Agri-PV: Neuer Hybrid-Standard für Land- und Solarwirtschaft
Die unmittelbare Kombination von Agrar- und Solarstromerzeugung (Agri-PV) ist ein noch junges Marktsegment der Photovoltaik. In Deutschland wurde Agri-PV bislang nur in wenigen Pilotprojekten realisiert. Der wachsende Ökostrombedarf verspricht der hybriden Form der Landnutzung bei gleichzeitig begrenztem Flächenangebot jedoch ein großes Zukunftspotenzial. Die wichtigsten Akteure und Treiber der Agri-PV – darunter der Bundesverband Solarwirtschaft e. V. – haben sich nun erstmals auf eine klare Definition des neuen PV-Marktsegments verständigt. Dies erfolgte im Rahmen eines DIN SPEC-Verfahrens.
Agri-PV gilt als besonders flächeneffizient, da PV-Module hier auf landwirtschaftlichen Flächen in größerer Höhe oder in platzsparenden Reihen mit senkrechten Modulen montiert werden. So lässt sich auf dem Boden weiter Landwirtschaft betreiben und die Produktivität der Fläche auf über 160 Prozent steigern. Denn sowohl die Landwirtschaft als auch die PV-Anlage bringen noch rund 80 Prozent des Ertrags, den sie bei alleiniger Nutzung der Fläche erwirtschaften würden. Mehr noch: Mit Agri-PV lassen sich Nutzpflanzen gezielt beschatten oder vor Hagel und Starkregen schützen und so die Folgen des Klimawandels abmildern.
Vorläufer einer regulären Norm
Doch bisher gab es in Deutschland keinerlei Regelungen und Definitionen zur Agri-PV. Mit der Agri-PV DIN SPEC 91434 soll sich das ändern. Das Fraunhofer ISE und die Universität Hohenheim hatten den Prozess zur Erstellung der DIN SPEC angestoßen, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Eine DIN SPEC ist so etwas wie der Vorläufer einer regulären Norm, auf die sich Interessenvertreter einer Branche einigen. An der DIN SPEC zur Agri-PV waren neben dem BSW insgesamt 15 Vertreter aus Landwirtschaft, Solarindustrie, Forschung und Zertifizierungsorganisationen beteiligt.
„Die jetzt vorgelegte DIN SPEC 91434 ist eine wichtige Voraussetzung, um die Marktentwicklung der Agri-PV zu beschleunigen“, zeigt sich BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig zuversichtlich. „Um die Voraussetzungen für eine Breitenförderung zu schaffen, brauchten wir eine Verständigung darüber, was Agri-PV überhaupt ausmacht.“
Bislang nur Ackerflächen - kein Weideland
Im Rahmen der Innovationsausschreibung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) können im kommenden Jahr erstmals Angebote für Agri-PV-Projekte abgegeben werden. Erst in der letzten Woche verständigten sich die Regierungsfraktionen darauf, das zunächst vorgesehene Auktionsvolumen von 50 auf 150 Megawatt aufzustocken. Der BSW betrachtet dies als einen Schritt in die richtige Richtung. „Dies kann jedoch erst ein Anfang sein. Um Skalierungseffekte zu heben, sind auch in den Folgejahren regelmäßige Auktionen mit einem aufwachsenden Volumen erforderlich“, so Körnig.
Der BSW bemängelt zudem, dass im Rahmen der Innovationsausschreibung lediglich Ackerflächen und kein Weideland oder anderweitig genutzte landwirtschaftliche Flächen zugelassen seien. Kontraproduktiv sei auch, dass Landwirte, die PV-Anlagen auf ihren Böden betreiben und damit Gewinne erwirtschaften, nach aktuellem Recht keine EU-Beihilfen mehr erhalten dürfen.
Die Bundesnetzagentur muss ohnehin eine Definition zur Agri-PV ausarbeiten, so schreibt es die Innovationsausschreibung vor. Der BSW regt an, die jüngst gemeinsam mit der Landwirtschaft ausgearbeitete DIN SPEC 91434 als Grundlage dafür zu verwenden.
Hintergrund
Die DIN SPEC 91434 behandelt folgende Punkte:
- Anwendungsbereich
- Normative Verweisungen
- Begriffe
- Kategorisierung von Agri-PV-Systemen
- Kriterien und Anforderungen an die landwirtschaftliche Hauptnutzung
- Planerische und technische Anforderungen an Agri-PV-Anlagen
- Anforderungen an die Installation, den Betrieb und die Instandhaltung
Die DIN SPEC 91434 „Agri-Photovoltaik-Anlagen – Anforderungen an die landwirtschaftliche Hauptnutzung“ ist kostenfrei unter diesem Link abrufbar