielsweise die Akademie der Ruhr-Universität Bochum gemeinsam mit der Technischen Universität München und Hochtief ViCon ihr Angebot in Form von BIM Professional-Kursen, die in mehrere Module samt Praxisanteil gegliedert sind und auch eine Zertifizierung beinhalten. Einige Anbieter offerieren auch individuell zugeschnittene BIM-Schulungen in den Räumlichkeiten des Auftraggebers.
Die Kosten für BIM-Basisschulungen liegen zwischen 1.000 und 3.000 Euro (zzgl. MwSt.) pro Teilnehmer für mehrtägige Online-, respektive Präsenzschulungen beim Schulungsanbieter. Hinzu kommen rund 200 bis 300 Euro für die Zertifikate.
Worauf sollte man achten?
Damit man diese Investition nicht in den Sand setzt, sollte man, beispielsweise anhand dieses tabellarischen Vergleichs, das passende Angebot auswählen und sich anschließend die Schulungsinhalte im Detail anschauen und diese gegebenenfalls auch vorher explizit anfordern. Vor allem sollte man darauf achten, dass der Schulungsanbieter über eine aktuelle, von buildingSmart/VDI autorisierte Schulungsberechtigung verfügt, die alle zwei Jahre erneuert werden muss. Außerdem sollte er die erfolgreiche Teilnahme durch ein buildingSmart-VDI-Zertifikat bestätigen können.
Für Online-Veranstaltungen sind ein aktueller PC oder Laptop mit Webcam, Mikrofon und stabiler, ausreichend schneller Internetverbindung Voraussetzung. Bei Präsenzveranstaltungen ist die Verpflegung unterschiedlich: teilweise gibt es nur Getränke, teilweise sind Pausensnacks, Mittagessen und Getränke inbegriffen.
Auch bei der Buchung sollte man auf einiges achten. So behalten es sich einige Anbieter vor, eine Präsenz- und teilweise auch Onlineveranstaltung abzusagen, wenn die Anzahl der Interessenten zu gering ist (z. B. weniger als 5 Personen). Umgekehrt kann die Kursteilnahme vom Interessenten bis zu einer gewissen Frist (etwa zwei bis drei Wochen) vor Veranstaltungsbeginn kostenfrei storniert werden. Bei einer späteren Stornierung fallen Stornogebühren an. Die Teilnahme einer oder mehrerer Ersatzpersonen ist in der Regel möglich.
Für BIM-Schulungen kann man teilweise auch Fortbildungspunkte gemäß Fort- und Weiterbildungsordnung (FuWO) erhalten oder Fördermittel beantragen. Je nach Bundesland sind – unter Erfüllung der Voraussetzungen – Zuschüsse von bis zu 60 % möglich. Ausführliche Listen aktueller BIM-Ausbildungsangebote gibt es beispielsweise unter: www.vdi.de/bim oder www.bim-events.de
Zertifikate sind nicht alles
BIM fehlt es, ebenso wie dem gesamten Baubereich, an Fachkräften. Viele Institutionen, Ausbildungsstätten und private Dienstleister haben den Bedarf erkannt und bieten entsprechende Schulungs- und Weiterbildungsangebote an. Die meisten davon orientieren sich inzwischen an dem von buildingSmart und VDI geschaffenen Ausbildungsstandard.
Das macht es einfacher, Ausbildungsangebote qualitativ einzuschätzen und zu vergleichen – und man hat als Absolvent später ein allgemein anerkanntes, international gültiges Zertifikat in der Hand.
Wie gut das Schulungsangebot, das didaktische Konzept oder das Schulungsmaterial ist oder wie anschaulich die Referenten Inhalte vermitteln und – im besten Fall – die Teilnehmer für das Thema begeistern können, erfährt man aber nicht. Hier ist man auf Erfahrungen von Teilnehmern und deren Bewertungen im Internet oder auf Mundpropaganda angewiesen.
Link-Tipps
www.bim4infra.de/handreichungen BIM-Leitfäden
www.bauen-digital.ch Produkte, Publikationen
www.baunetzwissen.de Rubrik BIM
www.bim-events.de Seminare, Veranstaltungen
www.bim-me-up.com BIM-Blog
www.bimdeutschland.de BIM Deutschland
www.bimpedia.eu BIM-Wissensdatenbank
www.buildingsmart.de buildingSMART Deutschland
www.buildingsmart.de/regionalgruppen BIM-Regionalgruppen
www.buildingsmart.de/bim-weiterbildung Infos zur Weiterbildung
www.lynda.com (LinkedIn Learning) Lernvideos, Suche: BIM
https://www.vdi.de/tg-fachgesellschaften/vdi-gesellschaft-bauen-und-gebaeudetechnik/vdi-koordinierungskreis-building-information-modeling-kk-bim VDI-Koordinierungskreis BIM
Literatur
[1] Borrmann, A.; König, M.; Koch, C.; Beetz, J. (Hrsg.): Building Information Modeling – Technologische Grundlagen und industrielle Praxis. Berlin: Springer-Verlag, VDI-Buch, 2015
[2] Egger, M.; Hausknecht, K.; Liebich, T.; Przybylo, J.; Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR, Hrsg.): BIM-Leitfaden für Deutschland. Bonn: Eigenverlag, 2014, Download: www.bit.ly/tga1396
[3] Essig, B.: BIM und TGA – Engineering und Dokumentation der Technischen Gebäudeausrüstung. Berlin: Beuth Innovation, 2021
[4] Hausknecht, K.; Liebich, T.: BIM-Kompendium. Building Information Modeling als neue Planungsmethode. Stuttgart: Fraunhofer IRB Verlag, 2. Auflage, August 2021
[5] Przybylo, J., DIN (Hrsg.): BIM – Einstieg kompakt: Die wichtigsten BIM-Prinzipien in Projekt und Unternehmen. Berlin: Beuth Verlag, 2020
[6] Dr. Wieselhuber & Partner (Hrsg.): BIM – are you ready?. München: Dr. Wieselhuber & Partner, Eigenverlag, 2018, Download: www.bit.ly/tga1397
[7] VDI/BS-MT 2552 Blatt 8.1 Building Information Modeling – Qualifikationen, Basiskenntnisse. Berlin: Beuth Verlag, Januar 2019
[8] VDI/BS-MT 2552 Blatt 8.2 (Entwurf): Building Information Modeling – Qualifikationen, Vertiefende Erkenntnisse. Berlin: Beuth Verlag, Juni 2021
[9] VDI/BS-MT 2552 Blatt 8.3 (Projekt) „Building Information Modeling – Qualifikationen, Fertigkeiten“. Entwurf voraussichtlich im Oktober 2022